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diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/01-umbra-vitae.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/01-umbra-vitae.xhtml new file mode 100644 index 0000000..936760b --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/01-umbra-vitae.xhtml @@ -0,0 +1,73 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Umbra Vitae</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>UMBRA VITAE</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen</span><br /> +<span class="vers">Und sehen auf die großen Himmelszeichen,</span><br /> +<span class="vers">Wo die Kometen mit den Feuernasen</span><br /> +<span class="vers">Um die gezackten Türme drohend schleichen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und alle Dächer sind voll Sternedeuter,</span><br /> +<span class="vers">Die in den Himmel stecken große Röhren,</span><br /> +<span class="vers">Und Zauberer, wachsend aus den Bodenlöchern,</span><br /> +<span class="vers">Im Dunkel schräg, die ein Gestirn beschwören.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Selbstmörder gehen nachts in großen Horden,</span><br /> +<span class="vers">Die suchen vor sich ihr verlornes Wesen,</span><br /> +<span class="vers">Gebückt in Süd und West, und Ost und Norden,</span><br /> +<span class="vers">Den Staub zerfegend mit den Armen-Besen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie sind wie Staub, der hält noch eine Weile.</span><br /> +<span class="vers">Die Haare fallen schon auf ihren Wegen.</span><br /> +<span class="vers">Sie springen, daß sie sterben, und in Eile,</span><br /> +<span class="vers">Und sind mit totem Haupt im Feld gelegen,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Noch manchmal zappelnd. Und der Felder Tiere</span><br /> +<span class="vers">Stehn um sie blind und stoßen mit dem Horne</span><br /> +<span class="vers">In ihren Bauch. Sie strecken alle Viere,</span><br /> +<span class="vers">Begraben unter Salbei und dem Dorne.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Meere aber stocken. In den Wogen</span><br /> +<span class="vers">Die Schiffe hängen modernd und verdrossen,</span><br /> +<span class="vers">Zerstreut, und keine Strömung wird gezogen,</span><br /> +<span class="vers">Und aller Himmel Höfe sind verschlossen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Bäume wechseln nicht die Zeiten</span><br /> +<span class="vers">Und bleiben ewig tot in ihrem Ende,</span><br /> +<span class="vers">Und über die verfallnen Wege spreiten</span><br /> +<span class="vers">Sie hölzern ihre langen Finger-Hände.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wer stirbt, der setzt sich auf, sich zu erheben,</span><br /> +<span class="vers">Und eben hat er noch ein Wort gesprochen,</span><br /> +<span class="vers">Auf einmal ist er fort. Wo ist sein Leben?</span><br /> +<span class="vers">Und seine Augen sind wie Glas zerbrochen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Schatten sind viele. Trübe und verborgen.</span><br /> +<span class="vers">Und Träume, die an stummen Türen schleifen,</span><br /> +<span class="vers">Und der erwacht, bedrückt vom Licht der Morgen,</span><br /> +<span class="vers">Muß schweren Schlaf von grauen Lidern streifen.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/02-der-krieg.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/02-der-krieg.xhtml new file mode 100644 index 0000000..6a01166 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/02-der-krieg.xhtml @@ -0,0 +1,79 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Krieg</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER KRIEG</h3> + +<p> +<span class="vers">Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,</span><br /> +<span class="vers">Aufgestanden unten aus Gewölben tief.</span><br /> +<span class="vers">In der Dämmrung steht er, groß und unbekannt,</span><br /> +<span class="vers">Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.</span></p> + +<p> +<span class="vers">In den Abendlärm der Städte fällt es weit,</span><br /> +<span class="vers">Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit.</span><br /> +<span class="vers">Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.</span><br /> +<span class="vers">Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.</span></p> + +<p> +<span class="vers">In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.</span><br /> +<span class="vers">Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.</span><br /> +<span class="vers">In der Ferne zittert ein Geläute dünn,</span><br /> +<span class="vers">Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an,</span><br /> +<span class="vers">Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an!</span><br /> +<span class="vers">Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,</span><br /> +<span class="vers">Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,</span><br /> +<span class="vers">Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.</span><br /> +<span class="vers">Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,</span><br /> +<span class="vers">Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein,</span><br /> +<span class="vers">Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.