From 8ae681d1845924514ef929c637a67806b26ea729 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 17:07:24 +0100 Subject: initial commit --- .../01-die-flucht/05-metamorphosen.html | 47 ++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 47 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html (limited to 'OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html') diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html new file mode 100644 index 0000000..c5e2e13 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html @@ -0,0 +1,47 @@ + + + + + + + + Metamorphosen + + + +

Metamorphosen

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+ Erst war grenzenloser Durst, ausholend Glück, schamvolles Sichbeschauen,
+ Abends in der Jungenstube, wenn die Lampe ausgieng, Zärtlichkeiten überschwänglich hingeströmt an traumerschaffne Frauen,
+ Verzückte Worte ins Leere gesprochen und im Blut der irre Brand –
+ Bis man sich eines Nachts in einem schalen Zimmer wiederfand,
+ Stöhnend, dumpf, und seine Sehnsucht über einen trüben, eingesunknen Körper leerte,
+ Sich auf die Zähne biß und wußte: dieses sei das Leben, dem man sich bekehrte.
+ Ein ganzer blondverklärter Knabenhimmel stand in Flammen –
+ Damals stürzte Göttliches zusammen . .
+ Aber Seele hüllte gütig enge Kammer, welken Leib und Scham und Ekel ein,
+ Und niemals wieder war Liebe so sanft, demütig und rein,
+ So voller Musik wie da … +

+ +

+ Dann sind Jahre hingegangen und haben ihren Zoll gezahlt.
+ Aus ihrem Fluß manch' eine Liebesstunde wie eine Mondwelle aufstrahlt.
+ Aber Wunder wich zurück, wie schöne hohe Kirchen Sommers vor der Dämmerung in die Schatten weichen.
+ Eine Goldspur wehte übern Abendhimmel hin: nichts konnte sie erreichen.
+ Seele blieb verlassen, Sehnsucht kam mit leeren Armen heim, so oft ich sie hinausgeschickt,
+ Wenn ich im Dunkel nach Erfüllung rang, in Hauch und Haar geliebter Frau'n verstrickt.
+ Denn immer griffen meine Hände nach dem fernen bunten Ding,
+ Das einmal über meinem Knabenhimmel hieng.
+ Und immer rief mein Kiel nach Sturm – doch jeder Sturm hat mich ans Land geschwemmt,
+ Sterne brachen, und die Flut zerfiel, in Schlick und Sand verschlämmt …
+ Daran mußt' ich heute denken, und es fiel mir ein,
+ Daß alles das umsonst, und daß es anders müsse sein,
+ Und daß vielleicht die Liebe nichts als schweigen,
+ Mit einer Frau am Meeresufer stehn und durch die Dünen horchen, wie von fern die Wasser steigen. +

+ + + -- cgit v1.2.3