From 8ae681d1845924514ef929c637a67806b26ea729 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 17:07:24 +0100 Subject: initial commit --- .../der-aufbruch/01-die-flucht/0-die-flucht.html | 16 +++++ .../Text/der-aufbruch/01-die-flucht/01-worte.html | 29 ++++++++ .../der-aufbruch/01-die-flucht/02-der-spruch.html | 31 ++++++++ OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/03-tage.html | 83 ++++++++++++++++++++++ .../01-die-flucht/04-gegen-morgen.html | 29 ++++++++ .../01-die-flucht/05-metamorphosen.html | 47 ++++++++++++ .../der-aufbruch/01-die-flucht/06-betoerung.html | 37 ++++++++++ .../01-die-flucht/07-truebe-stunde.html | 37 ++++++++++ .../01-die-flucht/08-was-waren-frauen.html | 37 ++++++++++ .../der-aufbruch/01-die-flucht/09-reinigung.html | 29 ++++++++ OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/10-ende.html | 29 ++++++++ .../01-die-flucht/11-zwiegespraech.html | 48 +++++++++++++ .../01-die-flucht/12-vorfruehling.html | 37 ++++++++++ .../der-aufbruch/01-die-flucht/13-resurrectio.html | 29 ++++++++ .../Text/der-aufbruch/01-die-flucht/14-sommer.html | 23 ++++++ .../01-die-flucht/15-form-ist-wollust.html | 29 ++++++++ .../01-die-flucht/16-der-aufbruch.html | 37 ++++++++++ 17 files changed, 607 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/0-die-flucht.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/01-worte.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/02-der-spruch.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/03-tage.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/04-gegen-morgen.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/06-betoerung.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/08-was-waren-frauen.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/09-reinigung.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/10-ende.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/12-vorfruehling.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/13-resurrectio.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/14-sommer.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/15-form-ist-wollust.html create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/16-der-aufbruch.html (limited to 'OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht') diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/0-die-flucht.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/0-die-flucht.html new file mode 100644 index 0000000..4e36d83 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/0-die-flucht.html @@ -0,0 +1,16 @@ + + + + + + + + Die Flucht + + + +

Die Flucht

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/01-worte.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/01-worte.html new file mode 100644 index 0000000..e0e7b42 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/01-worte.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Worte + + + +

Worte

+ +

+ Man hatte uns Worte vorgesprochen, die von nackter Schönheit und Ahnung und zitterndem Verlangen übergiengen.
+ Wir nahmen sie, behutsam wie fremdländische Blumen, die wir in unsrer Knabenheimlichkeit aufhiengen.
+ Sie versprachen Sturm und Abenteuer, Überschwang und Gefahren und todgeweihte Schwüre –
+ Tag um Tag standen wir und warteten, daß ihr Abenteuer uns entführe.
+ Aber Wochen liefen kahl und spurlos, und nichts wollte sich melden, unsre Leere fortzutragen.
+ Und langsam begannen die bunten Worte zu entblättern. Wir lernten sie ohne Herzklopfen sagen.
+ Und die noch farbig waren, hatten sich von Alltag und allem Erdwohnen geschieden:
+ Sie lebten irgendwo verzaubert auf paradiesischen Inseln in einem märchenblauen Frieden.
+ Wir wußten: sie waren unerreichbar wie die weißen Wolken, die sich über unserm Knabenhimmel vereinten,
+ Aber an manchen Abenden geschah es, daß wir heimlich und sehnsüchtig ihrer verhallenden Musik nachweinten. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/02-der-spruch.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/02-der-spruch.html new file mode 100644 index 0000000..2b873ae --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/02-der-spruch.html @@ -0,0 +1,31 @@ + + + + + + + + Der Spruch + + + +

Der Spruch

+ +

+ In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,
+ Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:
+ Und wenn ich mich an trübe Lust vergebe,
+ Schein, Lug und Spiel zu mir anstatt des Wesens hebe,
+ Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,
+ Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tore trüge,
+ Und Worte wiederspreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,
+ Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,
+ Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden streicht,
+ Und Tag und Wirklichkeit von mir entweicht,
+ Der Welt entfremdet, fremd dem tiefsten Ich,
+ Dann steht das Wort mir auf: Mensch, werde wesentlich! +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/03-tage.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/03-tage.html new file mode 100644 index 0000000..33f6ecd --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/03-tage.html @@ -0,0 +1,83 @@ + + + + + + + + Tage + + + +

Tage

+ +

I.

