From 8ae681d1845924514ef929c637a67806b26ea729 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 17:07:24 +0100 Subject: initial commit --- .../01-die-flucht/11-zwiegespraech.html | 48 ++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 48 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html (limited to 'OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html') diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html new file mode 100644 index 0000000..3c287a1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html @@ -0,0 +1,48 @@ + + + + + + + + Zwiegespräch + + + +

Zwiegespräch

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+ Mein Gott, ich suche dich. Sieh mich vor deiner Schwelle knien
+ Und Einlaß betteln. Sieh, ich bin verirrt, mich reißen tausend Wege fort ins Blinde,
+ Und keiner trägt mich heim. Laß mich in deiner Gärten Obdach fliehn,
+ Daß sich in ihrer Mittagsstille mein versprengtes Leben wiederfinde.
+ Ich bin nur stets den bunten Lichtern nachgerannt,
+ Nach Wundern gierend, bis mir Leben, Wunsch und Ziel in Nacht verschwanden.
+ Nun graut der Tag. Nun fragt mein Herz in seiner Taten Kerker eingespannt
+ Voll Angst den Sinn der wirren und verbrausten Stunden.
+ Und keine Antwort kommt. Ich fühle, was mein Bord an letzten Frachten trägt,
+ In Wetterstürmen ziellos durch die Meere schwanken,
+ Und das im Morgen kühn und fahrtenfroh sich wiegte, meines Lebens Schiff zerschlägt
+ An dem Magnetberg eines irren Schicksals seine Planken. – +

+ +

+ Still, Seele! Kennst du deine eigne Heimat nicht?
+ Sieh doch: du bist in dir. Das ungewisse Licht,
+ Das dich verwirrte, war die ewige Lampe, die vor deines Lebens Altar brennt.
+ Was zitterst du im Dunkel? Bist du selber nicht das Instrument,
+ Darin der Aufruhr aller Töne sich zu hochzeitlichem Reigen schlingt?
+ Hörst du die Kinderstimme nicht, die aus der Tiefe leise dir entgegensingt?
+ Fühlst nicht das reine Auge, das sich über deiner Nächte wildste beugt –
+ O Brunnen, der aus gleichen Eutern trüb und klare Quellen säugt,
+ Windrose deines Schicksals, Sturm, Gewitternacht und sanftes Meer,
+ Dir selber alles: Fegefeuer, Himmelfahrt und ewige Wiederkehr –
+ Sieh doch, dein letzter Wunsch, nach dem dein Leben heiße Hände ausgereckt,
+ Stand schimmernd schon am Himmel deiner frühsten Sehnsucht aufgesteckt.
+ Dein Schmerz und deine Lust lag immer schon in dir verschlossen wie in einem Schrein,
+ Und nichts, was jemals war und wird, das nicht schon immer dein. +

+ + + -- cgit v1.2.3