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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2024-11-27 18:15:59 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2024-11-27 18:15:59 +0100 |
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Und von keiner Domempore gibt +es ein eindrucksvolleres Bild als, was man von der +Randgalerie dieser Halle sieht, in der Augenhöhe des Mannes, +dessen Luftsitz mit Kranen wandert, welche schwere +Eisenlasten packen und transportieren. Auch ehe man +versteht, in welcher Art die metallenen Ungeheuer, die da +unten lagern, zur Bereitung ähnlicher und andersartiger +Ungeheuer dienen, ist man von ihrem bloßen Anblick +ergriffen: Gußstücke und Gehäuse, noch unbearbeitete +Zahnkranztrommeln und Radwellen, Pumpen und Generatoren halb +vollendet, Bohrwerke und Zahnradbetriebe fertig zum Einbau, +riesige und zwergige Maschinen auf dem Prüfstand, Teile von +Turbogeneratoren in der betonierten Schleudergrube. + +Während wir in dieser Halle mehr bestaunen als begreifen, +wird uns in den kleineren Werkstätten manches zugänglicher. +Wir sehen, wie Nickelstahl in Stangenform auf der Schaufel +gefräst und geschliffen wird, wie in die Rinnen der +Induktorwelle blecherne Zähne eingeschoben werden, wie die +gewickelten Erregerspulen zwischen das Zahnwerk greifen. Wir +besuchen die Schmiede, wo die Arbeiter glühende Eisenstücke +unter den Dampfhammer halten, der sie kerbt und hobelt wie +weiches Wachs. + +Wir stehn am Wasser vor der Transformatorenfabrik und sehen, +wie Kohle aus dem Spreekahn mit der Laufkatze herübergekrant +wird in eine Art Eisenhammer, um dort ganz ohne Menschenhand +in Kohlenstaub verwandelt zu werden. Wir treten in die +Halle, in der niemand zugegen ist, und sehn die Verbrennung +in glühender Grotte. Nach den Räumen mit den großen +Maschinen besuchen wir Säle, wo Arbeiterinnen ganz dünnen +Draht spulen, Hartpapier walzen und zu Schichten ganz +leichter harter glatter Rollen pressen, wo von Hand zu Hand +das schmale Stanzplättchen wandert, das geglüht, geölt, +geschnitten wird. + +In der Zählerfabrik macht ein Griff der Maschine aus der +Blechplatte eine Schüssel mit hochgebogenem Rand, ein +zweiter durchlocht sie. Funkensprühend wird sie genietet und +geschweißt. Magnete werden eingefügt. Das ganze Haus ist +eine Kette der Arbeit, die ununterbrochen die Werkbänke hin +von Stockwerk zu Stockwerk wandert und in weitertragende +Schachte geschoben wird. Alle Teile und Teilchen, die den +sitzenden Frauen zur Hand liegen, werden dem werdenden +Zähler eingefügt, angesetzt, eingeschraubt und geprüft; und +zuletzt wird das ganze Zählergebäude verpackt. Stahlbänder +schieben sich um Kisten, die auf Rollen zum Fahrstuhl +gefördert und auch dort nicht von Menschenhand, sondern +mittels eines Hebels angehoben werden. Alle Kraftvergeudung +und schwächende Anstrengung wird erspart; immer mehr wird +der Arbeiter nur noch Wächter und Anlasser der Maschine. Und +wie die Maschinenteile, so wandern auf laufendem Bande auch +Tassen und Becher, in welche die Mädchen ihren Tee, Kaffee +und Kakao getan haben, und der kommt dann von seinem +Rundgang durch die Küche gekocht und fertig zu ihnen zurück. +Jede, die da sitzt, hat hinter dem laufenden Band nur ein +kleines Stückchen Tisch für sich, und doch ist Platz genug, +daß die Nachbarinnen der, die heute Geburtstag hat, ein paar +bunte Tassen, Teller und Löffelchen aufschichten konnten, +die