From 7c749e36d04ed9c5175d00aa3029d2f70ccca45f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 16:18:38 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/08.html | 112 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 112 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/08.html (limited to 'OEBPS/Text/08.html') diff --git a/OEBPS/Text/08.html b/OEBPS/Text/08.html new file mode 100644 index 0000000..fa8d949 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/08.html @@ -0,0 +1,112 @@ + + + + + + + + Diotima. + + + + +

Diotima.

+ + + +

Leuchtest Du wie vormals nieder,
+Goldner Tag! und sprossen mir
+Des Gesanges Blumen wieder
+Lebenathmend auf zu Dir?
+Wie so anders ist's geworden!
+Manches, was ich traurig mied,
+Stimmt in freundlichen Akkorden
+Nun in meiner Freude Lied,
+Und mit jedem Stundenschlage
+Werd' ich wunderbar gemahnt
+An der Kindheit stille Tage,
+Seit ich sie, die Eine, fand.

+ +

Diotima! edles Leben!
+Schwester, heilig mir verwandt!
+Eh' ich Dir die Hand gegeben,
+Hab' ich ferne Dich gekannt.
+Damals schon, da ich in Träumen,
+Mir entlokt vom heitern Tag,
+Unter meines Gartens Bäumen,
+Ein zufriedner Knabe lag,
+Da in leiser Lust und Schöne
+Meiner Seele Mai begann:
+Säuselte, wie Zephyrstöne,
+Göttliche! Dein Hauch mich an.

+ +

Ach! und da, wie eine Sage,
+Jeder frohe Gott mir schwand,
+Da ich vor des Himmels Tage
+Darbend, wie ein Blinder, stand,
+Da die Last der Zeit mich beugte,
+Und mein Leben, kalt und bleich,
+Sehnend schon hinab sich neigte
+In der Todten stummes Reich:
+Wünscht' ich öfters noch, dem blinden
+Wanderer, dies Eine mir,
+Meines Herzens Bild zu finden
+Bei den Schatten oder hier.

+ +

Nun! ich habe Dich gefunden!
+Schöner, als ich ahnend sah,
+Hoffend in den Feierstunden,
+Holde Muse! bist Du da;
+Von den Himmlischen dort oben,
+Wo hinauf die Freundschaft flieht,
+Wo, des Alters überhoben,
+Immerheitre Schöne blüht,
+Scheinst Du mir herabgestiegen,
+Götterbotin! weiltest Du
+Nun in gütigem Genügen
+Bei dem Sänger immerzu!

+ +

Sommerglut und Frühlingsmilde,
+Streit und Friede wechselt hier
+Vor dem stillen Götterbilde
+Wunderbar im Busen mir;
+Zürnend unter Huldigungen,
+Hab ich oft beschämt, besiegt;
+Sie zu fassen, schon gerungen,
+Die mein Kühnstes überfliegt;
+Unzufrieden im Gewinne,
+Hab' ich stolz darob geweint,
+Daß zu herrlich meinem Sinne
+Und zu mächtig sie erscheint.

+ +

Ach! und deine stille Schöne,
+Heilig holdes Angesicht!
+Herz! an deine Himmelstöne
+Ist gewöhnt das meine nicht;
+Aber deine Melodieen
+Heitern mählig mir den Sinn,
+Daß die trüben Träume fliehen,
+Und ich selbst ein Andrer bin;
+Bin ich dazu denn erkoren?
+Ich zu deiner hohen Ruh'?
+So zu Licht und Lust geboren,
+Göttlich Glückliche! wie Du?

+ +

Wie Dein Vater und der meine,
+Der in heitrer Majestät
+Ueber seinem Eichenhaine
+Dort in lichter Höhe geht,
+Wie er in die Meereswogen,
+Wo die kühle Tiefe baut,
+Steigend an des Himmels Bogen,
+Klar und stillt herunterschaut,
+So will ich aus Götterhöhen,
+Neu geweiht in schön'rem Glück,
+Froh zu singen und zu sehen
+Nun zu Sterblichen zurück.

+ + + + + -- cgit v1.2.3