+ +

+ Klangen Frauenschritte hinter Häuserbogen,
+ Folgtest du durch Gassen hingezogen
+ Feilen Blicken und geschminkten Wangen nach,
+ Hörtest in den Lüften Engelschöre musizieren,
+ Spürtest Glück, dich zu zerstören, zu verlieren,
+ Branntest dunkel nach Erniedrigung und Schmach. +

+ +

+ Bis du dich an Eklem vollgetrunken,
+ Vor dem ausgebrannten Körper hingesunken,
+ Dein Gesicht dem eingeschrumpften Schoß verwühlt –
+ Fühltest, wie aus Schmach dir Glück geschähe,
+ Und des Gottes tausendfache Nähe
+ Dich in Himmelsreinheit höbe, niegefühlt. +

+ +

II.

+ +

+ O Gelöbnis der Sünde! All' ihr auferlegten Pilgerfahrten in entehrte Betten!
+ Stationen der Erniedrigung und der Begierde an verdammten Stätten!
+ Obdach beschmutzter Kammern, Herd in der Stube, wo die Speisereste verderben,
+ Und die qualmende Öllampe, und über der wackligen Kommode der Spiegel in Scherben!
+ Ihr zertretnen Leiber! du Lächeln, krampfhaft in gemalte Lippen eingeschnitten!
+ Armes, ungepflegtes Haar! ihr Worte, denen Leben längst entglitten –
+ Seid ihr wieder um mich, hör' ich euch meinen Namen nennen?
+ Fühl' ich aus Scham und Angst wieder den einen Drang nur mich zerbrennen:
+ Sicherheit der Frommen, Würde der Gerechten anzuspeien,
+ Trübem, Ungewissem, schon Verlornem mich zu schenken, mich zu weihen,
+ Selig singend Schmach und Dumpfheit der Geschlagenen zu fühlen,
+ Mich ins Mark des Lebens wie in Gruben Erde einzuwühlen. +

+ +

III.

+ +

+ Ich stammle irre Beichte über deinem Schoß:
+ Madonna, mach' mich meiner Qualen los.
+ Du, deren Weh die Liebe nie verließ,
+ In deren Leib man sieben Schwerter stieß,
+ Die lächelnd man zur Marterbank gezerrt –
+ O sieh, noch bin ich ganz nicht aufgesperrt,
+ Noch fühl' ich, wie mir Haß zur Kehle steigt,
+ Und vielem bin ich fern und ungeneigt.
+ O laß die Härte, die mich engt, zergehn,
+ Nur Tor mich sein, durch das die Bilder gehn,
+ Nur Spiegel, der die tausend Dinge trägt,
+ Allseiend, wie dein Atemzug sich über Welten regt. +

+ +

IV.

+ +

+ Dann brenn' ich nächtelang, mich zu kasteien,
+ Und spüre Stock und Geißel über meinen Leib geschwenkt:
+ Ich will mich ganz von meinem Selbst befreien,
+ Bis ich an alle Welt mich ausgeschenkt.
+ Ich will den Körper so mit Schmerzen nähren,
+ Bis Weltenleid mich sternengleich umkreist –
+ In Blut und Marter aufgepeitschter Schwären
+ Erfüllt sich Liebe und erlöst sich Geist. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/04-gegen-morgen.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/04-gegen-morgen.html new file mode 100644 index 0000000..e879639 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/04-gegen-morgen.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Gegen Morgen + + + +

