Mekades. Hermokrates.
Hörst du das trunk'ne Volk?
Sie suchen ihn.
Der Geist des Manns
Ist mächtig unter ihnen.
Ich weiß, wie dürres Gras
Entzünden sich die Menschen.
Daß Einer so die Menge bewegt, mir ist's,
Als wie wenn Jovis Blitz den Wald
Ergreift, und furchtbarer.
Drum binden wir den Menschen auch
Das Band um's Auge, daß sie nicht
Zu kräftig sich am Lichte nähren.
Nicht gegenwärtig werden
Darf Göttliches vor ihnen,
Es darf ihr Herz
Lebendiges nicht finden.
Kennst du die Alten nicht,
Die Lieblinge des Himmels man nennt?
Sie nährten die Brust
An Kräften der Welt
Und den Hellaufblickenden war
Unsterbliches nahe,
Drum beugten die Stolzen
Das Haupt auch nicht,
Und vor den Gewaltigen konnt'
Ein Anderes nicht bestehn,
Es ward verwandelt vor ihnen.
Und er?
Das hat zu mächtig ihn
Gemacht, daß er vertraut
Mit Göttern worden ist.
Es tönt sein Wort dem Volk'
Als käm es vom Olymp;
Sie danken's ihm,
Daß er vom Himmel raubet
Die Lebensflamm' und sie
Verräth den Sterblichen.
Sie wissen nichts, denn ihn,
Er soll ihr Gott
Er soll ihr König seyn.
Sie sagen, es hab' Apoll
Die Stadt gebaut den Trojern,
Doch besser sey, es helf'
Ein hoher Mann durch's Leben.
Noch sprechen sie viel Unverständiges
Von ihm und achten kein Gesetz
Und keine Noth und keine Sitte.
Ein Irrgestirn ist unser Volk
Geworden und ich fürcht',
Es deute dieses Zeichen
Zukünft'ges noch, das er
Im stillen Sinne brütet.
Sey ruhig, Mekades!
Er wird nicht.
Bist du denn mächtiger?
Der sie versteht,
Ist stärker, denn die Starken,
Und wohlbekannt ist dieser Seltne mir.
Zu glücklich wuchs er auf;
Ihm ist von Anbeginn
Der eigne Sinn verwöhnt, daß ihn
Geringes irrt; er wird es büßen,
Daß er zu sehr geliebt die Sterblichen.
Mir ahndet selbst,
Es wird mit ihm nicht lange dauern,
Doch ist es lang genug,
So er erst fällt, wenn ihm's gelungen ist.
Und schon ist er gefallen.
Was sagst du?
Siehst du denn nicht? es haben
Den hohen Geist die Geistesarmen
Geirrt, die Blinden den Verführer.
Die Seele warf er vor das Volk, verrieth
Der Götter Gunst gutmüthig den Gemeinen,
Doch rächend äffte leeren Wiederhall's
Genug denn auch aus todter Brust den Thoren.
Und eine Zeit ertrug er's, grämte sich
Geduldig, wußte nicht,
Wo es gebrach; indessen wuchs
Die Trunkenheit dem Volke; schaudernd
Vernahmen sie's, wenn ihm vom eignen Wort
Der Busen bebt', und sprachen:
So hören wir nicht die Götter!
Und Namen, so ich dir nicht nenne, gaben
Die Knechte dann dem stolzen Trauernden.
Und endlich nimmt der Durstige das Gift,
Der Arme, der mit seinem Sinn nicht
Zu bleiben weiß und Aehnliches nicht findet,
Er tröstet mit der rasenden
Anbetung sich, verblindet, wird wie sie,
Die seelenlosen Aberglaubigen;
Die Kraft ist ihm entwichen,
Er geht in einer Nacht, und weiß sich nicht
Herauszuhelfen und wir helfen ihm.
Deß bist du so gewiß?
Ich kenn' ihn.
