From 7c749e36d04ed9c5175d00aa3029d2f70ccca45f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 16:18:38 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/61.html | 145 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 145 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/61.html (limited to 'OEBPS/Text/61.html') diff --git a/OEBPS/Text/61.html b/OEBPS/Text/61.html new file mode 100644 index 0000000..03493df --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/61.html @@ -0,0 +1,145 @@ + + + + + + + + Die Herbstfeier. + + + + +

Die Herbstfeier.

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An Siegfried Schmidt.

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1.
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Wieder ein Glück erlebt! Die gefährliche Dürre geneset,
+Und die Schärfe des Lichts senget die Blüthe nicht mehr,
+Offen steht jetzt wieder ein Saal, und gesund ist der Garten,
+Und von Regen erfrischt rauschet das glänzende Thal
+Hoch von Gewächsen, es schwellen die Bäch', und alle gebund'nen
+Fittige wagen sich wieder in's Reich des Gesangs.
+Voll ist die Luft von Fröhlichen jetzt, und die Stadt und der Hain ist
+Rings von zufriedenen Kindern des Himmels erfüllt.
+Gerne begegnen sie sich und irren unter einander,
+Sorgenlos und es scheint keines zu wenig, zu viel.
+Denn so ordnet das Herz es an, und zu athmen die Anmuth,
+Sie, die geschickliche, schenkt ihnen ein göttlicher Geist.
+Aber die Wanderer auch sind wohl geleitet und haben
+Kränze genug und Gesang, haben den heiligen Stab
+Voll geschmückt mit Trauben und Laub, bei sich, und der Fichte
+Schatten; von Dorfe zu Dorf jauchzt es, von Tage zu Tag,
+Und wie Wagen, bespannt mit freiem Wilde, so ziehn die
+Berge voran, und so träget und eilet der Pfad.

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2.
+ +

Aber meinest du nun, es haben die Thore vergebens
+Aufgethan und den Weg freudig die Götter gemacht?
+Und es schenken umsonst zu des Gastmahls Fülle die Guten
+Nebst dem Weine noch auch Blumen und Honig und Obst?
+Schenken das purpurne Licht zu Festgesängen, und kühl und
+Ruhig zu tieferem Freundesgespräche die Nacht?
+Hält ein Ernsteres dich, so spar's dem Winter, und willst du
+Freien, habe Geduld, Freier beglücket der Mai.
+Jetzt ist Anderes Noth, jetzt komm und feire des Herbstes
+Alte Sitte, noch jetzt blühet die edle mit uns.
+Eins nur gilt für den Tag, das Vaterland, und des Opfers
+Festlicher Flamme wirft jeder sein Eigenes zu.
+Darum kränzt der gemeinsame Gott umsäuselnd das Haar uns,
+Und den eigenen Sinn schmelzet, wie Perlen, der Wein.
+Dieß bedeutet der Tisch, der gelehrte, wenn, wie die Bienen,
+Rund um den Eichbaum, wir sitzen und singen um ihn.
+Dieß der Pokale Klang und darum zwinget die wilden
+Seelen der streitenden Männer zusammen der Chor.

+ +
3.
+ +

Aber damit uns nicht, gleich Allzuklugen, entfliehe
+Diese neigende Zeit, komm' ich entgegen sogleich,
+Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben Geburtsort
+Und die Insel des Stroms blaues Gewässer umfließt.
+Heilig ist mir der Ort, an beiden Ufern, der Fels auch,
+Der mit Garten und Hausgrün aus den Wellen sich hebt.
+Dort begegnen wir uns, o gütiges Licht! wo zuerst mich,
+Deiner gefühlteren Stralen mich einer betraf.
+Dort begann und beginnt das liebe Leben von Neuem,
+Aber des Vaters Grab seh' ich, und weine dir schon?
+Wein' und halt' und habe den Freund und höre das Wort, das
+Einst mir in himmlischer Kunst Leiden der Liebe geheilt.
+Andres erwacht! Ich muß die Landesheroen ihm nennen!
+Barbarossa! dich auch, gütiger Christoph, und dich
+Konradin! wie du fielst, so fallen Starke, der Epheu
+Grünt am Fels, und die Burg deckt das bacchantische Laub,
+Doch Vergangenes ist, wie Künftiges, heilig den Sängern,
+Und in Tagen des Herbsts sühnen die Schatten wir aus.

