From 7c749e36d04ed9c5175d00aa3029d2f70ccca45f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 16:18:38 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/03.html | 98 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 98 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/03.html (limited to 'OEBPS/Text/03.html') diff --git a/OEBPS/Text/03.html b/OEBPS/Text/03.html new file mode 100644 index 0000000..bda03b8 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03.html @@ -0,0 +1,98 @@ + + + + + + + + Dem Genius der Kühnheit. + + + +

Dem Genius der Kühnheit.

+
Eine Hymne.
+ +

Wer bist du? wie zur Beute, breitet
+Das Unermeßliche vor dir sich aus,
+Du Herrlicher! mein Saitenspiel geleitet
+Dich auch hinab in Plutons dunkles Haus;
+So flogen auf Ortygias Gestaden,
+Indeß der Lieder Sturm die Wolken brach,
+Dem Rebengott die taumelnden Mänaden
+In wilder Lust durch Hain und Klüfte nach.

+ +

Einst war, wie mir, der stille Funken
+Zu freier heitrer Flamme dir erwacht,
+Du braustest so, von junger Freude trunken,
+Voll Uebermuths durch deiner Wälder Nacht,
+Als von der Meisterin, der Noth, geleitet,
+Dein ungewohnter Arm die Keule schwang,
+Und drohend sich, vom ersten Feind erbeutet,
+Die Löwenhaut um deine Schulter schlang.

+ +

Wie nun im jugendlichen Kriege
+Heroenkraft mit der Natur sich maß!
+Ach! wie der Geist, vom wunderbaren Siege
+Berauscht, der armen Sterblichkeit vergaß;
+Die stolzen Jünglinge! die kühnen!
+Sie legten froh dem Tieger Fesseln an,
+Sie bändigten, von staunenden Delphinen
+Umtanzt, den königlichen Ozean.

+ +

Oft hör' ich deine Wehre rauschen,
+Du Genius der Kühnen! und die Lust,
+Den Wundern deines Heldenvolks zu lauschen,
+Sie stärkt mir oft die lebensmüde Brust;
+Doch weilst du freundlicher um stille Laren,
+Wo eine Welt der Künstler kühn belebt,
+Wo um die Majestät des Unsichtbaren
+Ein edler Geist der Dichtung Schleier webt.

+ +

Den Geist des Alls und seine Fülle
+Begrüßte Mäons Sohn auf heil'ger Spur,
+Sie stand vor ihm, mit abgelegter Hülle,
+Voll Ernstes da, die ewige Natur;
+Er rief sie kühn vom dunklen Geisterlande,
+Und lächelnd trat, in aller Freuden Chor,
+Entzückender im menschlichen Gewande
+Die namenlose Königin hervor.

+ +

Er sah die dämmernden Gebiete,
+Wohin das Herz in banger Lust begehrt,
+Er streuete der Hoffnung süße Blüthe
+Ins Labyrinth, wo Keiner wiederkehrt,
+Dort glänzte nun in mildem Rosenlichte
+Der Lieb' und Ruh' ein lächelnd Heiligthum,
+Er pflanzte dort der Hesperiden Früchte,
+Dort stillt die Sorgen nun Elysium.

+ +

Doch schrecklich war, du Gott der Kühnen!
+Dein heilig Wort, wenn unter Nacht und Schlaf
+Verkündiger des ew'gen Lichts erschienen,
+Und den Betrug der Wahrheit Flamme traf!
+Wie seinen Blitz aus hoheu Wetternächten
+Der Donnerer auf lange Thale streut,
+So zeigtest du entarteten Geschlechten
+Der Riesen Sturz, der Völker Sterblichkeit.

+ +

Du wogst mit streng gerechter Schale,
+Wenn mit der Wage du das Schwerdt vertauscht,
+Du sprachst, sie wankten, die Sardanapale,
+Vom Taumelkelche deines Zorns berauscht;
+Es schreckt umsonst mit ihrem Tiegergrimme
+Dein Tribunal die alte Finsterniß,
+Du hörtest ernst der Unschuld leise Stimme,
+Und opfertest der heil'gen Nemesis.

+ +

Verlaß mit deinem Götterschilde,
+Verlaß, o du der Kühnen Genius,
+Die Unschuld nie! Gewinne dir und bilde
+Das Herz der Jünglinge mit Siegsgenuß!
+O säume nicht! erwache, strafe, siege!
+Und sichre stets der Wahrheit Majestät,
+Bis aus der Zeit geheimnißvoller Wiege,
+Des Himmels Kind, der ew'ge Friede, geht!

+ + + -- cgit v1.2.3