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  <title>Gang in der Nacht</title>
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<body>

<h3>Gang in der Nacht</h3>

<p>
  <span class="indent">Die Alleen der Lichter, die der Fluß ins Dunkel schwemmt, sind schon erblindet</span><br />
  <span class="indent">In den streifenden Nebeln. Bald sind die Staden eingedeckt. Schon findet</span><br />
  <span class="indent">Kein Laut den Weg mehr aus dem trägen Sumpf, der alles Feste in sich schluckt.</span><br />
  <span class="indent">Die Stille lastet. Manchmal bläst ein Wind die Gaslaternen auf. Dann zuckt</span><br />
  <span class="indent">Über die untern Fensterreihen eine Welle dünnen Lichts und schießt zurück. Im Schreiten</span><br />
  <span class="indent">Springen die Häuser aus dem Schatten vor wie Rümpfe wilder Schiffe auf entferntem Meer und gleiten</span><br />
  <span class="indent">Wieder in Nacht. O diese Straße, die ich so viel Monde nicht gegangen&nbsp;&ndash;</span><br />
  <span class="indent">Nun streckt Erinnerung hundert Schmeichlerarme aus, mich einzufangen,</span><br />
  <span class="indent">Legt sich zu mir, ganz still, nur schattenhaft, nur wie die letzte Welle Dufts von Schlehdornsträuchern abgeweht,</span><br />
  <span class="indent">Nur wie ein Spalt von Licht, davon doch meine Seele wie ein Frühlingsbeet in Blüten steht&nbsp;&ndash;</span><br />
  <span class="indent">Ich schreite wie durch Gärten. Bin auf einem großen Platz. Nebel hängt dünn und flimmernd wie durch Silbernetz gesiebt&nbsp;&ndash;</span><br />
  <span class="indent">Und plötzlich weiß ich: hinter diesen Fenstern dort schläft eine Frau, die mich einmal geliebt,</span><br />
  <span class="indent">Und die ich liebte. Hüllen fallen. Eine Spannung bricht. Ich steh' bestrahlt, besternt in einem güldnen Regen,</span><br />
  <span class="indent">Alle meine Gedanken laufen wie verklärt durchs Dunkel einer magisch tönenden Musik entgegen.</span>
</p>

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