</span><br /> +<span class="vers">Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,</span><br /> +<span class="vers">Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und mit tausend hohen Zipfelmützen weit</span><br /> +<span class="vers">Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,</span><br /> +<span class="vers">Und was unten auf den Straßen wimmelnd flieht,</span><br /> +<span class="vers">Stößt er in die Feuerwälder, wo die Flamme brausend zieht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,</span><br /> +<span class="vers">Gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,</span><br /> +<span class="vers">Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht</span><br /> +<span class="vers">In die Bäume, daß das Feuer brause recht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,</span><br /> +<span class="vers">Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.</span><br /> +<span class="vers">Aber riesig über glühnden Trümmern steht,</span><br /> +<span class="vers">Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht</span></p> + +<p> +<span class="vers">Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,</span><br /> +<span class="vers">In des toten Dunkels kalten Wüstenein,</span><br /> +<span class="vers">Daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,</span><br /> +<span class="vers">Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/03-die-morgue.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/03-die-morgue.xhtml new file mode 100644 index 0000000..8fbd31d --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/03-die-morgue.xhtml @@ -0,0 +1,185 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Morgue</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE MORGUE</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Wärter schleichen auf den Sohlen leise,</span><br /> +<span class="vers">Wo durch das Tuch es weiß von Schädeln blinkt.</span><br /> +<span class="vers">Wir, Tote, sammeln uns zur letzten Reise</span><br /> +<span class="vers">Durch Wüsten weit und Meer und Winterwind.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir thronen hoch auf kahlen Katafalken,</span><br /> +<span class="vers">Mit schwarzen Lappen garstig überdeckt.</span><br /> +<span class="vers">Der Mörtel fällt. Und aus der Decke Balken</span><br /> +<span class="vers">Auf uns ein Christus große Hände streckt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Vorbei ist unsre Zeit. Es ist vollbracht.</span><br /> +<span class="vers">Wir sind herunter. Seht, wir sind nun tot.</span><br /> +<span class="vers">In weißen Augen wohnt uns schon die Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Wir schauen nimmermehr ein Morgenrot.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tretet zurück von unserer Majestät.</span><br /> +<span class="vers">Befaßt uns nicht, die schon das Land erschaun</span><br /> +<span class="vers">Im Winter weit, davor ein Schatten steht,</span><br /> +<span class="vers">Des schwarze Schulter ragt im Abendgraun.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ihr, die Ihr eingeschrumpft wie Zwerge seid,</span><br /> +<span class="vers">Ihr, die Ihr runzelig liegt auf unserm Schoß,</span><br /> +<span class="vers">Wir wuchsen über Euch wie Berge weit</span><br /> +<span class="vers">In Ewige Todes-Nacht, wie Götter groß.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Mit Kerzen sind wir lächerlich umsteckt,</span><br /> +<span class="vers">Wir, die man früh aus dumpfen Winkeln zog</span><br /> +<span class="vers">Noch grunzend, unsre Brust schon blau gefleckt,</span><br /> +<span class="vers">Die nachts der Totenvogel überflog.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir Könige, die man aus Bäumen schnitt,</span><br /> +<span class="vers">Aus wirrer Luft im Vogel-Königreich,</span><br /> +<span class="vers">Und mancher, der schon tief durch Röhricht glitt,</span><br /> +<span class="vers">Ein weißes Tier, mit Augen rund und weich.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Vom Herbst verworfen. Faule Frucht der Jahre,</span><br /> +<span class="vers">Zerronnen sommers in der Gossen Loch,</span><br /> +<span class="vers">Wir, denen langsam auf dem kahlen Haare</span><br /> +<span class="vers">Der Julihitze weiße Spinne kroch.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ruhen wir aus im stummen Turm, vergessen?</span><br /> +<span class="vers">Werden wie Welle einer Lethe sein?</span><br /> +<span class="vers">Oder, daß Sturm uns treibt um Winteressen,</span><br /> +<span class="vers">Wie Dohlen reitend auf dem Feuerschein?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Werden wir Blumen sein? Werden wir Vögel werden,</span><br /> +<span class="vers">Im Stolze des Blauen, im Zorne der Meere weit?</span><br /> +<span class="vers">Werden wir wandern in den tiefen Erden,</span><br /> +<span class="vers">Maulwürfe stumm in toter Einsamkeit?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Werden wir in den Locken der Frühe wohnen,</span><br /> +<span class="vers">Werden wir blühen im Baum, und schlummern in Frucht,</span><br /> +<span class="vers">Oder Libellen blau auf den See-Anemonen</span><br /> +<span class="vers">Zittern am Mittag in schweigender Wasser Bucht?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Werden wir sein, wie ein Wort von niemand gehöret?</span><br /> +<span class="vers">Oder ein Rauch, der flattert im Abendraum?