Gegen Morgen

+ +

+ Tag will herauf. Nacht wehrt nicht mehr dem Licht.
+ O Morgenwinde, die den Geist in ungestüme Meere treiben!
+ Schon brechen Vorstadtbahnen fauchend in den Garten
+ Der Frühe. Bald sind Straßen, Brücken wieder von Gewühl und Lärm versperrt –
+ O jetzt ins Stille flüchten! Eng im Zug der Weiber, der sich übern Treppengang zur Messe zerrt,
+ In Kirchenwinkel knien! O, alles von sich tun, und nur in Demut auf das Wunder der Verheißung warten!
+ O Nacht der Kathedralen! Inbrunst eingelernter Kinderworte!
+ Gestammel unverstandner Litanein, indes die Seelen in die Sanftmut alter Heiligenbilder schauen . .
+ O Engelsgruß der Gnade . . ungenannt im Chor der Gläubigen stehn und harren, daß die Pforte
+ Aufspringe, und ein Schein uns kröne wie vom Haar von unsrer lieben Frauen. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html new file mode 100644 index 0000000..c5e2e13 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/05-metamorphosen.html @@ -0,0 +1,47 @@ + + + + + + + + Metamorphosen + + + +

Metamorphosen

+ +

+ Erst war grenzenloser Durst, ausholend Glück, schamvolles Sichbeschauen,
+ Abends in der Jungenstube, wenn die Lampe ausgieng, Zärtlichkeiten überschwänglich hingeströmt an traumerschaffne Frauen,
+ Verzückte Worte ins Leere gesprochen und im Blut der irre Brand –
+ Bis man sich eines Nachts in einem schalen Zimmer wiederfand,
+ Stöhnend, dumpf, und seine Sehnsucht über einen trüben, eingesunknen Körper leerte,
+ Sich auf die Zähne biß und wußte: dieses sei das Leben, dem man sich bekehrte.
+ Ein ganzer blondverklärter Knabenhimmel stand in Flammen –
+ Damals stürzte Göttliches zusammen . .
+ Aber Seele hüllte gütig enge Kammer, welken Leib und Scham und Ekel ein,
+ Und niemals wieder war Liebe so sanft, demütig und rein,
+ So voller Musik wie da … +

+ +

+ Dann sind Jahre hingegangen und haben ihren Zoll gezahlt.
+ Aus ihrem Fluß manch' eine Liebesstunde wie eine Mondwelle aufstrahlt.
+ Aber Wunder wich zurück, wie schöne hohe Kirchen Sommers vor der Dämmerung in die Schatten weichen.
+ Eine Goldspur wehte übern Abendhimmel hin: nichts konnte sie erreichen.
+ Seele blieb verlassen, Sehnsucht kam mit leeren Armen heim, so oft ich sie hinausgeschickt,
+ Wenn ich im Dunkel nach Erfüllung rang, in Hauch und Haar geliebter Frau'n verstrickt.
+ Denn immer griffen meine Hände nach dem fernen bunten Ding,
+ Das einmal über meinem Knabenhimmel hieng.
+ Und immer rief mein Kiel nach Sturm – doch jeder Sturm hat mich ans Land geschwemmt,
+ Sterne brachen, und die Flut zerfiel, in Schlick und Sand verschlämmt …
+ Daran mußt' ich heute denken, und es fiel mir ein,
+ Daß alles das umsonst, und daß es anders müsse sein,
+ Und daß vielleicht die Liebe nichts als schweigen,
+ Mit einer Frau am Meeresufer stehn und durch die Dünen horchen, wie von fern die Wasser steigen. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/06-betoerung.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/06-betoerung.html new file mode 100644 index 0000000..968e5f7 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/06-betoerung.html @@ -0,0 +1,37 @@ + + + + + + + + Betörung + + + +

Betörung

+ +

+ Nun bist du, Seele, wieder deinem Traum
+ Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
+ In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
+ Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben. +

+ +

+ Denn nächtelang war deine Kammer leer.
+ Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
+ Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
+ Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen. +

+ +

+ Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
+ Den Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,
+ Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und Wein
+ Den ewig Dürstenden aus hochgehobnen Händen. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html new file mode 100644 index 0000000..d05bfbb --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html @@ -0,0 +1,37 @@ + + + + + + + + Trübe Stunde + + + +

Trübe Stunde

+ +

+ Im sinkenden Abend, wenn die Fischer in den Meerhäfen ihre Kähne rüsten,
+ In der austreibenden Flut, die braunen Masten zitternd vor dem Wind –
+ Seele, wirfst du zitternd dich ins Segel, gierig nach entlegnen Küsten,
+ Dahin die Wunder deiner Nächte dir entglitten sind? +