Ein übermüthiges Gerede fällt
Mir bei, das er gemacht, da er zuletzt
Auf der Agore war. Ich weiß es nicht,
Was ihm das Volk zuvor gesagt; ich kam
Nur eben, stand von fern; ihr ehret mich,
Antwortet' er, und thuet recht daran;
Denn stumm ist die Natur,
Es leben Sonn' und Luft und Erd' und ihre Kinder
Fremd um einander,
Die Einsamen, als gehörten sie sich nicht.
Wohl wandeln immer kräftig
Im Göttergeiste die freien
Unsterblichen Mächte der Welt
Rings um der andern
Vergänglich Leben,
Doch wilde Pflanzen
Auf wilden Grund
Sind in den Schooß der Götter
Die Sterblichen alle gesäet,
Die Kärglichgenährten, und todt
Erschiene der Boden, wenn Einer nicht
Deß wartete, lebenerweckend,
Und mein ist das Feld. Mir tauschen
Die Kraft und Seele zu Einem
Die Sterblichen und die Götter.
Und wärmer umfangen die ewigen Mächte
Das strebende Herz und kräft'ger gedeihn
Vom Geiste der Freien die fühlenden Menschen,
Und wach ist's! denn ich
Geselle das Fremde,
Das Unbekannte nennet mein Wort,
Und die Liebe der Lebenden trag'
Ich auf und nieder; was Einem gebricht,
Ich bring es vom andern, und binde
Beseelend und wandle verjüngend die zögernde Welt
Und gleiche Keinem und Allen.
So sprach der Uebermüthige.
Das ist noch wenig. Aergers schläft in ihm.
Ich kenn' ihn, kenne sie, die überglücklichen
Verwöhnten Söhne des Himmels,
Die anders nicht, denn ihre Seele, fühlen.
Stört einmal sie der Augenblick heraus —
Und leicht zerstörbar sind die Zärtlichen —
Dann stillet nichts sie wieder, brennend
Treibt eine Wunde sie, unheilbar gährt
Die Brust. Auch er! so still er scheint,
So glüht ihm doch, seit ihm das arme Volk
Den hohen Geist — —
Empedokles. Pausanias.
— — — — — — O jene Zeit!
Ihr Liebeswonnen, da die Seele mir
Von Göttern, wie Endymion, geweckt,
Die kindlich schlummernde, sich öffnete,
Lebendig sie, die Immerjugendlichen,
Des Lebens große Genien
Erkannte — schöne Sonne! Menschen hatten mich
Es nicht gelehrt, mich trieb mein eigen Herz
Unsterblichliebend zu Unsterblichen,
Zu dir, zu dir, ich konnte Göttlichers
Nicht finden, stilles Licht! und so wie du
Das Leben nicht an deinem Tage sparst
Und sorgenfrei der goldnen Fülle dich
Entledigest, so gönnt' auch ich, der deine,
Den Sterblichen die beste Seele gern
Und furchtlos offen gab
Mein Herz, wie du, der ernsten Erde sich,
Der schicksalvollen, ihr in Jünglingsfreude
Das Leben so zu eignen bis zuletzt;
Ich sagt' ihr's oft in trauter Stunde zu,
Band so den theuern Todesbund mit ihr.
Da rauscht' es anders, denn zuvor, im Hain,
Und zärtlich tönten ihrer Berge Quellen —
All' deine Freuden, Erde! wahr, wie sie,
Und warm und voll, aus Müh' und Liebe reifen,
Sie alle gabst du mir. Und wenn ich oft
Auf stiller Bergeshöhe saß und staunend
Der Menschen Irrsal übersann,
Zu tief von deinen Wandlungen ergriffen,
Und nah mein eignes Welken ahnete,
Dann athmete der Aether, so wie dir,
Mir heilend um die liebeswunde Brust,
Und, wie Gewölk der Flamme, löseten
Im hohen Blau die Sorgen mir sich auf.
O Sohn des Himmels!