hinter dem Wanderwerk rührend stillstehn. + +Es ist nicht nötig, alles zu verstehn, man braucht nur mit +Augen anzuschauen, wie da etwas immerzu unterwegs ist und +sich wandelt. Da ist in einer dieser Stätten andächtigen +Eifers ein Metall, von dem man dir erzählt, daß es einen +besonders hohen Schmelzpunkt hat und sehr schwer verdampft. +In Öfen kann’s nicht geschmolzen werden, die würden in +Stücke gehn, darum muß das aus dem Mineral gewonnene +Metallpulver durch Pressen, Sintern, Hämmern und wieder +Glühen allmählich zum festen Stab und weiter zum Draht +geformt werden. Und nun kannst du sehn, wie der Draht durch +Hämmermaschinen und durch Ziehsteine geht, an den Enden +gespitzt und so lange geglüht und gezogen wird, bis er zum +haarfeinen Fädchen geworden ist, das in der Glühlampe +gebraucht wird. All das machen die Maschinen, die Menschen +stellen nur an, nehmen heraus, schieben weiter. Und während +tausend solcher dünnen und immer dünneren Drähte entstehn, +wachsen in andern Sälen tausend Lampenkörper. An runden +Maschinentischen, die vor ihren Händen sich drehn, sitzen +die Geduldigen, reichen den Griffen zu und nehmen ihnen ab, +und gehorsam quetscht die Maschine den Lampenfuß, setzt +Halter ein, bespannt das Gestell, schmelzt, pumpt aus, +sockelt, lötet, ätzt, stempelt und verpackt. Aber das ist +wieder nur ein Teil der Arbeit. Da wird noch geprüft, +gemessen und sortiert, da wird mattiert und gefärbt. + +All das geschieht unablässig in Siemensstadt, +Charlottenburg, Moabit, Gesundbrunnen, hinter der Warschauer +Brücke und an der Oberspree. + +Und so großartig es ist, im Saal, von der Treppe, von der +Galerie auf die kreisenden und surrenden Maschinen zu sehn, +so ergreifend ist der Anblick der Nacken und Hände derer, +die da werkeln, und die Begegnung des Auges mit ihren +aufschauenden Augen. + +Aus dem, was diese Menschen schaffen, kommt Licht in dein +kleines Zimmer und wandert Häuserfronten entlang, bestrahlt, +preist an, wirbt und baut um. Leuchtende Kannelüren an der +Decke eines Riesenraums bilden ein festliches Zeltdach von +Licht. Konturenbeleuchtung gliedert die Fassade eines +Hauses, Flutlicht durchblutet Schaufenster, blaue +Taglichtlampen strahlen im Seidensaal, und der Stoff, den +der Verkäufer vorlegt, hat die Farbe, die ihm sonst die +Sonne gibt. Draußen gehn Wanderschriften über Transparente, +Buchstaben formen sich zu Worten und verschwinden, Bilder +tauchen auf und wechseln, farbige Räder rollen stumm. + +Ganze Häuser entstehen bereits in Hinblick auf die +Gliederung des Baukörpers durch das Licht. Man ahnt das +Kaufhaus der Zukunft, dessen Wand und Decke Glas sein wird +und das Ganze Eine Helle, tags die überall hindringende +Sonne, nachts das von Menschen und Maschinen geschaffene +Licht. + +:centerblock:`\* \* \*` + +Daran arbeiten die in den großen Hallen des Eisens und der +Elektrizität; um den Fleiß von Berlin zu begreifen, mußt du +aber auch durch die kleinen Fabriken gehn. Mußt eintreten in +einen der Gebäudekomplexe und Höfe des Südostens. Besuche, +wie ich es tat, im Viertel der Leder- und +Galanteriewarenbranche, die Rahmenfabrik. Auf den Böden +lagert das Holz, wie es aus der Sägerei kommt, und trocknet +bei leichtem Durchzug. Wird es dann zugeschnitten, behält +jede Scheibe noch am Rand ein Stückchen Wald. So kommt sie +in eine Kerbmaschine mit feinen Zähnen, die Ecken einbeißen +zum Verzahnen der Rahmenteile, und durch die Exhaustoren +fliegen