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diff --git a/OEBPS/Text/03-fragmentarisches/03-ideen.xhtml b/OEBPS/Text/03-fragmentarisches/03-ideen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..7407d04 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-fragmentarisches/03-ideen.xhtml @@ -0,0 +1,259 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Ideen, Bilder und Situationen</title> +</head> +<body> + +<div class="prose"> + + <h3 class="center">Ideen, Bilder und Situationen</h3> + + <h4 class="center">(Notizen)</h4> + +<p> +»Ich bin ein Nihilist, wie er im Buch steht«, sagte er, +erstaunt über das furchtbare Wort.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich gieße meine Augen in meiner Hände Grab.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Der Kopf sitzt, eine Geschwulst, auf einem ausgestopften +Anzug. In einer Tasche eine prachtvolle Miniaturausgabe des +Konkursrechtes, in der anderen ein wertvolles kleines +Strafgesetzbuch.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Lampen, die Blumen der Nacht, glimmen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Nackte Finger schleichen, spielende weiße Schlangen, hin zu +einem Revolver. Und alle Männer blicken. Der Himmel fließt +um die Nackte wie ein Tanzkleid. Sie schießt den Spiegel +tot. – – Schreit auf, hebt Hände. Aus zitronenfarbenem +Himmel fällt ein Weiß in die grüne Erde.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Er spielte an einem Pickel über dem Halskragen, drückte +wiederholt, so daß die Stelle rot wurde und aufschwoll, bis +der Pickel platzte. Er besah den Eiter auf der Hand, zog ein +Tuch aus einer Tasche, wischte die Hand ab, hielt das Tuch +an die wunde Stelle, saß verloren traurig. »Der Mensch ist +hochinteressant«, sagte eine hysterische Dame in dem +Vorbeigehen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Die Erde flackert irgendwo.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Mir passiert häufig beim Lesen einer kitschigen rosanen +Geschichte, daß mir trotz des inneren Lachens ein Schauer +durch den Körper geht.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Die Erde, das Vieh.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich bin in meinem schmerzenden Kopf.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Die Luft fliegt schmierig umher. Sie bleibt an den Häusern +kleben und an den Händen der Menschen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Sammlung: Berühmte Luetiker.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich will aufhören, langsam zugrunde zu gehen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Daß geistige Leute sich nicht unterhalten können.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Weib ist nur ein Vorwand für namenlose Sehnsucht.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich liebe die Menschen, nicht Einzelne. Ich leide mit den +Elenden um des Elends wegen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Er fraß den Schlaf.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Gespräch: »Sie will sich töten.« Er: »Am sichersten wäre +es.«</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ihre Augen lagen, leuchtender Schmuck, in ihrer Haut.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich bin ja nur ein armes, altes, dickes, schwaches Weib.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ein Reiter ging, sich auf einen Regenschirm stützend, +nachdenklich durch die sonnigen Straßen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ich bin mir überlegen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Die Vielheit der Frauenzärtlichkeiten läßt erst das Ideal +»Mein Weib« konstruieren. Man muß sich bewußt sein, daß +tatsächlich – Gottseidank – ein ständiger Wechsel notwendig +ist. Und eine ist am Strand – und eine liest am Abend – und +eine – – –</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ein Pferd machte Laufschritt.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +»Ich finde das unreif und schlecht beobachtet«, spricht +Backfisch von erotischer Skizze.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +»Der strengste Objektivismus ist die höchste Moral«, sagte +mein Bruder, als er mich schlug. Das ist eine sehr edle +Anschauung.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Idee zu einem Drama: Befriedigung ist auch das Letzte nicht.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Er sank hinunter. Tief, tief in einen Schlaf hinein wie in +einen Sarg aus sanften Frauen.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ein Vogel knarrte im Baum.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Auf einem hohen Berg lag ein bärtiger Kopf, neben ihm ein +Bauch. Auf dem Bauch spielten fleischige Finger +melancholisch mit einer dicken goldenen Kette, die wie Feuer +glitzerte.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Augen und Sehnsucht: Schwarze Flammen aus dem Gesicht +beleuchten die weiße Stirn, hinter der tausend mit Sehnsucht +gefärbte Bilder funkeln.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +In ihrem Hirn tanzte gerade ein schöner Geliebter.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Ihre Augen waren ein lichtbraunes Gewand.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Caféhaus: Alte fette Dirnen (Großmütter) mit schabiger Haut +– baumelnde dicke Beine –, junge mit schwarzen Fingernägeln +in neuen koketten Kleidern.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Er betete in die Luft, mit wundem Rücken und aufgerissenem +Maul, er rief: »Mein Körper ist ein Bett, in dem gehurt +wird.«</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Manche Dirnen haben so viel sanft überlegene Mütterlichkeit +um die Augen und sind die hilflosesten Kinder.</p> + +<hr class="spacer2" /> + +<p> +Der abgelehnte Geliebte: Er geht durch viele Straßen und +Stunden. In jeder Verzweiflung. Stellt sich vor den Spiegel. +Hat sich lieb.</p> + +<hr class="spacer2" /> + + <h3 class="center">Die Tiere</h3> + + <h4 class="center">Schauspiel</h4> + +<p> +Grundgedanke: Heilige Sehnsucht aus dem tierischen +Triebleben zur seelischen Reinheit. Je größer der Dreck, +desto heftiger die Sehnsucht. Aber vergebens: die +Sehnsüchtigen gehen im Dreck unter.<br /> +Nur der Bürger, der sich über nichts schwere Gedanken macht +und nichts tief empfindet, blüht im Dreck. +</p> + +</div> + +</body> +</html> |