+ +
4.
+ +

So der Gewalt'gen gedenk und des herzerhebenden Schicksals,
+Thatlos selber und leicht, aber vom Aether doch auch
+Angeschauet und fromm, wie die Alten, die göttlicherzognen
+Freudigen Dichter, ziehn freudig das Land wir hinauf.
+Groß ist das Werden umher. Dort von den äußersten Bergen
+Stammen der Jünglinge viel, steigen die Hügel herab.
+Quellen rauschen von dort und hundert geschäftige Bäche,
+Kommen bei Tag und bei Nacht nieder und bauen das Land.
+Aber der Meister pflügt in der Mitte des Landes die Furchen
+Ziehet der Neckarstrom, ziehet der Segen herab.
+Und es kommen mit ihm Italiens Lüfte, die See schickt
+Ihre Wolken, sie schickt prächtige Sonnen mit ihm;
+Darum wächset uns auch fast über das Haupt die gewalt'ge
+Fülle, denn hieher ward hier in die Ebne das Gute.
+Reicher den Lieben gebracht, den Landsleuten, doch neidet
+Keiner an Bergen dort ihnen die Gärten, den Wein,
+Oder das üppige Gras und das Korn und die glühenden Bäume,
+Die am Wege gereiht über den Wanderern stehn.

+ +
5.
+ +

Aber indeß wir schaun und die mächtige Freude durchwandeln,
+Fliehet der Weg und der Tag uns, wie den Trunkenen, hin.
+Denn mit heiligem Laub umkränzt erhebet die Stadt schon,
+Die gepriesene, dort, leuchtend ihr priesterlich Haupt.
+Herrlich steht sie, und hält den Rebenstab und die Tanne
+Hoch in den seligen purpurnen Wolken empor.
+Sey uns hold, dem Gast und dem Sohn, o Fürstin der Heimath,
+Glückliches Stuttgart! nimm freundlich den Fremdling mir auf!
+Immer hast du Gesang mit Flöten und Saiten gebilligt,
+Wie ich glaub', und des Lieds kindlich Geschwätz, und der Mühn
+Süße Vergessenheit bei gegenwärtigem Geiste,
+Drum erfreuest du auch gerne den Sängern das Herz.
+Aber ihr, ihr Größeren auch, ihr Frohen, die allzeit
+Leben und walten, erkannt, oder gewaltiger auch,
+Wenn ihr wirket und schafft in heiliger Nacht und alleinherrscht,
+Und allmählig emporziehet ein ahnendes Volk,
+Bis die Jünglinge sich der Väter droben erinnern,
+Mündig und hell vor euch steht der besonnene Mensch.
+Engel des Vaterlands! o ihr, vor denen das Auge,
+Sey's auch stark, und das Knie bricht dem vereinzelten Mann,
+Daß er halten sich muß an die Freund' und bitten die Theuern,
+Daß sie tragen mit ihm all die beglückende Last,
+Habt, o Gütige, Dank für den und alle die Andern,
+Die mein Leben, mein Gut unten den Sterblichen sind.

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6.
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Aber die Nacht kommt! Laß uns eilen, zu feyern das Herbstfest.
+Heut noch! voll ist das Herz, aber das Leben ist kurz,
+Und was uns der himmlische Tag zu sagen geboten,
+Das zu nennen, mein Schmidt, reichen wir Beide nicht aus.
+Trefliche bring' ich dir und das Freudenfeuer wird hoch auf
+Schlagen, und heiliger soll sprechen das kühnere Wort.
+Siehe! da ist es rein! Und des Gottes freundliche Gaben
+Die wir theilen, sie sind zwischen den Liebenden nur
+Anderes nicht — o kommt, o macht es wahr! denn allein ja
+Bin ich und Niemand nimmt mir von der Stirne den Traum?
+Kommt und reicht, ihr Lieben, die Hand! das möge genug seyn,
+Aber die größere Luft sparen dem Enkel wir auf.

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