Euch ruf' ich über das Gefild herein
Vom langsamen Gewölk, ihr heißen Stralen
Des Mittags, ihr gereiftesten, daß ich
An euch den neuen Lebenstag erkenne.
Denn anders ists, wie sonst! vorbei, vorbei
Das menschliche Bekümmerniß! als wüchsen
Mir Schwingen an, so ist mir wohl und leicht
Hier oben, hier, und reich genug und froh
Und herrlich wohn' ich, wo den Feuerkelch,
Mit Geist gefüllt bis an den Rand, bekränzt
Mit Blumen, die er selber sich erzog,
Gastfreundlich mir der Vater Aetna beut.
Und wenn das unterirdische Gewitter
Itzt festlich auferwacht, zum Wolkensitz
Des nahverwandten Donners fliegt hinauf
Und zu den Sternen tönt, da wächst das Herz mir auch.
Mit Adlern sing' ich hier Naturgesang.
Das dacht' er nicht, daß in der Fremde mir
Ein andres Leben blühte, da er mich
Mit Schmach hinweg aus unsrer Stadt verwies,
Mein königlicher Bruder. Ach! er weiß es nicht,
Der kluge, welchen Segen er bereitete,
Da er von Menschenbande los, da er mich frei
Erklärte, frei, wie Fittige des Himmels.
Drum galt es auch! drum waffnete das Volk,
Das mein war, gegen meine Seele sich
Mit Hohn und Fluch.
Und stieß mich aus; und nicht vergebens gellt
Im Ohre mir das hundertstimmige
Gelächter, da der fromme Träumer,
Der närrische, des Weges weinend gieng.
Beim Todtenrichter! wohl hab' ich's verdient!
Und heilsam wars; die Kranken heilt das Gift,
Und eine Sünde straft die anderen.
Denn viel gesündiget von Jugend auf,
Geliebt hab' ich die Menschen ohne Maaß,
Gedient, wie Wasser nur dem Feuer dient.
Darum begegneten auch menschlich sie
Mir nicht, o darum schändeten sie mir
Mein Angesicht, und hielten mich, wie dich,
Allduldende Natur! du hast mich nun,
Du hast mich, und es dämmert zwischen dir
Und mir die alte Liebe wieder auf.
Du rufst, du ziehst mich nah und näher an,
Und hier ist kein Bedenken mehr. Es ruft
Der Gott —
(Da er den Pausanias gewahr wird:)
und diesen Allzutreuen muß
Ich auch befrein, mein Pfad ist seiner nicht.
Pausanias. Empedokles.
Du scheinest freudig auferwacht, mein Wandrer!
Schon hab' ich, Lieber, und vergebens nicht,
Mich in der neuen Heimath umgesehn.
Die Wildniß ist mir hold.
Sie haben uns verbannt, sie haben dich,
Du Gütiger! verschmäht, und glaub' es mir,
Unleidlich warst du ihnen längst und innig.
In ihre Trümmer schien, in ihre Nacht,
Zu helle den Verzweifelten das Licht.
Nun mögen sie vollenden ungestört!
Vergessenheit! o wie ein glücklich Segel,
Bin ich vom Ufer los, —
— — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — —
Nun! lass' sie nur! sie mögen ungestalt
Lichtscheu am Boden taumeln, der sie trägt,
Und allbegehrend, allgeängstiget,
Sich müde rennen. Brennen mag der Brand,
Bis er erlischt; wir wohnen ruhig hier!
Ja! ruhig wohnen wir! es öffnen groß
Sich hier vor uns die heil'gen Elemente.
Die Mühelosen regen immergleich
In ihrer Kraft sich freudig hier um uns.
An seinen festen Ufern wacht und ruft
Das alte Meer; und das Gebirge steigt
Mit seiner Ströme Klang; es wogt und rauscht
Sein grüner Wald von Thal zu Thal hinunter
Und oben weilt das Licht, der Aether stillt
Den Tapfern das geheimere Verlangen.
So bleibst du wohl und bleibst in deiner Welt.