</span><br /> +<span class="vers">Oder ein Weinen, das plötzlich Freudige störet?</span><br /> +<span class="vers">Oder ein Leuchter zur Nacht? Oder ein Traum?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Oder - wird niemand kommen?</span><br /> +<span class="vers">Und werden wir langsam zerfallen,</span><br /> +<span class="vers">In dem Gelächter des Monds,</span><br /> +<span class="vers">Der hoch über Wolken saust,</span><br /> +<span class="vers">Zerbröckeln in Nichts,</span><br /> +<span class="vers">- Daß ein Kind kann zerballen</span><br /> +<span class="vers">Unsere Größe dereinst</span><br /> +<span class="vers">In der dürftigen Faust.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir, Namenlose, arme Unbekannte,</span><br /> +<span class="vers">In leeren Kellern starben wir allein.</span><br /> +<span class="vers">Was ruft Ihr uns, da unser Licht verbrannte,</span><br /> +<span class="vers">Was stört Ihr unser frohes Stell-Dich-Ein?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Seht den dort, der ein graues Lachen stimmt</span><br /> +<span class="vers">Auf dem zerfallnen Munde fröhlich an,</span><br /> +<span class="vers">Der auf die Brust die lange Zunge krümmt,</span><br /> +<span class="vers">Er lacht Euch aus, der große Pelikan.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er wird Euch beißen. Viele Wochen war</span><br /> +<span class="vers">Er Gast bei Fischen. Riecht doch wie er stinkt.</span><br /> +<span class="vers">Seht, eine Schnecke wohnt ihm noch im Haar,</span><br /> +<span class="vers">Die spöttisch Euch mit kleinem Fühler winkt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">- Ein kleines Glöckchen -. Und sie ziehen aus.</span><br /> +<span class="vers">Das Dunkel kriecht herein auf schwarzer Hand.</span><br /> +<span class="vers">Wir ruhen einsam nun im weiten Haus,</span><br /> +<span class="vers">Unzählige Särge tief an hoher Wand.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Was kommt er nicht? Wir haben Tücher an</span><br /> +<span class="vers">Und Totenschuhe. Und wir sind gespeist.</span><br /> +<span class="vers">Wo ist der Fürst, der wandert uns voran,</span><br /> +<span class="vers">Des große Fahne vor dem Zuge reist?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wo wird uns seine laute Stimme wehen?</span><br /> +<span class="vers">In welche Dämmerung geht unser Flug?</span><br /> +<span class="vers">Verlassen in der Einsamkeit zu stehen</span><br /> +<span class="vers">Vor welcher leeren Himmel Hohn und Trug?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ewige Stille. Und des Lebens Rest</span><br /> +<span class="vers">Zerwittert und zerfällt in schwarzer Luft.</span><br /> +<span class="vers">Des Todes Wind, der unsre Tür verläßt,</span><br /> +<span class="vers">Die dunkle Lunge voll vom Staub der Gruft,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er atmet schwer hinaus, wo Regen rauscht,</span><br /> +<span class="vers">Eintönig, fern, Musik in unserm Ohr,</span><br /> +<span class="vers">Das dunkel in die Nacht dem Sturme lauscht,</span><br /> +<span class="vers">Der ruft im Hause traurig und sonor.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und der Verwesung blauer Glorienschein</span><br /> +<span class="vers">Entzündet sich auf unserm Angesicht.</span><br /> +<span class="vers">Ein Ratte hopst auf nacktem Zehenbein,</span><br /> +<span class="vers">Komm nur, wir stören deinen Hunger nicht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir zogen aus, gegürtet wie Giganten,</span><br /> +<span class="vers">Ein jeder klirrte wie ein Goliath.</span><br /> +<span class="vers">Nun haben wir die Mäuse zu Trabanten,</span><br /> +<span class="vers">Und unser Fleisch ward dürrer Maden Pfad.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir, Ikariden, die mit weißer Schwinge</span><br /> +<span class="vers">Im blauen Sturm des Lichtes einst gebraust,</span><br /> +<span class="vers">Wir hörten noch der großen Türme Singen,</span><br /> +<span class="vers">Da rücklings wir in schwarzen Tod gesaust.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Im fernen Plan verlorner Himmelslande,</span><br /> +<span class="vers">Im Meere weit, wo fern die Woge flog,</span><br /> +<span class="vers">Wir flogen stolz in Abendrotes Brande</span><br /> +<span class="vers">Mit Segeln groß, die Sturm und Wetter bog.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Was fanden wir im Glanz der Himmelsenden?</span><br /> +<span class="vers">Ein leeres Nichts. Nun schlappt uns das Gebein,</span><br /> +<span class="vers">Wie einen Pfennig in den leeren Händen</span><br /> +<span class="vers">Ein Bettler klappern läßt am Straßenrain.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Was wartet noch der Herr? Das Haus ist voll,</span><br /> +<span class="vers">Die Kammern rings der Karavanserei,</span><br /> +<span class="vers">Der Markt der Toten, der von Knochen scholl,</span><br /> +<span class="vers">Wie Zinken laut hinaus zur Wüstenei.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/04-die-seefahrer.