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authorPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2022-09-09 22:46:23 +0200
committerPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2022-09-09 22:46:23 +0200
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-rw-r--r--OEBPS/Text/01-skizzen/07-das-fragment.xhtml78
1 files changed, 78 insertions, 0 deletions
diff --git a/OEBPS/Text/01-skizzen/07-das-fragment.xhtml b/OEBPS/Text/01-skizzen/07-das-fragment.xhtml
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index 0000000..22d9058
--- /dev/null
+++ b/OEBPS/Text/01-skizzen/07-das-fragment.xhtml
@@ -0,0 +1,78 @@
+<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?>
+<!DOCTYPE html>
+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Das Fragment</title>
+</head>
+<body>
+
+<div class="prose">
+
+ <h3 class="center">Das Fragment</h3>
+
+<p>
+Ich liebe die toten Tage. Die haben kein Leuchten, sie sind
+ohne Farben und ganz sehnsüchtig. Die Häuser stehen wie
+Kulissen vor der grauen Wolke, die Menschen gehen wie in dem
+Lichtspiel: wenn der Abend wird, nicht anders, als sie in
+der Frühe gingen. Alle Dinge sind wuchtiger. Und meine
+Kammer sieht aus, wie wenn eben einer darin gestorben wäre.
+</p>
+
+<p>
+So oft diese Tage sind, wächst in mir unwillkürlich eine
+sinnlose Lust an der Arbeit. Ich tue die alltäglichen
+Verrichtungen, als wäre Gottesdienst, was ich tue. Und ich
+verliere mich dabei. Fast wie die Träumenden sich verloren
+haben. Aber einmal merke ich, daß ich reglos geworden bin
+und nach innen starre.
+</p>
+
+<p>
+Ich werde sehr wach davon, und ich kann mich nicht mehr
+hingeben. Ich gehe zu dem Fenster, da sind wunderliche
+Gedanken. Die waren sonst nur in Nächten.
+</p>
+
+<p>
+Ich fühle mich fremd bei allen Dingen. Sie drängen auf mich
+ein, als kennten sie mich nicht: die Straße und die Menschen
+und die Türen in den Häusern und die tausend Bewegungen. Wo
+ich hinschaue, werde ich verwirrt.
+</p>
+
+<p>
+– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –<br />
+– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
+</p>
+
+<p>
+Die Augen meines Freundes waren elend und vergangen und
+heillos schmerzlich, daß die Leute lachten, wenn er zu ihnen
+sah. Er schämte sich seiner Augen, als verrieten sie von
+sündsamen Abenteuern, und verbarg sie viel hinter den
+vergilbten Lidern. Aber er fühlte, wie man hinstarrte, wenn
+er eintrat, wo er unerwartet kam. Oder sich setzte, wo er
+nicht selbstverständlich war. Er schaute übertrieben wie ein
+Suchender. Hüstelte und hielt die Hand vor den Mund, zog die
+Backen nach innen oder wölbte die eine mit der Zunge. War
+verlegen. Unglücklich. Wäre gern allein gewesen... in dem
+Dunkel.</p>
+
+<p>
+
+Kinder neigten den Kopf, wenn sein Blick auf ihre Augen kam.
+Und wurden rot. Und grinsten scheu und dumm. Frauen
+kicherten, sie schauten wie harmlos und klatschten einander
+auf die Schenkel oder auf die nackten Schultern und küßten
+ihre verwüsteten Männer. In der Nacht lagen sie wach und
+sannen sich heiß. Aber die jungen Mädchen wichen ihm aus.
+</p>
+
+</div>
+
+</body>
+</html>