+ +

+ Oder bist du so wehrlos deiner Sterne Zwang verfallen,
+ Daß dich ein irrer Wille nur ins Ferne, Uferlose drängt –
+ Auf wilden Wassern schweifend, wenn die Stürme sich in deines Schiffes Rippen krallen,
+ Und Nacht und Wolke endlos graues Meer und grauen Himmel mengt? +

+ +

+ Und wütest du im Dunkel gegen dein Geliebtes und erwachst mit strömend tiefen Wunden,
+ Das Auge matt, dein Blut verbrannt und deiner Sehnsucht Schwingen leer,
+ Und siehst, mit stierem Blick, und unbewegt an deines Schicksals Mast gebunden
+ Den Morgen glanzlos schauern überm Meer? +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/08-was-waren-frauen.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/08-was-waren-frauen.html new file mode 100644 index 0000000..6f24f1a --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/08-was-waren-frauen.html @@ -0,0 +1,37 @@ + + + + + + + + Was waren Frauen + + + +

Was waren Frauen

+ +

+ Was waren Frauen anders dir als Spiel,
+ Der du dich rettetest in soviel Liebesstunden:
+ Du hast nie andres als ein Stück von dir gefunden,
+ Und niemals fand dein Suchen sich das Ziel. +

+ +

+ Du strebtest, dich im Hellen zu befreien,
+ Und wolltest untergehen in wolkig trüber Flut –
+ Und lagst nur hilflos angeschmiedet in den Reihen
+ Der Schmachtenden, gekettet an dein Blut. +

+ +

+ Du stiegst, dein Leben höher aufzutürmen,
+ In fremde Seelen, wenn dich eigne Kraft verließ,
+ Und sahst erschauernd deinen Dämon dich umstürmen,
+ Wenn deinen dünnen Traum der Tag durchstieß. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/09-reinigung.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/09-reinigung.html new file mode 100644 index 0000000..1ed31ec --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/09-reinigung.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Reinigung + + + +

Reinigung

+ +

+ Lösche alle deine Tag' und Nächte aus!
+ Räume alle fremden Bilder fort aus deinem Haus!
+ Laß Regendunkel über deine Schollen niedergehn!
+ Lausche: dein Blut will klingend in dir auferstehn! –
+ Fühlst du: schon schwemmt die starke Flut dich neu und rein,
+ Schon bist du selig in dir selbst allein
+ Und wie mit Auferstehungslicht umhangen –
+ Hörst du: schon ist die Erde um dich leer und weit
+ Und deine Seele atemlose Trunkenheit,
+ Die Morgenstimme deines Gottes zu umfangen. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/10-ende.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/10-ende.html new file mode 100644 index 0000000..2c775d9 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/10-ende.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Ende + + + +

Ende

+ +

+ Nur eines noch: viel Stille um sich her wie weiche Decken schlagen,
+ Irgendwo im Alltag versinken, in Gewöhnlichkeit, seine Sehnsucht in die Enge bürgerlicher Stuben tragen,
+ Hingebückt, ins Dunkel gekniet, nicht anders sein wollen, geschränkt und gestillt, von Tag und Nacht überblüht, heimgekehrt von Reisen
+ Ins Metaphysische – Licht sanfter Augen über sich, weit, tief ins Herz geglänzt, den Rest von irrem Himmelsdurst zu speisen –
+ Kühlung Wehendes, Musik vieler gewöhnlicher Stimmen, die sich so wie Wurzeln stiller Birken stark ins Blut dir schlagen,
+ Vorbei die umtaumelten Fanfaren, die in Abenteuer und Ermattung tragen,
+ Morgens erwachen, seine Arbeit wissen, sein Tagewerk, festbezirkt, stumm aller Lockung, erblindet allem, was berauscht und trunken macht,
+ Keine Ausflüge mehr ins Wolkige, nur im Nächsten noch sich finden, einfach wie ein Kind, das weint und lacht,
+ Aus seinen Träumen fliehen, Helle auf sich richten, jedem Kleinsten sich verweben,
+ Aufgefrischt wie vom Bad, ins Leben eingeblüht, dunkel dem großen Dasein hingegeben. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html new file mode 100644 index 0000000..3c287a1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/11-zwiegespraech.html @@ -0,0 +1,48 @@ + + + + + + + + Zwiegespräch + + + +