Doch hab' ich schon ein wenig vorgesorgt,
Ich diene dir und sehe, was uns noth ist.
Nur weniges ist noth — — —
— — — — — — — — — — —
Indeß du gut auf kahler Erde hier
In heißer Sonne schliefst, gedacht' ich doch
Ein weicher Boden und die kühle Nacht
In einer sichern Halle wäre besser.
Auch sind wir hier, die Allverdächtigen,
Den Wohnungen der andern fast zu nah,
Nicht lange wollt' ich ferne seyn von dir
Und eilt' hinauf und glücklich fand ich bald,
Für dich und mich gebaut, ein ruhig Haus,
Ein tiefer Fels von Eichen dicht umschirmt,
Dort in der dunkeln Seite des Gebirgs,
Und nah entspringt ein Quell, es grünt umher
Die Fülle guter Pflanzen, und zum Bett
Ist Ueberfluß von Laub und Gras bereitet.
Da lassen sie dich ungeschmäht, und tief und still
Ists, wenn du sinnst, und wenn du schläfst, um dich.
Ein Heiligthum ist mir mit dir die Grotte.
Komm, siehe selbst, und sage nicht, ich tauge
Dir künftig nicht, wem taugt' ich anders denn?
Du taugst zu gut.
Wie könnt' ich dieß?
Auch du
Bist allzutreu, du bist ein thöricht Kind.
Das sagst du wohl, doch klügers weiß ich nicht,
Wie deß zu seyn, dem ich geboren bin.
Wie bist du sicher?
Und ich sollte nicht?
Wofür denn hättest du mir einst, da ich,
Der Waise gleich, am heldenarmen Ufer
Mir einen Schutzgott sucht' und traurig irrte,
Du Gütiger, die Hände mir gereicht?
Wofür mit deinem Auge wärest du
Auf deiner stillen Bahn, du edles Licht,
In meiner Dämmerung mir aufgegangen?
Seitdem bin ich ein anderer,
Und näher dir und einsamer mit dir,
Wächst früher nur die Seele mir und freier.
O still davon!
Was ists? Warum? Wie kann
Ein freundlich Wort dich irren, theurer Mann?
Geh. Folge mir, und schweig' und schone mich,
Und rege du nicht auch das Herz mir auf,
Für mich ist, was vorüber ist, nicht mehr.
Ich weiß es nicht, was dir vorüber ist,
Doch du und ich, wir sind uns ja geblieben!
Sprich lieber mir von anderem, mein Sohn!
Habt ihr zum Dolche die Erinnerung
Nicht mir gemacht? — Nun wundern sie sich noch,
Und treten vor das Auge mir und fragen —
Nein! du bist ohne Schuld, — nur kann ich, Sohn!
Was mir zu nahe kömmt, nicht wohl ertragen.
Und mich, mich stößest du von dir? — — — —
— — — — — — — — — — —
Verstehest du mich auch? Hinweg. Ich hab'
Es dir gesagt: es ist nicht schön, daß du
So ungefragt mir an die Seele dringest,
An meine Seite stets, als wüßtest du
Nichts andres mehr, mit armer Angst dich hängst,
Du mußt es wissen: dir gehör' ich nicht,
Und du nicht mir, und deine Pfade sind
Die meinen nicht; mir blüht es anderswo,
Und was ich mein' es ist von heute nicht,
Da ich geboren wurde, war's beschlossen.
Sieh auf und wag's! was Eines ist, zerbricht,
Die Liebe stirbt in ihrer Knospe nicht
Und überall in freier Freude theilt
Des Lebens luft'ger Baum sich auseinander.
Kein zeitlich Bündniß bleibet, wie es ist;
Wir müssen scheiden, Kind! und halte nur
Mein Schicksal mir nicht auf und zaudre nicht.
O sieh! es glänzt der Erde trunknes Bild,
Das Göttliche, dir gegenwärtig, Jüngling!
