Notizen zum Roman

Das Ende

Irrenhaus: Bryller, Lola.
Ertrinken im Meer: Kohn, Maria.
Selbstmord: Schulz, Paulus.
Lebenbleiben: Spinoza Spaß, Laaks, Mechenmal.


I. Auftritt im Schulhof. Peter Paulus für, Laaks gegen Kohn (Kohn hatte sich verunreinigt, Max Mechenmal). Später Kohn an Paulus sich anschließend gegen Laaks. Eifersuchtsszenen. Infolge der Laaksschen Intriguen fällt Paulus durchs Abiturium, schießt sich tot. Abschiedsbriefe (rührend an Kohn, offizielles Begräbnis, Kohn rennt davon).


Oberlehrer Dr. Bryller läßt alles geschehen, redet dem geliebten Paulus sogar zu, sich zu töten: Töte dich, ehe es zu spät ist (solange du noch dazu fähig bist). Es hat zwar keinen Zweck, bereitet dir aber etwas wie Genugtuung. (Gott ist eine Zeiterscheinung.)


Die Leiche wurde wohlverpackt in einem Kasten auf den Friedhof getragen, wo man sie unter einer Garderobenmarke für ewig abgelegt.


II. Szene Kohn, Laaks in Badewanne.


Laaks machte einen Angriff auf Maxens Weiblichkeit. – Laaks und Kohn treffen sich. Kohn grüßt, Laaks holt ihn ein. Lädt ihn ein. »Nein, Herr Oberlehrer.« Kohn zittert – – »Wollen Sie ein Bad nehmen?« – »Ich habe schon gebadet.« – Mondlicht beleuchtet die beiden in der Badewanne. In haariger Nacktheit – seine behaarten Weiberbeine – ein Männerfreund.


III. Szene in homosexueller Kneipe.
(Siehst du, mein Junge, so ist das Leben – er kniff ihn zärtlich in den Hintern.)


IV. Abtreibungsszene.


Die Varietétänzerin Lola Lalà: Die kluge Frau sagte scherzend: Wenn Frauen auseinandergehen, dann bleiben sie noch lange stehn. – – Auf Wiedersehn, mein Fräulein. Lola Lalà, alias Lene Levi läuft wie wahnsinnig.


V. Einbruchsszene bei Lola: – – – – – – – – – – – – – – –
– – Der berufsmäßige Einbrecher Benjamin, der unter dem Bett lag, wußte nicht, was er dazu denken sollte. Sein Kopf schüttelte sich, dabei stieß der Hirnschädel einen sinnlosen Bettpfosten, der daraufhin einen starren Ton von sich gab. Der Mann Benjamin erschrak. Die Lampe fiel um. Gardinen brannten sofort.


Plötzlich hatte sich auch ihr (Lola Lalà) Körper erschreckt. Alles in der Fresse von schleckerndem Feuer. Lief hinaus. Tür zu. Schloß ab. Zweimal. Sinnlos. Plötzlich hinter der Tür Männerrufe, kläglich: Hilfe, Hilfe. Schrie sie: Mörder, Mörder, Mörder. Rannte. Auf der Straße im Frieden des Abends: Leute aus Häusern. Ratlos. Die Rennende an allen vorüber. Mörder, Mörder... Eine Verrückte hinter ihr her. Einem Hundefänger gelang, sie zu fassen. Mörder, Mörder. Mit ihr in offener Droschke und durch die Stadt. Mörder, Mörder. Fenster auf, Wagen bleiben stehen. Gelaufe. In Irrenabteilung des Krankenhauses.
Inzwischen brennende Stube. Einbrecher Benjamin auf Fenster strampelnd: Hilfe. Unerlaubte Handlung. Hilfe. Da soll man nicht Sozialdemokrat werden. Heulend: Falle der Polizei, anständigen Menschen verbrennen lassen. Hilfe, Hilfe. Feuerwehr kommt. Hilfe. Wasser bespritzt ihn. Vom Regen in die Traufe. Kann ja auch gleich in den Fluß springen. Ersäuft.


