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  <title>Soldatenlieder</title>
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<body>

<h4>Soldatenlieder</h4>

<p>
I</p>

<p>
Gut ist und schön, ein Jahr Soldat zu sein.<br />
Man lebt so länger. Und man freut sich doch<br />
Mit jedem Funken Zeit, den man dem Tod entreißt.<br />
Dies arme Hirn, zerfetzt von Städtersehnsucht,<br />
Blutig von Büchern, Leibern, Abenden,<br />
Trostlos betrübt und aller Sünden voll,<br />
Dreiviertel schon zerstört &ndash; kann nun<br />
Beim Stillestehen und beim Aufmarschieren,<br />
Beim Armerollen und beim Beineschwingen<br />
In einer Ecke des Schädels sanft verrosten.</p>

<p>
O, der Gestank in einer Marschkolonne.<br />
O, Laufschritt über holdes Frühlingsland.</p>

<p>
II</p>

<p>
Ich muß eine Stunde vor den anderen kommen,<br />
Weil ich schlecht geschossen habe.<br />
Ich werde wohl nicht befördert werden.<br />
Und nachexerzieren muß ich zur Strafe,<br />
Weil ich, während die anderen vorschriftsmäßig<br />
Starr auf die Mütze der Vorderen blickten,<br />
Als wir vor der roten Sonne<br />
über die leuchtenden Felder marschierten,<br />
Vorsichtig zu dem kleinen Flieger schielte,<br />
Der über mir in dem großen, glühenden<br />
Abendhimmel wie eine Biene summte.</p>

<p>
III</p>

<p>
Ich weiß, ich weiß: Dies Leben ist gesund.<br />
Zwar hört man meine Griffe kaum,<br />
Doch hau ich mir die Hände wund.<br />
Statt auf dem verfluchten Kasernenhof<br />
Könnte ich jetzt in einer Wiese sein.<br />
Vor versammelter Mannschaft fängt ein Mann<br />
Bitterlich zu weinen an.</p>

<p>
IV</p>

<p>
Ich habe manchmal Angst: Ein Jahr ist lang,<br />
Unendlich lang. Und ewig Beineschwingen&hellip;<br />
Den ganzen lieben Tag beim Körperkneten<br />
Und beim Parademarsch, beim Platzpatronenschießen<br />
Die Welt vergessen müssen &hellip; Daß man noch am Abend<br />
Beim Bier ganz dumpf ist, noch beim Schlafengehn<br />
Den schweren Helm auf seiner Stirne spürt &ndash;<br />
Und in der Nacht von den Sergeanten träumt &ndash; &ndash;</p>

<p>
V</p>

<p>
Schon kommen Sonntage und Abende,<br />
In denen ich ganz leer und lustlos schreite,<br />
Ganz gläsern bin, zum Spaß mit Hunden spiele,<br />
Ach, oder kleine Steine, die ich fand,<br />
Mühsam und sinnlos durch die Straßen schleife.<br />
Oft steh ich auch an meinen Fenstern faul herum,<br />
Unschlüssig: Soll ich nun in Bierlokalen<br />
Mit Kameraden runden Stumpfsinn pflegen,<br />
In flinken Kinos meine müden<br />
Elenden Stunden töten und zum Zeitvertreib<br />
Gutwillge Mädchen suchen: Oder soll ich nur<br />
In meiner Stube endlos auf und ab gehn.</p>

<p>
Ich, der die Nächte wie ein Narr durchlief,<br />
Zum Himmel schreiend tausend Wunder suchte.</p>

</body>
</html>