die Späne. Mit der Kreissäge werden die langen +Leisten verkleinert. Wenn in den großen Maschinenhallen die +Männer klein neben Kolossen erscheinen und wie Seeleute oder +Bergleute vorsichtig am Rand der elementaren Gewalten +bleiben, so beherrschen sie hier ihr Maschinentier mit +Bändigerblicken. Ich muß immer wieder den Buckligen ansehn +dort an der Kreissäge, dessen Backenmuskeln zornig und +herrisch zucken, so oft auf seinen Druck das Messer ins Holz +greift. + +Bei den siedenden Leimtöpfen und bei Glas und Pappe, die den +Rahmen eingefügt werden, hausen viel Mädchen und Frauen. Die +Leimerinnen sind ein derberer Schlag als die Kleberinnen und +Poliererinnen. Und an diesen könnte man Studien machen über +die Beziehungen zwischen dem einen Handgriff, der zu +vollführen ist, und der Hand, die ihn vollführt. Wie feine +Finger hat die, welche immer nur winzige Nägelchen in die +Pappschicht hinterm Rahmen einsetzt. Wie geduldig sind die +langen Hände jener, die Bilderränder so beschneidet, daß sie +gut hinter das Glas passen. Wie kindlich rund sind die +Händchen der Blaßblonden, die eine Blechform in die kreidige +Masse drückt und das Geformte angefeuchtet aufs Holzbrett +abstreift, wie es Kinder mit ihren Sandformen auf dem +Spielplatz tun. Ihre Arbeit ist ein sympathisches +Sonderwerk, denn die Rokoko-Ornamente, die sie dem Rahmen +gibt, werden nicht soviel gebraucht wie die gradlinigeren, +sie sind teurer herzustellen und nicht so zeitgemäß. Das +gibt ihnen und ihrer ahnungslosen Schöpferin eine besondre +Schönheit. In abgetrennten Räumen arbeiten die Vergolder. +Sie haben Gasmasken vor dem Gesicht gegen den Bronzestaub, +der den Lungen gefährlich ist. Leider will das Publikum und +wollen dementsprechend die vielen kleinen Geschäfte, die +Öldrucke verkaufen, nur Goldrahmen. Seit den Tagen der +Inflation braucht der Deutsche wieder Glanz in seiner Hütte. +Selbst die Rahmen für Photographien müssen vergoldet werden. +Das gute alte Mahagoni ist nicht mehr erwünscht. Über die +Photographienrahmen bekomme ich noch etwas zeitgeschichtlich +Interessantes erzählt. Früher waren Sammelrahmen beliebt, in +die mehrere Bilder gingen, eine ganze Sippe etwa, jetzt wird +jedes Bild lieber einzeln aufgestellt. So sind wir von den +Rahmen zu dem Umrahmten gekommen: der liebenswürdige Leiter +der Fabrik führt mich in den Ausstellungsraum der +beliebtesten Öldrucke. Der ist sehr lehrreich. Denn unter +den nicht gerade lebensnotwendigen Gegenständen, die man je +nachdem als Luxusartikel oder geistiges Volksnahrungsmittel +bezeichnen kann, spielt der Öldruck eine große Rolle. Er +möbliert unendliche Mengen von Zimmern und Seelen. + +Der *‚bestseller‘* der Branche ist seit Jahren immer noch +die heilige Büßerin Magdalena, die in ihrem blauen Gewande +weich aufgestützt lagert und buhlerisch kontemplativ auf den +Totenschädel schaut. Nicht nur bei den Frommen scheint sie +begehrt zu sein wie andre Reproduktionen aus dem Bereich der +Bibel und Legende, auch die Kinder der Welt wollen sie +haben. Lagernde leichtbekleidete Damen haben überhaupt viel +Chance. Und als Rahmen ihres von Amoretten umspielten, ins +Wolkenweiche verschwimmenden ‚Pfühls‘ ist ein nicht hohes, +aber ziemlich breites Format beliebt, das sich gut überm +Bett ausnimmt. Haben junge Paare, die solche +Glückseligkeits-Öldrucke kaufen, es ernstlich auf +Nachkommenschaft abgesehn, so richtet die Schöne im Bilde +sich ein wenig auf und