Zwiegespräch

+ +

+ Mein Gott, ich suche dich. Sieh mich vor deiner Schwelle knien
+ Und Einlaß betteln. Sieh, ich bin verirrt, mich reißen tausend Wege fort ins Blinde,
+ Und keiner trägt mich heim. Laß mich in deiner Gärten Obdach fliehn,
+ Daß sich in ihrer Mittagsstille mein versprengtes Leben wiederfinde.
+ Ich bin nur stets den bunten Lichtern nachgerannt,
+ Nach Wundern gierend, bis mir Leben, Wunsch und Ziel in Nacht verschwanden.
+ Nun graut der Tag. Nun fragt mein Herz in seiner Taten Kerker eingespannt
+ Voll Angst den Sinn der wirren und verbrausten Stunden.
+ Und keine Antwort kommt. Ich fühle, was mein Bord an letzten Frachten trägt,
+ In Wetterstürmen ziellos durch die Meere schwanken,
+ Und das im Morgen kühn und fahrtenfroh sich wiegte, meines Lebens Schiff zerschlägt
+ An dem Magnetberg eines irren Schicksals seine Planken. – +

+ +

+ Still, Seele! Kennst du deine eigne Heimat nicht?
+ Sieh doch: du bist in dir. Das ungewisse Licht,
+ Das dich verwirrte, war die ewige Lampe, die vor deines Lebens Altar brennt.
+ Was zitterst du im Dunkel? Bist du selber nicht das Instrument,
+ Darin der Aufruhr aller Töne sich zu hochzeitlichem Reigen schlingt?
+ Hörst du die Kinderstimme nicht, die aus der Tiefe leise dir entgegensingt?
+ Fühlst nicht das reine Auge, das sich über deiner Nächte wildste beugt –
+ O Brunnen, der aus gleichen Eutern trüb und klare Quellen säugt,
+ Windrose deines Schicksals, Sturm, Gewitternacht und sanftes Meer,
+ Dir selber alles: Fegefeuer, Himmelfahrt und ewige Wiederkehr –
+ Sieh doch, dein letzter Wunsch, nach dem dein Leben heiße Hände ausgereckt,
+ Stand schimmernd schon am Himmel deiner frühsten Sehnsucht aufgesteckt.
+ Dein Schmerz und deine Lust lag immer schon in dir verschlossen wie in einem Schrein,
+ Und nichts, was jemals war und wird, das nicht schon immer dein. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/12-vorfruehling.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/12-vorfruehling.html new file mode 100644 index 0000000..a0ab667 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/12-vorfruehling.html @@ -0,0 +1,37 @@ + + + + + + + + Vorfrühling + + + +

Vorfrühling

+ +

+ In dieser Märznacht trat ich spät aus meinem Haus.
+ Die Straßen waren aufgewühlt von Lenzgeruch und grünem Saatregen.
+ Winde schlugen an. Durch die verstörte Häusersenkung ging ich weit hinaus
+ Bis zu dem unbedecktem Wall und spürte: meinem Herzen schwoll ein neuer Takt entgegen. +

+ +

+ In jedem Lufthauch war ein junges Werden ausgespannt.
+ Ich lauschte, wie die starken Wirbel mir im Blute rollten.
+ Schon dehnte sich bereitet Acker. In den Horizonten eingebrannt
+ War schon die Bläue hoher Morgenstunden, die ins Weite führen sollten. +

+ +

+ Die Schleusen knirschten. Abenteuer brach aus allen Fernen.
+ Ueberm Kanal, den junge Ausfahrtwinde wellten, wuchsen helle Bahnen,
+ In deren Licht ich trieb. Schicksal stand wartend in umwehten Sternen.
+ In meinem Herzen lag ein Stürmen wie von aufgerollten Fahnen. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/13-resurrectio.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/13-resurrectio.html new file mode 100644 index 0000000..f128f85 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/13-resurrectio.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Resurrectio + + + +

