An Siegfried Schmidt.
Wieder ein Glück erlebt! Die gefährliche Dürre geneset,
Und die Schärfe des Lichts senget die Blüthe nicht mehr,
Offen steht jetzt wieder ein Saal, und gesund ist der Garten,
Und von Regen erfrischt rauschet das glänzende Thal
Hoch von Gewächsen, es schwellen die Bäch', und alle gebund'nen
Fittige wagen sich wieder in's Reich des Gesangs.
Voll ist die Luft von Fröhlichen jetzt, und die Stadt und der Hain ist
Rings von zufriedenen Kindern des Himmels erfüllt.
Gerne begegnen sie sich und irren unter einander,
Sorgenlos und es scheint keines zu wenig, zu viel.
Denn so ordnet das Herz es an, und zu athmen die Anmuth,
Sie, die geschickliche, schenkt ihnen ein göttlicher Geist.
Aber die Wanderer auch sind wohl geleitet und haben
Kränze genug und Gesang, haben den heiligen Stab
Voll geschmückt mit Trauben und Laub, bei sich, und der Fichte
Schatten; von Dorfe zu Dorf jauchzt es, von Tage zu Tag,
Und wie Wagen, bespannt mit freiem Wilde, so ziehn die
Berge voran, und so träget und eilet der Pfad.
Aber meinest du nun, es haben die Thore vergebens
Aufgethan und den Weg freudig die Götter gemacht?
Und es schenken umsonst zu des Gastmahls Fülle die Guten
Nebst dem Weine noch auch Blumen und Honig und Obst?
Schenken das purpurne Licht zu Festgesängen, und kühl und
Ruhig zu tieferem Freundesgespräche die Nacht?
Hält ein Ernsteres dich, so spar's dem Winter, und willst du
Freien, habe Geduld, Freier beglücket der Mai.
Jetzt ist Anderes Noth, jetzt komm und feire des Herbstes
Alte Sitte, noch jetzt blühet die edle mit uns.
Eins nur gilt für den Tag, das Vaterland, und des Opfers
Festlicher Flamme wirft jeder sein Eigenes zu.
Darum kränzt der gemeinsame Gott umsäuselnd das Haar uns,
Und den eigenen Sinn schmelzet, wie Perlen, der Wein.
Dieß bedeutet der Tisch, der gelehrte, wenn, wie die Bienen,
Rund um den Eichbaum, wir sitzen und singen um ihn.
Dieß der Pokale Klang und darum zwinget die wilden
Seelen der streitenden Männer zusammen der Chor.
Aber damit uns nicht, gleich Allzuklugen, entfliehe
Diese neigende Zeit, komm' ich entgegen sogleich,
Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben Geburtsort
Und die Insel des Stroms blaues Gewässer umfließt.
Heilig ist mir der Ort, an beiden Ufern, der Fels auch,
Der mit Garten und Hausgrün aus den Wellen sich hebt.
Dort begegnen wir uns, o gütiges Licht! wo zuerst mich,
Deiner gefühlteren Stralen mich einer betraf.
Dort begann und beginnt das liebe Leben von Neuem,
Aber des Vaters Grab seh' ich, und weine dir schon?
Wein' und halt' und habe den Freund und höre das Wort, das
Einst mir in himmlischer Kunst Leiden der Liebe geheilt.
Andres erwacht! Ich muß die Landesheroen ihm nennen!
Barbarossa! dich auch, gütiger Christoph, und dich
Konradin! wie du fielst, so fallen Starke, der Epheu
Grünt am Fels, und die Burg deckt das bacchantische Laub,
Doch Vergangenes ist, wie Künftiges, heilig den Sängern,
Und in Tagen des Herbsts sühnen die Schatten wir aus.
So der Gewalt'gen gedenk und des herzerhebenden Schicksals,
Thatlos selber und leicht, aber vom Aether doch auch
Angeschauet und fromm, wie die Alten, die göttlicherzognen
Freudigen Dichter, ziehn freudig das Land wir hinauf.
Groß ist das Werden umher. Dort von den äußersten Bergen
Stammen der Jünglinge viel, steigen die Hügel herab.
Quellen rauschen von dort und hundert geschäftige Bäche,
Kommen bei Tag und bei Nacht nieder und bauen das Land.
Aber der Meister pflügt in der Mitte des Landes die Furchen
Ziehet der Neckarstrom, ziehet der Segen herab.
Und es kommen mit ihm Italiens Lüfte, die See schickt
Ihre Wolken, sie schickt prächtige Sonnen mit ihm;
Darum wächset uns auch fast über das Haupt die gewalt'ge
Fülle, denn hieher ward hier in die Ebne das Gute.
Reicher den Lieben gebracht, den Landsleuten, doch neidet
Keiner an Bergen dort ihnen die Gärten, den Wein,
Oder das üppige Gras und das Korn und die glühenden Bäume,
Die am Wege gereiht über den Wanderern stehn.
Aber indeß wir schaun und die mächtige Freude durchwandeln,
Fliehet der Weg und der Tag uns, wie den Trunkenen, hin.
Denn mit heiligem Laub umkränzt erhebet die Stadt schon,
Die gepriesene, dort, leuchtend ihr priesterlich Haupt.
Herrlich steht sie, und hält den Rebenstab und die Tanne
Hoch in den seligen purpurnen Wolken empor.
Sey uns hold, dem Gast und dem Sohn, o Fürstin der Heimath,
Glückliches Stuttgart! nimm freundlich den Fremdling mir auf!
Immer hast du Gesang mit Flöten und Saiten gebilligt,
Wie ich glaub', und des Lieds kindlich Geschwätz, und der Mühn
Süße Vergessenheit bei gegenwärtigem Geiste,
Drum erfreuest du auch gerne den Sängern das Herz.
Aber ihr, ihr Größeren auch, ihr Frohen, die allzeit
Leben und walten, erkannt, oder gewaltiger auch,
Wenn ihr wirket und schafft in heiliger Nacht und alleinherrscht,
Und allmählig emporziehet ein ahnendes Volk,
Bis die Jünglinge sich der Väter droben erinnern,
Mündig und hell vor euch steht der besonnene Mensch.
Engel des Vaterlands! o ihr, vor denen das Auge,
Sey's auch stark, und das Knie bricht dem vereinzelten Mann,
Daß er halten sich muß an die Freund' und bitten die Theuern,
Daß sie tragen mit ihm all die beglückende Last,
Habt, o Gütige, Dank für den und alle die Andern,
Die mein Leben, mein Gut unten den Sterblichen sind.
Aber die Nacht kommt! Laß uns eilen, zu feyern das Herbstfest.
Heut noch! voll ist das Herz, aber das Leben ist kurz,
Und was uns der himmlische Tag zu sagen geboten,
Das zu nennen, mein Schmidt, reichen wir Beide nicht aus.
Trefliche bring' ich dir und das Freudenfeuer wird hoch auf
Schlagen, und heiliger soll sprechen das kühnere Wort.
Siehe! da ist es rein! Und des Gottes freundliche Gaben
Die wir theilen, sie sind zwischen den Liebenden nur
Anderes nicht — o kommt, o macht es wahr! denn allein ja
Bin ich und Niemand nimmt mir von der Stirne den Traum?
Kommt und reicht, ihr Lieben, die Hand! das möge genug seyn,
Aber die größere Luft sparen dem Enkel wir auf.