From 7c749e36d04ed9c5175d00aa3029d2f70ccca45f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 16:18:38 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/10.html | 87 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 87 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/10.html (limited to 'OEBPS/Text/10.html') diff --git a/OEBPS/Text/10.html b/OEBPS/Text/10.html new file mode 100644 index 0000000..942bc90 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/10.html @@ -0,0 +1,87 @@ + + + + + + + + Der blinde Sänger. + + + + +

Der blinde Sänger.

+ +

Eλυσεν αἰνον ἀχοϛ ἀπ̕ ὀμματων Aϱηϛ
+Sophocles.

+ +

Wo bist Du, Jugendliches! das immer mich
+Zur Stunde weckt des Morgens, wo bist Du, Licht?
+Das Herz ist wach, doch hält und hemmt in
+Heiligem Zauber die Nacht mich immer.

+ +

Sonst lauscht ich um die Dämmerung gern, sonst harrt'
+Ich gerne Dein am Hügel, und nie umsonst!
+Nie täuschten mich, Du Holdes! Deine
+Boten, die Lüfte, denn immer kamst Du,

+ +

Kamst allbeseligend den gewohnten Pfad
+Herein in Deiner Schöne, wo bist Du Licht?
+Das Herz ist wieder wach, doch bannt und
+Hemmt die unendliche Nacht mich immer.

+ +

Mir grünten sonst die Lauben, es leuchteten
+Die Blumen, wie die eignen Augen, mir,
+Nicht ferne war das Angesicht der
+Lieben, und leuchtete mir, und droben

+ +

Und um die Wälder sah ich die Fittige
+Des Himmels fliegen, da ich ein Jüngling war;
+Nun sitz' ich still allein, von einer
+Stunde zur anderen, und Gestalten

+ +

Aus Lieb und Leid der helleren Tage schafft,
+Zur eignen Freude nun mein Gedanke sich,
+Und ferne lausch' ich hin, ob nicht ein
+Freundlicher Retter vielleicht mir komme.

+ +

Dann hör' ich oft den Wagen des Donneres
+Am Mittag, wenn der eherne nahe kommt
+Und ihm das Haus bebt, und der Boden
+Unter ihm dröhnt, und der Berg es nachhallt.

+ +

Den Retter hör' ich dann in der Nacht, ich hör'
+Ihn tödtend, den Befreier, belebend ihn,
+Den Donnerer, vom Untergang zum
+Orient eilen und ihm nach tönt ihr,

+ +

Ihr meiner Seele Saiten! es lebt mit ihm
+Mein Geist, und wie die Quelle dem Strome folgt,
+Wohin er trachtet, so geleit' ich
+Gerne den Sicheren auf der Irrbahn.

+ +

Wohin? wohin? ich höre Dich da und dort,
+Du Herrlicher! und rings um die Erde tönt's!
+Wo endest Du? und was, was ist es
+Ueber den Wolken? und o wie wird mir!

+ +

Tag! Tag! Du über stürzenden Wolken! sey
+Willkommen mir! es blühet mein Auge Dir.
+O Jugendlicht! o Glück! das alte
+Wieder! doch geistiger rinnst Du nieder,

+ +

Du goldner Quell aus heiligem Kelch! und Du,
+Du grüner Boden! friedliche Wieg'! und Du,
+Haus meiner Väter! und ihr Lieben,
+Die mir begegneten einst, o nahet,

+ +

O kommt, daß euer, euer die Freude sey,
+Ihr alle! daß euch segne der Sehnende!
+O nehmt, daß ich's ertrage, mir das
+Leben, das Göttliche mir vom Herzen!

+ + + + + -- cgit v1.2.3