Metamorphosen

Erst war grenzenloser Durst, ausholend Glück, schamvolles Sichbeschauen,
Abends in der Jungenstube, wenn die Lampe ausgieng, Zärtlichkeiten überschwänglich hingeströmt an traumerschaffne Frauen,
Verzückte Worte ins Leere gesprochen und im Blut der irre Brand –
Bis man sich eines Nachts in einem schalen Zimmer wiederfand,
Stöhnend, dumpf, und seine Sehnsucht über einen trüben, eingesunknen Körper leerte,
Sich auf die Zähne biß und wußte: dieses sei das Leben, dem man sich bekehrte.
Ein ganzer blondverklärter Knabenhimmel stand in Flammen –
Damals stürzte Göttliches zusammen . .
Aber Seele hüllte gütig enge Kammer, welken Leib und Scham und Ekel ein,
Und niemals wieder war Liebe so sanft, demütig und rein,
So voller Musik wie da …

Dann sind Jahre hingegangen und haben ihren Zoll gezahlt.
Aus ihrem Fluß manch' eine Liebesstunde wie eine Mondwelle aufstrahlt.
Aber Wunder wich zurück, wie schöne hohe Kirchen Sommers vor der Dämmerung in die Schatten weichen.
Eine Goldspur wehte übern Abendhimmel hin: nichts konnte sie erreichen.
Seele blieb verlassen, Sehnsucht kam mit leeren Armen heim, so oft ich sie hinausgeschickt,
Wenn ich im Dunkel nach Erfüllung rang, in Hauch und Haar geliebter Frau'n verstrickt.
Denn immer griffen meine Hände nach dem fernen bunten Ding,
Das einmal über meinem Knabenhimmel hieng.
Und immer rief mein Kiel nach Sturm – doch jeder Sturm hat mich ans Land geschwemmt,
Sterne brachen, und die Flut zerfiel, in Schlick und Sand verschlämmt …
Daran mußt' ich heute denken, und es fiel mir ein,
Daß alles das umsonst, und daß es anders müsse sein,
Und daß vielleicht die Liebe nichts als schweigen,
Mit einer Frau am Meeresufer stehn und durch die Dünen horchen, wie von fern die Wasser steigen.