From 7c749e36d04ed9c5175d00aa3029d2f70ccca45f Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 16:18:38 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/67.html | 139 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 139 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/67.html (limited to 'OEBPS/Text/67.html') diff --git a/OEBPS/Text/67.html b/OEBPS/Text/67.html new file mode 100644 index 0000000..1799586 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/67.html @@ -0,0 +1,139 @@ + + + + + + + + Die Wanderung. + + + + +

Die Wanderung.

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Glückselig Sunvien, meine Mutter!
+Auch du, der glänzenderen, der Schwester
+Lombarda drüben gleich,
+Von hundert Bächen durchflossen!
+Und Bäume genug, weißblühend und röthlich,
+Und dunklere, wild, tief grünendes Laub's voll —
+Und Alpengebirg auch überschattet,
+Uraltes, dich; denn nah dem Herde des Hauses
+Wohnst du, und hörst, wie drinnen
+Aus silbernen Opferschalen
+Der Quell rauscht, ausgeschüttet
+Von reinen Händen, wenn berührt
+Von warmen Stralen
+Krystallenes Eis, und umgestürzt
+Vom leichtanregenden Lichte
+Der schneeige Gipfel übergießt die Erde
+Mit reinestem Wasser. Darum ist
+Dir angeboren die Treue. Schwer verläßt
+Was nahe dem Ursprung wohnet, den Ort.
+Und deine Kinder, die Städte
+Am weithindämmernden See,
+An Neckars Weiden, am Rheine,
+Sie alle meinen, es wäre
+Sonst nirgend besser zu wohnen.
+Ich aber will dem Kaukasos zu!
+Denn sagen hört' ich
+Noch heut in den Lüften:
+Frei sey'n, wie Schwalben, die Dichter.
+Auch hat in jüngern Tagen
+Sonst Eines mir vertraut:
+Es seyen vor alter Zeit
+Die Unsrigen einst, ein sinnig Geschlecht,
+Still fortgezogen von Wellen der Donau,
+Dort mit der Sonne Kindern
+Am Sommertage, da diese
+Sich Schatten suchten, zusammen
+Am schwarzen Meere gekommen,
+Und nicht umsonst sey dieß
+Das gastfreundliche genennet.
+Denn als ihr Staunen vorüber war,
+Da nahten die Andern zuerst; dann setzten auch
+Die Unseren sich neugierig unter den Oelbaum.
+Doch, als sich ihre Gewande berührt,
+Und Keiner vernehmen konnte
+Die eigene Rede des Andern, wäre wohl
+Entstanden ein Zwist, wenn nicht aus Zweigen herunter
+Gekommen wäre die Kühlung,
+Die Lächeln über das Angesicht
+Der Streitenden öfters breitet; und eine Weile
+Sah'n still sie auf. Dann reichten sie sich
+Die Hände liebend einander. Und bald
+Vertauschten sie Waffen und all'
+Die lieben Güter des Hauses,
+Vertauschten das Wort auch und es wünschten
+Die freundlichen Väter umsonst nichts
+Beim Hochzeitjubel den Kindern.
+Denn aus den Heiligvermählten
+Wuchs schöner, denn Alles,
+Was vor und nach
+Von Menschen sich nannt', ein Geschlecht auf.
+Wo aber wohnt ihr, liebe Verwandten,
+Daß wir das Bündniß wiederbegehn,
+Und der theuern Ahnen gedenken?
+Dort an den Ufern, unter den Bäumen
+Ionias, in Ebenen des Kaystros,
+Wo Kraniche, des Aethers froh,
+Umschlossen sind von fernhindämmernden Bergen,
+Dort wart auch ihr, ihr Schönsten! oder pflegtet
+Der Inseln, die, mit Wein bekränzt,
+Voll tönten von Gesang; noch Andere wohnten
+Am Tayget, am vielgepriesnen Hymettos,
+Und diese blühten zuletzt. Doch von
+Parnassos Quell bis zu des Tmolos
+Goldglänzenden Bächen erklang
+Ein ewig Lied, So rauschten
+Die heiligen Wälder und all'
+Die Saitenspiele zusammt,
+Von himmlischer Milde gerühret.
+O Land des Homer!
+Am purpurnen Kirschbaum, oder wenn,
+Von dir gesandt, im Weinberg mir
+Die jungen Pfirsiche grünen,
+Und die Schwalbe fernher kommt und Vieles erzählend
+An meinen Wänden ihr Haus baut, in
+Den Tagen des Mais, auch unter den Sternen
+Gedenk' ich, o Ionia! dein. Doch Menschen
+Ist Gegenwärtiges lieb. Drum bin ich
+Gekommen, euch, ihr Inseln, zu sehn und euch,
+Ihr Mündungen der Ströme, o ihr Hallen der Thetis,
+Ihr Wälder euch, und euch, ihr Wolken des Ida!
+Doch nicht zu bleiben gedenk' ich,
+Unfreundlich ist und schwer zu gewinnen
+Die Verschlossene, der ich entkommen, die Mutter.
+Von ihren Söhnen einer, der Rhein,
+Mit Gewalt wollt' er an's Herz ihr stürzen und schwand,
+Der Zurückgestoßene, niemand weiß, wohin in die Ferne.
+Doch so nicht wünscht' ich gegangen zu seyn
+Von ihr, und nur euch einzuladen
+Bin ich zu euch, ihr Grazien Griechenlands,
+Ihr Himmelstöchter gewandert,
+Daß wenn die Reise zu weit nicht ist,
+Zu uns ihr kommet, ihr Holden!
+Wenn milder athmen die Lüfte,
+Und liebende Pfeile der Morgen
+Uns Allzugeduldigen schickt,
+Und leichte Gewölke blühn
+Uns über den schüchternen Augen,
+Dann werden wir sagen, wie kommt,
+Ihr Charitinnen, zu Wilden?
+Die Dienerinnen des Himmels
+Sind aber wunderbar,
+Wie alles Göttlichgeborne.
+Zum Traume wird's ihm, will es Einer
+Beschleichen und straft den, der
+Ihm gleichen will mit Gewalt.
+Oft überrascht es den,
+Der eben kaum es gehofft hat.

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