Als die halbverweste Leiche aus dem Wasser gezogen wurde, fing der noch betrunkene Arzt an, faule Witze zu machen. Dr. Bryller übergab sich.


Alles Reden, Denken, Dichten ist unnütz; eine aus dem Wasser gezogene vor dir im Tode liegende Leiche macht alles Geschreibe zuschanden mit ihrer schrecklichen Verzerrtheit. Sieh, wie das Gesicht und die Hände im Krampf wie in Eisen gegittert sind! Wie sie schreiend aus sich heraus wollen!


VI. Irrenhausszene: Die rothaarige verrückte Schwester des Martin Müller (Maria).


»Die Erde wird dunkel«, sagte die verrückte rothaarige Schwester des Martin Müller, Maria. (Sie liebt ihren Bruder.) Den kleinen Kohn streichelt sie, aber: »Ich kann nur Heilige lieben«, sagt sie. Die Melodien des Abends, der wie Seidenschleier alles verhüllt: die grünen Bäume, den sehnsüchtigen Erdboden, die Bank mit dem rothaarigen Mädchen und dem kleinen Buckelkohn, – waren ringsum.


In der Irrenanstalt: Die eine Insassin war schon eine ziemlich angegraute Dame, die sagte: »Wenn man sich schon so lange hier aufhält, bleibt man da.« – Ein moderner Schriftsteller, der sich einbildet, er sei nur dort, um das Milieu zu studieren, in Wirklichkeit aber Gehirnerweichung hat. etc.


VII. Kohns erste Geliebte (auf Laaksens Veranlassung): Hysterische Person, die Wanzen krochen nur so in der Küche herum.


VIII. Das Ende des Dr. Bryller.


IX. Schriftsteller Schulz und Kokotte Kitty.
(»Nicht so laut«, sagte Kitty, als Schulz ihr von Gott erzählte.)


X. Vortrag des Gelehrten Neumann:
Sensation: Ein erst sechzehnjähriger Gelehrter namens Neumann spricht über Mutterschutz und Kindererziehung – – – scheint ihm hier nicht der Ort, über gefallene Mädchen zu reden – – – Die Frau hat eingesehen, daß ihr der Platz gebührt, auf den sie gehört – – – Das Elend der Prostitution – – Posierte Handbewegungen. Stimme. Augenbrauen in die Höhe ziehen. Ich muß mich in Extremen ausdrücken. Ich muß den Zionismus als eine besondere Abart der Prostitution entschieden verurteilen. Mutterschutz: Die Mutter muß gegen ihre Kinder geschützt werden (neue sensationelle Auffassung), sagte eine Dame.
– – – Sie, eine Germanistin, warf in die Debatte: »Wo du deinen Glauben gelassen hast, mußt du ihn holen.«


XI. Kohns zweite Geliebte: Backfisch (in der einen Hand hatte sie eine illustrierte Himmelskunde).


Er liebte sie in der Weise: er schrieb sich häufig auf, wenn sie etwas Komisches sagte, um es später zu verwenden (schriftstellerisch). Aber in einem Kaffeegarten an einem Teich – überall war schon Abend, und Dunst hing wie Schleier an den Bäumen und Tischen und Kellnern – nahm er sein Notizbuch aus der ausgerissenen Innentasche seines Oberrockes und las ihr leise vor... Sie lachte und er lachte – stiller und unglücklich. Jeder dachte: Das ist nicht das Richtige... sie dachte noch: Der ist nicht innig... Er dachte noch: Das arme Ding, wie fern ist sie mir... dann gingen sie rudern.


XII. Kneipenszene in Nürnberg: Kunstmayer.
Alle selig besoffen, können kaum noch richtig sprechen. Lallen. Einer sagt: »Dede do dadä.« – – – Ob sichs lohnt um dieser tierisch Dahindösenden? – – – »Sieh, wie ein Ochsenauge ist der Blick dieses Arbeiters nach innen gekehrt«, sagte Paulus.