Es rauscht und regt durch alle Lande sich
Und wechselt, jung und leicht, mit frommem Ernst
Den luft'gen Reigentanz, womit den Geist
Die Sterblichen, den alten Vater, feyern.
Da gehe du und wandle taumellos
Und menschlich mit und denk' am Abend mein.
Mir aber ziemt die stille Halle, mir
Die hochgelegene, geräumige,
Denn Ruhe brauch' ich wohl, zu träge sind
Die Glieder mir geworden — —
— — — — und hab' ich sonst
Ein feiernd Lied in Jugendlust gesungen,
Zersprungen ist das zarte Saitenspiel.
— — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — —
Das hofft' ich nicht, wenn wir Geächteten
Den Wohnungen der Menschen — —
— — — — — — — — — — —
— — — wenn mit den Thränen dir
Vom Angesichte trof des Himmels Regen,
Wenn lächelnd du das rauhe Sklavenkleid
Mittags an heißer Sonne trocknetest
Auf schattenlosem Sand, wenn du die Spuren
Wohl manche Stunde, wie ein wundes Wild,
Mit deinem Blute zeichnetest, das auf
Den Felsenpfad von nackter Sohle rann.
Ach! darum ließ ich nicht mein Haus, und lud
Des Volkes und des Vaters Fluch mir auf:
Daß du mich, wo du wohnen willst und ruhn,
Wie ein verbraucht Gefäß, bei Seite werfest! — —
Ich wandre mit; zwar steh' ich nicht, wie du
Mit Kräften der Natur im trauten Bunde,
Mir steht, wie dir, Zukünftiges nicht offen.
Doch freudig in der Götter Nacht hinaus
Schwingt seine Fittige mein Geist —
Ja, wär' ich auch ein Schwacher, dennoch wär'
Ich, weil ich so dich liebe, stark, wie du.
Beim göttlichen Herakles! stiegst du auch
Um die Gewaltigen, die drunten sind,
Versöhnend, die Titanen heimzusuchen,
Ins bodenlose Thal, vom Gipfel dort
Und wagtest dich ins Heiligthum des Abgrunds,
Wo duldend vor dem Tage sich das Herz
Der Erde birgt und ihre Schmerzen dir
Die dunkle Mutter sagt — o du der Nacht,
Des Aethers Sohn! ich folgte dir hinunter!
So bleib!
Wie meinst du dieß?
Du giebst
Dich mir; bist mein: so frage nicht!
Es sey!
Und sagst du mirs noch einmal, Sohn? und giebst
Dein Blut und deine Seele mir für immer?
Als hätt' ich so ein loses Wort gesagt,
Und zwischen Schlaf und Wachen dir's versprochen.
Unglaubiger! ich sag's und wiederhol' es.
Auch dieß, auch dieß — es ist von heute nicht:
Da ich geboren wurde, war's beschlossen.
Ich bin nicht, der ich bin, Pausanias
— — — — — — — — — — —
Ein Schimmer nur, der bald vorübergeht,
Im Saitenspiel ein Ton —
So tönen sie,
So schwinden sie zusammen in die Luft!
Und freundlich spricht der Wiederhall von ihnen.
Versuche nun mich länger nicht und laß'
Und gönne du die Ehre mir, die mein ist.
Hab' ich nicht Leid genug, wie du, in mir?
Wie möchtest du mich noch beleidigen?
O alles opfernd Herz! und dieser giebt
Schon mir zu lieb die goldne Jugend hin.
Noch bist du nah, indeß die Stunde flieht,
Und blühest mir, du Freude meiner Augen!
Noch ist's, wie sonst, ich halt' im Arme dich
Und mich bethaut der holde Traum noch einmal.
So Arm in Arm, statt Eines Einsamen
Ein festlich Paar, am Tagesende —
Und gerne nähm' ich, was ich hier geliebt,
Wie seine Quellen all ein edler Strom.
— — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — —
Doch besser ist's, es gehe seinen Pfad
Ein Jeder, wie der Gott es ihm beschieden,
Und billig ist's, und recht, daß überall
Des Menschen Sinn sich eigen angehöre,
Und leichter trägt der Mann die eigne Bürde.
So wachsen ja des Waldes Eichen auch,
Und Keines kennt, so alt sie sind, das Andre.
Du sagst es mir, und wahr ists wohl, und lieb
Ist billig mir dieß letzte Wort von dir.
So geh' ich denn! ich störe deine Ruhe
Dir künftig nicht, auch meinest du es gut,
Daß meinem Sinne nicht die Stille tauge.
Doch, Lieber! zürnst du nicht?
Mit dir? mit dir?
Was ist es denn? ja! weißst du nun, wohin?
Gebiet' es mir!
Es war mein letzt Gebot
Pausanias! die Herrschaft ist zu Ende.
Mein Vater! rathe mir!
Wohl manches sollt'
Ich sagen, doch verschweig' ichs,
Es will zu sterblichem Gespräche mir
Und eitlem Wort die Zunge nimmer dienen.
Sieh! Liebster! anders ist mir schon, und leichter
Und freier athm' ich auf, und wie der Schnee
Des hohen Aetna, der am Sonnenlichte
Erwarmt und schimmert und vom Gipfel wogt,
Und über den entstürzenden Gewässern
Sich blühend Iris stiller Bogen schwingt:
So rinnt und reißt vom Herzen mir sich los,
So rauscht es weg, was mir die Zeit gehäuft,
Und freier blüht das Leben mir darüber.
Nun! wandre muthig, Sohn! ich geb' und küsse
Verheissungen dir auf die reine Stirn:
Es dämmert dort Italiens Gebirg;
Das Römerland, das thatenreiche, winkt;
Dort wirst du wohl gedeihn, dort, wo sich froh
Die Männer in der Kämpferbahn begegnen.
O Heldenstädte dort, und du Tarent!
Ihr brüderlichen Hallen, wo ich oft
Frohsinnend einst mit meinem Plato ging,
Und immer neu uns Jünglingen das Jahr
Und jeder Tag erschien in heil'ger Schule.
Besuch' ihn auch, o Sohn! und grüss' ihn mir,
Den alten Freund, an seiner Heimat Strömen,
Am blumigen Ilissus, wo er wohnt;
Und will die Seele dir nicht ruhn, so geh'
Zum andern Strande, — — —
Dort hörest du das ernste Saitenspiel,
Dort wird dir vieles heller seyn und offner
— — — — — — — — — — —
Empedokles. Der Greis. (Manes.)
Willkommen hier! was suchst du, Empedokles?
Wer bist du, Mann?
Ein Sterblicher, wie du.
Zu rechter Zeit gesandt, dir, der du dich
Des Himmels Liebling dünkst, des Himmels Zorn,
Des Gottes, der nicht müßig ist, zu sagen.
Ha! kennst du den?
Ich habe manches dir
Am fernen Nil gesagt.
Und du? du hier?
Kein Wunder ist's! Seit ich den Lebenden
Gestorben, stehen mir die Schatten auf!
Die Schatten reden nicht, wo du sie fragst.
Doch, wenn du eines Worts bedarfst, vernimm!
Die Stimme, die mich ruft, vernehm' ich selbst.
So wird es mit dir? — sprich!
Was soll die Rede, Fremder?
Ja! fremde bin ich hier, und unter Kindern!
Das seyd ihr Griechen all! Ich hab' es oft
Vormals gesagt. Doch wolltest du mir nicht
Wie dirs ergieng bei deinem Volke, sagen?
Was mahnst du mich, was rufst mir noch einmal —
Mir ging es, wie es soll.
Ich wußt' es auch
Schon längst voraus, ich hab' es dir geweissagt.
Nun denn! was hältst du es noch auf? was drohst
Du mit der Flamme mir des Gottes, den
Ich kenne, dem ich gern zum Spiele diene;
Und richtest mir mein heilig Recht, du Blinder!