betreut ein oder mehrere Kinder. Es +wird auch gern gesehn, daß etliche Haustiere das +Familienglück noch vollständiger machen. An einer der +beliebtesten dieser lagernden, beziehungsweise sitzenden +Damen wurde kürzlich, wie mir mein erfahrener Führer +erzählt, auf Wunsch des Publikums eine zeitgemäße Änderung +vorgenommen, ihr reiches Lockenhaar mußte zugunsten des +Bubikopfs entfernt werden. Auf andern Gebieten bleiben die +Käufer unmodern: das allbekannte Bild ‚Beethoven‘, eine +Versammlung auf dämmernden Diwanen hockender oder +hingegossener Männer und Frauen, die einem Klavier lauschen, +hat noch keiner Jazzbanddarstellung Platz gemacht. Von +berühmten Männern hat der Reichspräsident nicht mehr soviel +Zuspruch, seit er in Zivil ist; und mit seinen +Waffenrockbildnissen hat sich die deutsche Familie meist +schon während des Krieges eingedeckt. + +Die Jahreszeiten mit ihren beliebten Arbeiten und +Vergnügungen: Säemänner, Garbenbinderinnen, Jäger usw. in +der dazugehörigen Landschaft ‚gehen‘ immer, und zwar jede +speziell zu ihrer Zeit. Das wunderte mich etwas, ich hatte +gedacht: im Winter hätte man Frühlingssehnsucht, im Herbst +Sommerheimweh. + +Ich fange an, mich für Statistik zu interessieren. Ich +möchte genauer feststellen: Wieviel Magdalenen braucht +Magdeburg? Wieviel Damen auf Pfühl verlangt Breslau? Wo +läuft der Alte Fritz Böcklins ‚Schweigen im Walde‘ den Rang +ab? Wie hat sich in München von 1918 bis 1928 der +Öldruckgeschmack geändert? In welchen Provinzen und Städten +überwiegt das Bedürfnis nach Dame mit Kind, Kindern oder +Tieren dasjenige nach Dame mit nur Amoretten? Ich fange an, +mich für Statistik zu interessieren. + +:centerblock:`\* \* \*` + +Wie der Markt von Bagdad seine Basare, so hat Berlin seine +Stadtviertel für die verschiedenen Betriebe. Der +Spittelmarkt, sagt man mir, trenne das Quartier der +Konfektion von dem der Mäntel. Ich besuche auf der +Konfektionsseite eine Hutfabrik, werde zu den Zeichnern +geführt, die nach Pariser Modellen aus Pappe Formen +schneiden, zu den Mädchen, die diese Formen in Stoff und +Leder nachschneiden, in den surrenden Saal der Näherinnen +und schließlich in einen Raum, wo Eisenformen elektrisch +erhitzt werden. Auf ihnen erhält der fertiggenähte und +zurechtgebogene Hut seine endgültige Gestalt. Aus einem +Schlauch wird er mit Dämpfen behandelt und dann in eine Art +Backofen getan, wo er im stillen weiterschmort. Für den +Kulturhistoriker ist es nicht unwichtig zu erfahren, daß es +zwar fast gar keine Garnituren mehr gibt, daß aber die +Appretur bisweilen Schleifenformen und Bandeaux nachahmt. +Vielleicht auch, daß, seit die Mode der knappen Baskenmützen +aufgekommen ist, viel Kappen gemacht werden, die aber nicht +baskisch streng bleiben, sondern etwas breiter und +pagenhafter ausfallen. In dieser Fabrik, die den morgens +bestellten Hut bereits abends liefert, entsteht fast alles +ganz im Hause vom Zeichentisch bis zur Verpackung. Nur ein +kleiner Teil der Hüte wird aus den sogenannten +Betriebswerkstätten bezogen, welche Heimarbeiterinnen +beschäftigen. Man belehrt mich über die große Rolle, die +sonst in der Berliner Konfektion diese Art Arbeitsteilung +spielt, bei der der ‚Zwischenmeister‘ von den großen Firmen +nach Musterung der Kollektionen die Stoffe übernimmt und +teils in seinen eigenen Räumen bearbeiten läßt, teils an +Heimarbeiterinnen weitergibt. Solche Zwischenmeister +arbeiten zum Beispiel für die