<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> <!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> <html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> <head> <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> <title>Der blinde Sänger.</title> </head> <body> <h4>Der blinde Sänger.</h4> <blockquote><p>Eλυσεν αἰνον ἀχοϛ ἀπ̕ ὀμματων Aϱηϛ<br /> <cite>Sophocles.</cite></p></blockquote> <p>Wo bist Du, Jugendliches! das immer mich<br /> Zur Stunde weckt des Morgens, wo bist Du, Licht?<br /> Das Herz ist wach, doch hält und hemmt in<br /> Heiligem Zauber die Nacht mich immer.</p> <p>Sonst lauscht ich um die Dämmerung gern, sonst harrt'<br /> Ich gerne Dein am Hügel, und nie umsonst!<br /> Nie täuschten mich, Du Holdes! Deine<br /> Boten, die Lüfte, denn immer kamst Du,</p> <p>Kamst allbeseligend den gewohnten Pfad<br /> Herein in Deiner Schöne, wo bist Du Licht?<br /> Das Herz ist wieder wach, doch bannt und<br /> Hemmt die unendliche Nacht mich immer.</p> <p>Mir grünten sonst die Lauben, es leuchteten<br /> Die Blumen, wie die eignen Augen, mir,<br /> Nicht ferne war das Angesicht der<br /> Lieben, und leuchtete mir, und droben</p> <p>Und um die Wälder sah ich die Fittige<br /> Des Himmels fliegen, da ich ein Jüngling war;<br /> Nun sitz' ich still allein, von einer<br /> Stunde zur anderen, und Gestalten</p> <p>Aus Lieb und Leid der helleren Tage schafft,<br /> Zur eignen Freude nun mein Gedanke sich,<br /> Und ferne lausch' ich hin, ob nicht ein<br /> Freundlicher Retter vielleicht mir komme.</p> <p>Dann hör' ich oft den Wagen des Donneres<br /> Am Mittag, wenn der eherne nahe kommt<br /> Und ihm das Haus bebt, und der Boden<br /> Unter ihm dröhnt, und der Berg es nachhallt.</p> <p>Den Retter hör' ich dann in der Nacht, ich hör'<br /> Ihn tödtend, den Befreier, belebend ihn,<br /> Den Donnerer, vom Untergang zum<br /> Orient eilen und ihm nach tönt ihr,</p> <p>Ihr meiner Seele Saiten! es lebt mit ihm<br /> Mein Geist, und wie die Quelle dem Strome folgt,<br /> Wohin er trachtet, so geleit' ich<br /> Gerne den Sicheren auf der Irrbahn.</p> <p>Wohin? wohin? ich höre Dich da und dort,<br /> Du Herrlicher! und rings um die Erde tönt's!<br /> Wo endest Du? und was, was ist es<br /> Ueber den Wolken? und o wie wird mir!</p> <p>Tag! Tag! Du über stürzenden Wolken! sey<br /> Willkommen mir! es blühet mein Auge Dir.<br /> O Jugendlicht! o Glück! das alte<br /> Wieder! doch geistiger rinnst Du nieder,</p> <p>Du goldner Quell aus heiligem Kelch! und Du,<br /> Du grüner Boden! friedliche Wieg'! und Du,<br /> Haus meiner Väter! und ihr Lieben,<br /> Die mir begegneten einst, o nahet,</p> <p>O kommt, daß euer, euer die Freude sey,<br /> Ihr alle! daß euch segne der Sehnende!<br /> O nehmt, daß ich's ertrage, mir das<br /> Leben, das Göttliche mir vom Herzen!</p> </body> </html>