Was dir begegnen muß, ich ändr' es nicht.
So kamst du her, zu sehen, wie es wird?
O scherze nicht, und ehre doch dein Fest,
Umkränze dir dein Haupt, und schmück' es aus,
Das Opferthier, das nicht vergebens fällt.
Der jähe Tod, er ist von Anbeginn,
Das weißt du wohl, den Unverständigen
Die deinesgleichen sind, zuvor beschieden.
Du willst es, und so sey's, doch sollst du mir
Nicht unbesonnen, wie du bist, hinab,
Ich hab' ein Wort, und dieß bedenke, Trunkner!
Nur Einer darfs in dieser Zeit, nur Einer,
Nur Einen adelt' sie, die schwarze Stunde,
Ein Größrer ists, denn ich! denn wie die Rebe
Von Erd' und Himmel zeugt, wenn sie getränkt
Von hoher Sonn' aus dunklem Boden steigt,
So wächst er auf, aus Licht und Nacht geboren:
Es gährt um ihn die Welt, was irgend nur
Beweglich und verderbend ist im Busen
Der Sterblichen, ist aufgeregt von Grund aus,
Der Herr der Zeit, um seine Herrschaft bang,
Thront finster blickend über der Empörung,
Sein Tag erlischt, und seine Blitze rauchen.
Doch was von oben flammt, entzündet nur,
Und was von unten strebt, die wilde Zwietracht.
Der Eine doch, der neue Retter, faßt
Des Himmels Stralen ruhig auf, und liebend
Nimmt er, was sterblich ist, an seinen Busen,
Und milde wird in ihm der Streit der Welt,
Die Menschen und die Götter söhnt er aus,
Und näher wieder leben sie, wie vormals.
Und daß, wenn er erschienen ist, der Sohn
Nicht größer, denn die Eltern sey, und nicht
Der heil'ge Lebensgeist gefesselt bleibe,
Vergessen über ihm, dem Einzigen,
So lenkt er aus, der Abgott seiner Zeit,
Zerbricht, er selbst, damit durch seine Hand
Dem Reinen das Nothwendige geschehe,
Sein eigen Glück, das ihm zu glücklich ist,
Und giebt, was er besaß, dem Element,
Das ihn verherrlichte, geläutert wieder. —
Bist du der Mann? derselbe? bist du der?
Ich kenne dich im finstern Wort, und du,
Du Alles Wissender! erkennst mich auch.
O sage, wer du bist! und wer bin ich?
— — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — —
Ein Knabe war ich, wußte nicht, was mir
Ums Auge fremd am Tage sich bewegt',
Und wunderbar umfiengen mir die großen
Gestalten dieser Welt, die freudigen,
Mein unerfahren schlummernd Herz im Busen.
Und staunend hört' ich oft die Wasser gehn,
Und sah die Sonne blühn, und sich an ihr
Den Jugendtag der stillen Erd' entzünden.
Da ward in mir Gesang, und helle ward
Mein dämmernd Herz im dichtenden Gebet, —
Wenn ich die Fremdlinge, die gegenwärt'gen,
Die Götter der Natur, mit Namen nannte,
Und mir der Geist im Wort — — —
Im seligen, des Lebens Räthsel lös'te.
So wuchs ich still herauf und anderes
War schon bereitet. Denn gewaltsamer
Wie Wasser, schlug die wilde Menschenwelle
Mir an die Brust, und aus dem Irrsal kam
Des armen Volkes Stimme mir zum Ohre.
Und wenn, indeß ich in der Halle schwieg,
Um Mitternacht der Aufruhr weheklagt',
Und durchs Gefilde stürzt', und lebensmüd
Mit eigner Hand sein eignes Haus zerbrach — —
Wenn sich die Brüder flohn, und sich die Liebsten
Vorüber eilten, und der Vater nicht
Den Sohn erkannt' und Menschenwort nicht mehr
Verständlich war und menschliches Gesetz:
Da faßte mich die Deutung schaudernd an,
Es war der scheidende Gott meines Volks!