große Schürzenfabrik, die ich +in einem der Riesenhöfe der Köpenickerstraße besuche. Die +hat im Vogtland ihr eigenes Haus, wo der Stoff hergestellt +wird. Hier kommt er dann in Maschinen, die viele Lagen auf +einmal zerschneiden, in fleißige Hände, die jede von ihrer +kleinen Maschine mit einem Griff Hohlsaum oder drei Falten +oder Saumspitzen machen und Knöpfe annähen lassen, welche +fester sitzen als die von Menschenhand. In diesem Betriebe +darf ich auch in die Büroräume eintreten und die neuen +Verbesserungen des kaufmännischen Ressorts kennen lernen. Da +sehe ich Rechenmaschinen, die multiplizieren, Markenkleb- +und Aufdruckmaschinen, neuartige Kartotheken und an der Wand +Karten mit den Wanderplänen der Reisenden, auf die unten in +der Garage die Musterkoffer zu zwanzig und zwanzig in großen +Autos warten. + +Ein ganzes Studium wäre die Basareinteilung von Berlin. Es +gibt da, abgesehen von den großen Quartiers der Tischlerei +und Metallbearbeitung, der Hausindustrie, der Wollwaren, der +Konfektion noch besondere Spezialitäten, zum Beispiel eine +Straße, in der seit vielen Jahrzehnten Beleuchtungskörper +hergestellt werden, die Ritterstraße. Am Moritzplatz ist das +internationale Exportlager gewisser Artikel, die aus dem +Erzgebirge, Thüringen und Nordböhmen kommen, wie +Schaukelpferde, Teepuppen, Frisierkämme, Jesusfiguren, +Zinnsoldaten und Gummikavaliere. Die ganze Seydelstraße +entlang stehen gespensterhaft in den Schaufenstern die +Puppen der Büsten- und Wachskopffabriken, die Attrappen und +‚Stilfiguren‘ der ‚Schaufensterkunst‘, die in Tausenden von +Exemplaren durch ganz Deutschland und weiter wandern, um +Hemden, Kleider, Mäntel und Hüte zu tragen. Interessant, was +für Gesichter die wachsköpfigen Mannequins schneiden! Mit +spitzen Mündern fordern sie dich heraus, schmale Augen +ziehen sie, aus denen der Blick wie Gift tropft. Ihre Wangen +sind nicht Milch und Blut, sondern fahles Gelbgrau mit +grüngoldenen Schatten. Kein Wasserstoffsuperoxyd kann ein so +böses Blond hervorrufen, wie die Tönungen ihres Haars es +haben. Oft sind die Gesichter nur skizzenhaft modelliert und +die angedeuteten Mienen sind dann von besondrer +Verderbtheit. Sowohl in der Steife wie in der sportlichen +Elastizität ihrer Bewegungen ist eine kühle Mischung von +Frechheit und Distinktion, der du Armer nicht wirst +widerstehen können. Aufregend sind die Grade ihrer +Entblößung. Ganz goldnackte strotzen und silberne blinken, +die nichts anhaben als bräunliche Schuhe; freibusige +behalten, sich dir zu entziehen, eine Art Leibschurz und +Strümpfe an. Bemerkenswert sind auch die Männerköpfe, +auffallend die vielen Männer der Tat mit dezidiertem +Ausdruck und winzigen Klebeschnurrbärtchen. Soweit sie +Leiber haben und nicht nur ein Gliederpuppengestell, müssen +sie sie in schwarzen Trikots verbergen, es sei denn, daß sie +sich ganz bekleidet im Frack und Smoking zwischen den +nackten Damen bewegen und dabei noch über Kinder +hinwegschauen, die in blauen Kleidchen und roten +Flatterkrawatten uns etwas vortummeln. + +Aber es gibt im Büstenhof auch Beine einzeln. Und +rätselhafte Gestelle, unten eine Goldkugel, darauf eine Art +Frauentorso, der in einen stilisierten Arm und einen +abgeschnittenen Armstumpf endet. Das wird alles seine +praktische Bewandtnis haben, aber ich starre unwissend in +diese Fülle von Wesen und Wesensteilen, Gestellen und +Gesichtern, von denen einige sogar Brillen tragen. |