Resurrectio

+ +

+ Flut, die in Nebeln steigt. Flut, die versinkt.
+ O Glück: das große Wasser, das mein Leben überschwemmte, sinkt, ertrinkt.
+ Schon wollen Hügel vor. Schon bricht gesänftigt aus geklärten Strudeln Fels und Land.
+ Bald wehen Birkenwimpel über windgesträhltem Strand.
+ O langes Dunkel. Stumme Fahrten zwischen Wolke, Nacht und Meer.
+ Nun wird die Erde neu. Nun gibt der Himmel aller Formen zarten Umriß her.
+ Herzlicht von Sonne, das sich noch auf gelben Wellen bäumt –
+ Bald kommt die Stunde, wo dein Gold in grünen Frühlingsmulden schäumt –
+ Schon tanzt im Feuerbogen, den der Morgen übern Himmel schlägt,
+ Die Taube, die im Mund das Ölblatt der Verheißung trägt. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/14-sommer.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/14-sommer.html new file mode 100644 index 0000000..a4aec2f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/14-sommer.html @@ -0,0 +1,23 @@ + + + + + + + + Sommer + + + +

Sommer

+ +

+ Mein Herz steht bis zum Hals in gelbem Erntelicht wie unter Sommerhimmeln schnittbereites Land.
+ Bald läutet durch die Ebenen Sichelsang: mein Blut lauscht tief mit Glück gesättigt in den Mittagsbrand.
+ Kornkammern meines Lebens, lang verödet, alle eure Tore sollen nun wie Schleusenflügel offen stehn,
+ Ueber euern Grund wird wie Meer die goldne Flut der Garben gehn. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/15-form-ist-wollust.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/15-form-ist-wollust.html new file mode 100644 index 0000000..b8eaa00 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/15-form-ist-wollust.html @@ -0,0 +1,29 @@ + + + + + + + + Form ist Wollust + + + +

Form ist Wollust

+ +

+ Form und Riegel mußten erst zerspringen,
+ Welt durch aufgeschlossne Röhren dringen:
+ Form ist Wollust, Friede, himmlisches Genügen,
+ Doch mich reißt es, Ackerschollen umzupflügen.
+ Form will mich verschnüren und verengen,
+ Doch ich will mein Sein in alle Weiten drängen –
+ Form ist klare Härte ohn' Erbarmen,
+ Doch mich treibt es zu den Dumpfen, zu den Armen,
+ Und in grenzenlosem Michverschenken
+ Will mich Leben mit Erfüllung tränken. +

+ + + diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/16-der-aufbruch.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/16-der-aufbruch.html new file mode 100644 index 0000000..a33bf97 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/16-der-aufbruch.html @@ -0,0 +1,37 @@ + + + + + + + + Der Aufbruch + + + +

Der Aufbruch

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+ Einmal schon haben Fanfaren mein ungeduldiges Herz blutig gerissen,
+ Daß es, aufsteigend wie ein Pferd, sich wütend ins Gezäum verbissen.
+ Damals schlug Tamburmarsch den Sturm auf allen Wegen,
+ Und herrlichste Musik der Erde hieß uns Kugelregen.
+ Dann, plötzlich, stand Leben stille. Wege führten zwischen alten Bäumen.
+ Gemächer lockten. Es war süß, zu weilen und sich versäumen,
+ Von Wirklichkeit den Leib so wie von staubiger Rüstung zu entketten,
+ Wollüstig sich in Daunen weicher Traumstunden einzubetten.
+ Aber eines Morgens rollte durch Nebelluft das Echo von Signalen,
+ Hart, scharf, wie Schwerthieb pfeifend. Es war wie wenn im Dunkel plötzlich Lichter aufstrahlen.
+ Es war wie wenn durch Biwakfrühe Trompetenstöße klirren,
+ Die Schlafenden aufspringen und die Zelte abschlagen und die Pferde schirren.
+ Ich war in Reihen eingeschient, die in den Morgen stießen, Feuer über Helm und Bügel,
+ Vorwärts, in Blick und Blut die Schlacht, mit vorgehaltnem Zügel.
+ Vielleicht würden uns am Abend Siegesmärsche umstreichen,
+ Vielleicht lägen wir irgendwo ausgestreckt unter Leichen.
+ Aber vor dem Erraffen und vor dem Versinken
+ Würden unsre Augen sich an Welt und Sonne satt und glühend trinken. +

+ + + -- cgit v1.2.3