Den hört' ich, und zum schweigenden Gestirn
Sah' ich hinauf, wo er herabgekommen.
Und ihn zu sühnen ging ich hin. Noch wurden uns
Der schönen Tage viel. Noch schien es sich
Am Ende zu verjüngen; und es wich, —
Der goldnen Zeit, der allvertrauenden,
Des hellen, kräft'gen Morgens eingedenk, —
Der Unmuth mir, der furchtbare, vom Volke,
Und freie, feste Bande knüpften wir.
Doch oft, wenn mich des Volkes Dank bekränzte,
Wenn näher immer mir, und mir allein,
Des Volkes Seele kam, befiel es mich.
Denn wo ein Land ersterben soll, da wählt
Der Geist noch Einen sich am End', durch den
Sein Schwanensang, das letzte Leben tönet.
Wohl ahndet' ich's; doch dient' ich willig ihm.
Es ist geschehn, den Sterblichen gehör' ich
Nun nimmer an.
O Ende meiner Zeit!
O Geist, der uns erzog, der du geheim
Am hellen Tag und in der Wolke waltest,
Und du, o Luft! und du, o Mutter Erde!
Hier bin ich ruhig, denn es wartet mein
Die längstbereitete, die neue Stunde,
Nun nicht im Bilde mehr, und nicht, wie sonst,
Bei Sterblichen, im kurzen Glück, — ich find',
Im Tode find' ich den Lebendigen,
Und heute noch begegn' ich ihm; denn heute
Bereitet er, der Herr der Zeit, zur Feier,
Zum Zeichen ein Gewitter mir und sich.
Kennst du die Stille rings? kennst du das Schweigen
Des schlummerlosen Gotts? erwart' ihn hier!
Um Mitternacht wird er es uns vollenden.
Und wenn du, wie du sagst, des Donnerers
Vertrauter bist, und, Eines Sinns mit ihm,
Dein Geist mit ihm, der Pfade kundig, wandelt,
So komm mit mir, wenn jetzt zu einsam sich
Das Herz der Erde klagt und eingedenk
Der alten Einigkeit die dunkle Mutter
Zum Aether aus die Feuerarme breitet,
Und ißt der Herrscher kömmt in seinem Stral,
Dann folgen wir, zum Zeichen, daß wir ihm
Verwandte sind, hinab in heil'ge Flammen.
Doch wenn du lieber ferne bleibst, für dich:
Was gönnst du mir es nicht? wenn dir es nicht
Beschieden ist zum Eigenthum, was nimmst,
Und störst du mir's! O euch, ihr Genien!
Die ihr, da ich begann, mir nahe waret,
Ihr waltenden! euch dank' ich, daß ihr mir's
Gegeben habt, die lange Zahl der Leiden
Zu enden hier, befreit von andrer Pflicht,
In freiem Tod, nach göttlichem Gesetze!
Dir ists verbotne Frucht! drum laß und geh,
Und kannst du mir nicht nach, so richte nicht!
Dir hat der Schmerz den Geist entzündet, Armer!
Was heilst du denn, Unmächtiger, ihn nicht?
Wie ist's mit uns? siehst du es so gewiß?
Das sage du mir, der du Alles siehst!
Laß still uns seyn, o Sohn! und immer lernen.
Du lehrtest mich; heut lerne du von mir.
Hast du nicht alles mir gesagt?
O nein!
So gehst du nun?
Noch geh' ich nicht, o Alter!
Von dieser grünen, guten Erde soll
Mein Auge mir nicht ohne Freude scheiden.
Und denken möcht ich noch vergangner Zeit,
Der Freunde meiner Jugend noch, der theuern,
Die fern in Hellas frohen Städten sind,
Des Bruders auch, der mir geflucht — so mußt'
Es werden. — Laß mich izt; wenn dort der Tag
Hinunter ist, so siehest du mich wieder.