»Die oberen Zehntausend regieren die Welt«, brummte der Kellner bitter, dann spielte er eine wilde Variation von »Puppchen, du bist mein Augenstern« auf einer Mundharmonika. Von Zeit zu Zeit schlug er dann gegen eine Kante. Die Hand rieb er an einem Ärmel oder Hosenbein blank.


Karl Kunstmayer, heruntergekommener Kabarettist: Ich schweinigle gern... – ein ganz famoser Kerl, philosophisch tip top, aber ist zu ideal – – –
Man war in wehmütiger Stimmung. Kunstmayer sang leise: »Das haben die Mädchen so gerne.«


XIII. Ertrinken im Meer
Ich habe eine Angst, daß auch das Mädchen ersoffen ist. Nebenbuhler in dem Meer verunglückt (ertrunken). »Es ist gemein, daß man darüber höchstens ein Gedicht machen kann oder plötzlich den Schluß zu einer Geschichte findet«, schrie der tote Kohn. Während sie gingen, fanden sie überall weiße Sonderblätter der Zeitung über das Geschehnis. – – – »Das ist eine Brutalität«, sagte ein anderer. »Dies ist der richtige Ausdruck.« – »Endlich!« seufzte erlöst ein anderer. Kohn schrie: »Ich will aber keinen Schluß zu einer Geschichte haben. Das ist gemein. Ich komme von Sinnen. Aufpeitschen will ich. Quälen will ich euch, nicht euch befriedigen. Heulschreie müßt ihr aus euch stoßen. Ihr müßt euch auflösen in Schmerzen.« Der tote Kohn wurde nicht empfunden.


Detektiv Daniel

Ein Gewitter machte Krach. Der Detektiv Daniel fuhr aus dem Schlaf. Er sagte: »Die verfluchte Ruhestörung.« Da klopfte es erregt an die Tür. Die Tänzerin Lola Lalà fand sich ein.


»Es gibt viel zu wenig Einbrecher«, sagte der Detektiv Daniel. »Es gibt weniger Mörder, als man denkt«, sagte Daniel, die ängstliche Frau beruhigend.


Max Mechenmal

Er nahm das junge Ding, nachdem er sich erst nach dem Alter erkundigt hatte, nur erotisch überlegend, daß er zu ihr Liebesworte spreche und sich im stillen darüber lustig mache, also ein recht schlechter Kerl sei. Einigermaßen stolz auf die Erkenntnis seines schlechten Charakters, beruhigte er sich und beschloß, das Ding zu vergewaltigen.


Berthold Bryller

»Kuno Kohn ist dasselbe in Grün, was Else Lasker-Schüler in Blau ist«, sagte Bryller.


Wenn er ein Mädchen loswerden wollte, erzählte er ihr wunderschön-rührend von seiner Lues, stellte sich als Märtyrer dar, der um ihrer Gesundheit willen das Opfer bringe. Die meisten Mädchen hielten ihn weinend für einen bedeutenden und sehr edlen Menschen. Nur eine fragte einmal unverschämt, warum er das nicht vorher erzähle.


Gegensatz zwischen dem wurstigen gewandten Nihilismus Bryllers und der reinen Verzweiflung des Paulus.


Oberlehrer Laaks

Ich habe Sehnsucht, Liebe und was weiß ich für sie. – Da könnten komische Dinge geschehen.


Lola Lalà

Sie prahlte mit ihrer zeitweisen und teilweisen Unberührtheit.


Sie sagte: Wie gesagt, ich bin sichtlich erschrocken. – – – Ich finde dies mit Recht albern. – – – Diese wirklich kurzen Zeilen. – – – Er liebt mich nur erotisch. – – – Ich lüge ja immer. – – – Der hat mich sehr lieb. – – Jede Tänzerin hat bekanntlich einen Freund. – – –