<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> <!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> <html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> <head> <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> <title>Dem Genius der Kühnheit.</title> </head> <body> <h4>Dem Genius der Kühnheit.</h4> <div class="spaced subtitle">Eine Hymne.</div> <p>Wer bist du? wie zur Beute, breitet<br /> Das Unermeßliche vor dir sich aus,<br /> Du Herrlicher! mein Saitenspiel geleitet<br /> Dich auch hinab in Plutons dunkles Haus;<br /> So flogen auf Ortygias Gestaden,<br /> Indeß der Lieder Sturm die Wolken brach,<br /> Dem Rebengott die taumelnden Mänaden<br /> In wilder Lust durch Hain und Klüfte nach.</p> <p>Einst war, wie mir, der stille Funken<br /> Zu freier heitrer Flamme dir erwacht,<br /> Du braustest so, von junger Freude trunken,<br /> Voll Uebermuths durch deiner Wälder Nacht,<br /> Als von der Meisterin, der Noth, geleitet,<br /> Dein ungewohnter Arm die Keule schwang,<br /> Und drohend sich, vom ersten Feind erbeutet,<br /> Die Löwenhaut um deine Schulter schlang.</p> <p>Wie nun im jugendlichen Kriege<br /> Heroenkraft mit der Natur sich maß!<br /> Ach! wie der Geist, vom wunderbaren Siege<br /> Berauscht, der armen Sterblichkeit vergaß;<br /> Die stolzen Jünglinge! die kühnen!<br /> Sie legten froh dem Tieger Fesseln an,<br /> Sie bändigten, von staunenden Delphinen<br /> Umtanzt, den königlichen Ozean.</p> <p>Oft hör' ich deine Wehre rauschen,<br /> Du Genius der Kühnen! und die Lust,<br /> Den Wundern deines Heldenvolks zu lauschen,<br /> Sie stärkt mir oft die lebensmüde Brust;<br /> Doch weilst du freundlicher um stille Laren,<br /> Wo eine Welt der Künstler kühn belebt,<br /> Wo um die Majestät des Unsichtbaren<br /> Ein edler Geist der Dichtung Schleier webt.</p> <p>Den Geist des Alls und seine Fülle<br /> Begrüßte Mäons Sohn auf heil'ger Spur,<br /> Sie stand vor ihm, mit abgelegter Hülle,<br /> Voll Ernstes da, die ewige Natur;<br /> Er rief sie kühn vom dunklen Geisterlande,<br /> Und lächelnd trat, in aller Freuden Chor,<br /> Entzückender im menschlichen Gewande<br /> Die namenlose Königin hervor.</p> <p>Er sah die dämmernden Gebiete,<br /> Wohin das Herz in banger Lust begehrt,<br /> Er streuete der Hoffnung süße Blüthe<br /> Ins Labyrinth, wo Keiner wiederkehrt,<br /> Dort glänzte nun in mildem Rosenlichte<br /> Der Lieb' und Ruh' ein lächelnd Heiligthum,<br /> Er pflanzte dort der Hesperiden Früchte,<br /> Dort stillt die Sorgen nun Elysium.</p> <p>Doch schrecklich war, du Gott der Kühnen!<br /> Dein heilig Wort, wenn unter Nacht und Schlaf<br /> Verkündiger des ew'gen Lichts erschienen,<br /> Und den Betrug der Wahrheit Flamme traf!<br /> Wie seinen Blitz aus hoheu Wetternächten<br /> Der Donnerer auf lange Thale streut,<br /> So zeigtest du entarteten Geschlechten<br /> Der Riesen Sturz, der Völker Sterblichkeit.</p> <p>Du wogst mit streng gerechter Schale,<br /> Wenn mit der Wage du das Schwerdt vertauscht,<br /> Du sprachst, sie wankten, die Sardanapale,<br /> Vom Taumelkelche deines Zorns berauscht;<br /> Es schreckt umsonst mit ihrem Tiegergrimme<br /> Dein Tribunal die alte Finsterniß,<br /> Du hörtest ernst der Unschuld leise Stimme,<br /> Und opfertest der heil'gen Nemesis.</p> <p>Verlaß mit deinem Götterschilde,<br /> Verlaß, o du der Kühnen Genius,<br /> Die Unschuld nie! Gewinne dir und bilde<br /> Das Herz der Jünglinge mit Siegsgenuß!<br /> O säume nicht! erwache, strafe, siege!<br /> Und sichre stets der Wahrheit Majestät,<br /> Bis aus der Zeit geheimnißvoller Wiege,<br /> Des Himmels Kind, der ew'ge Friede, geht!</p> </body> </html>