From 8ae681d1845924514ef929c637a67806b26ea729 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 17:07:24 +0100 Subject: initial commit --- .../der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html | 44 ++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 44 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html (limited to 'OEBPS/Text/der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html') diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html new file mode 100644 index 0000000..3398868 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/02-stationen/20-entsuehnung.html @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + Entsühnung + + + +

Entsühnung

+ +

+ Ich stand in Nacht. Ich rang versteinert. Fand in Wüsten irrend deine Seele nicht.
+ Die Wege lagen endlos mir verschüttet, die zu deiner Schwelle liefen.
+ Ich war ganz fern. Du sprachst zu mir. Ich stand mit abgewandtem Herzen und Gesicht.
+ Wie Sterbeglocken rauschten mir die Worte, die mich zu dir riefen.
+ Ich lauschte dumpf der Stimme. Wie erstarrt. Sie kam
+ Aus Fernen: still; demütig, aber fest; nachtwandelnd und im Glanze ihres Schicksals, und sie drang in meinen Traum.
+ Da war's, daß in mein Herz das Wunder brach. Ich wachte auf. In jäher Scham
+ Sah ich mich selbst. Sah deine Seele, wie sie stumm, mit schweren Lidern, vor mir stand,
+ Nackend. Sah ihre lange Qual, und wie sie durch die vielen, vielen Nächte
+ Mich so gesucht, die Augen still in mich gekehrt, und mich doch nimmer fand,
+ Indes ich blind in wilden Zonen irrte
+ Und meines Herzens Heimwehruf verbannte.
+ Sah, wie ihr reiner Spiegel sich mit Dunkel wirrte,
+ Und jäh gereckt die Gier, wie sie sich selbst zum Opfer brächte,
+ Grausam, im eignen Blut die Qualen löschend, und mit Weh ihr Weh ertöte,
+ Im Opfer ihres Leibes. Und ich sah dich bleich, mit nackten Füßen auf dem Büßerberg und über deiner Brust die Röte
+ Der Wunden, die ich dir geschlagen. Sah dich matt und bloß
+ Und schwach. Doch über Nacht und Leid
+ Strahlte dein heiliges Herz. Ich sah den Glorienschein, der jählings über deinem Scheitel brannte
+ Und mich begoß. Oh, immer will ich stehn und schauen, schauen
+ Und warten, du Geliebte, daß dein Antlitz mir ein Lächeln schenke.
+ Ich weiß, ich hab an dir gesündigt. Sieh, ich will dein Kleid
+ Bloß fassen, so wie Mütter tun mit kranken Kindern vor dem Bild der lieben Frauen –
+ Nur lächle wieder, du, in deren Schoß
+ Ich wie in klares Wasser meines Lebens dunkles Opfer senke. +

+ + + -- cgit v1.2.3