From 8ae681d1845924514ef929c637a67806b26ea729 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 17:07:24 +0100 Subject: initial commit --- .../03-die-spiegel/43-abendschluss.html | 41 ++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 41 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/der-aufbruch/03-die-spiegel/43-abendschluss.html (limited to 'OEBPS/Text/der-aufbruch/03-die-spiegel/43-abendschluss.html') diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/03-die-spiegel/43-abendschluss.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/03-die-spiegel/43-abendschluss.html new file mode 100644 index 0000000..72e73e8 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-aufbruch/03-die-spiegel/43-abendschluss.html @@ -0,0 +1,41 @@ + + + + + + + + Abendschluß + + + +

Abendschluß

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+ Die Uhren schlagen sieben. Nun gehen überall in der Stadt die Geschäfte aus.
+ Aus schon umdunkelten Hausfluren, durch enge Winkelhöfe aus protzigen Hallen drängen sich die Verkäuferinnen heraus.
+ Noch ein wenig blind und wie betäubt vom langen Eingeschlossensein
+ Treten sie, leise erregt, in die wollüstige Helle und die sanfte Offenheit des Sommerabends ein.
+ Griesgrämige Straßenzüge leuchten auf und schlagen mit einem Male helleren Takt,
+ Alle Trottoirs sind eng mit bunten Blusen und Mädchengelächter vollgepackt.
+ Wie ein See, durch den das starke Treiben eines jungen Flusses wühlt,
+ Ist die ganze Stadt von Jugend und Heimkehr überspült.
+ Zwischen die gleichgiltigen Gesichter der Vorübergehenden ist ein vielfältiges Schicksal gestellt –
+ Die Erregung jungen Lebens, vom Feuer dieser Abendstunde überhellt,
+ In deren Süße alles Dunkle sich verklärt und alles Schwere schmilzt, als wär es leicht und frei,
+ Und als warte nicht schon, durch wenig Stunden getrennt, das triste Einerlei
+ Der täglichen Frohn – als warte nicht Heimkehr, Gewinkel schmutziger Vorstadthäuser, zwischen nackte Mietskasernen gekeilt,
+ Karges Mahl, Beklommenheit der Familienstube und die enge Nachtkammer, mit den kleinen Geschwistern geteilt,
+ Und kurzer Schlaf, den schon die erste Frühe aus dem Goldland der Träume hetzt –
+ All das ist jetzt ganz weit – von Abend zugedeckt – und doch schon da, und wartend wie ein böses Tier, das sich zur Beute niedersetzt,
+ Und selbst die Glücklichsten, die leicht mit schlankem Schritt
+ Am Arm des Liebsten tänzeln, tragen in der Einsamkeit der Augen einen fernen Schatten mit.
+ Und manchmal, wenn von ungefähr der Blick der Mädchen im Gespräch zu Boden fällt,
+ Geschieht es, daß ein Schreckgesicht mit höhnischer Grimasse ihrer Fröhlichkeit den Weg verstellt.
+ Dann schmiegen sie sich enger, und die Hand erzittert, die den Arm des Freundes greift,
+ Als stände schon das Alter hinter ihnen, das ihr Leben dem Verlöschen in der Dunkelheit entgegenschleift. +

+ + + -- cgit v1.2.3