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/04-die-seefahrer.xhtml new file mode 100644 index 0000000..38d50e0 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/04-die-seefahrer.xhtml @@ -0,0 +1,49 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Seefahrer</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE SEEFAHRER</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Stirnen der Länder, rot und edel wie Kronen,</span><br /> +<span class="vers">Sahen wir schwinden dahin im versinkenden Tag,</span><br /> +<span class="vers">Und die rauschenden Kränze der Wälder thronen</span><br /> +<span class="vers">Unter des Feuers dröhnendem Flügelschlag.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die zerflackenden Bäume mit Trauer zu schwärzen,</span><br /> +<span class="vers">Brauste ein Sturm. Sie verbrannten wie Blut,</span><br /> +<span class="vers">Untergehend, schon fern. Wie über sterbenden Herzen</span><br /> +<span class="vers">Einmal noch hebt sich der Liebe verlodernde Glut.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber wir trieben dahin, hinaus in den Abend der Meere.</span><br /> +<span class="vers">Unsere Hände brannten wie Kerzen an.</span><br /> +<span class="vers">Und wir sahen die Adern darin, und das schwere</span><br /> +<span class="vers">Blut vor der Sonne, das dumpf in den Fingern zerrann.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nacht begann. Einer weinte im Dunkel. Wir schwammen</span><br /> +<span class="vers">Trostlos mit schrägem Segel ins Weite hinaus.</span><br /> +<span class="vers">Aber wir standen am Borde im Schweigen beisammen,</span><br /> +<span class="vers">In das Finstre zu starren. Und das Licht ging uns aus.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Eine Wolke nur stand in den Weiten noch lange,</span><br /> +<span class="vers">Ehe die Nacht begann in dem ewigen Raum,</span><br /> +<span class="vers">Purpurn schwebend im All, wie mit schönem Gesange</span><br /> +<span class="vers">Über den klingenden Gründen der Seele ein Traum.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/05-der-garten-der-irren.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/05-der-garten-der-irren.xhtml new file mode 100644 index 0000000..5208aa2 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/05-der-garten-der-irren.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Garten der Irren</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER GARTEN DER IRREN</h3> + +<p> +<span class="vers">Am roten Teiche stehen viele Schatten</span><br /> +<span class="vers">Bei dünner Bäume schwächlichen Gesichten,</span><br /> +<span class="vers">In Stille fort. Nur selten daß sich einer</span><br /> +<span class="vers">Herunter zu dem trüben Wasser bücket.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und manche gehn in die entleerten Hecken</span><br /> +<span class="vers">In kühlen Gängen, die schon voller Lichter,</span><br /> +<span class="vers">Und schleifen mit den Füßen in dem Laube</span><br /> +<span class="vers">Und sitzen wieder sanft in den Verstecken.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Strom ist weit hinab im blanken Scheine</span><br /> +<span class="vers">Bei Erlen und den krumm gebornen Weiden.</span><br /> +<span class="vers">Und wer mit leichtem Kahn ihn überbrücket,</span><br /> +<span class="vers">Er wird im Licht die gelben Blumen pflücken.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/06-alle-landschaften-haben.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/06-alle-landschaften-haben.xhtml new file mode 100644 index 0000000..81ff9bd --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/06-alle-landschaften-haben.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Alle Landschaften haben</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>ALLE LANDSCHAFTEN HABEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Alle Landschaften haben</span><br /> +<span class="vers">Sich mit Blau erfüllt.</span><br /> +<span class="vers">Alle Büsche und Bäume des Stromes,</span><br /> +<span class="vers">Der weit in den Norden schwillt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Leichte Geschwader, Wolken,</span><br /> +<span class="vers">Weiße Segel dicht,</span><br /> +<span class="vers">Die Gestade des Himmels dahinter</span><br /> +<span class="vers">Zergehen in Wind und Licht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wenn die Abende sinken</span><br /> +<span class="vers">Und wir schlafen ein,</span><br /> +<span class="vers">Gehen die Träume, die schönen,</span><br /> +<span class="vers">Mit leichten Füßen herein.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Cymbeln lassen sie klingen</span><br /> +<span class="vers">In den Händen licht.</span><br /> +<span class="vers">Manche flüstern und halten</span><br /> +<span class="vers">Kerzen vor ihr Gesicht.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/07-mond.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/07-mond.xhtml new file mode 100644 index 0000000..714df17 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/07-mond.xhtml @@ -0,0 +1,79 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Mond</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>MOND</h3> + +<p> +<span class="vers">Den blutrot dort der Horizont gebiert,</span><br /> +<span class="vers">Der aus der Hölle großen Schlünden steigt,</span><br /> +<span class="vers">Sein Purpurhaupt mit Wolken schwarz verziert,</span><br /> +<span class="vers">Wie um der Götter Stirn Akanthus schweigt,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er setzt den großen goldnen Fuß voran</span><br /> +<span class="vers">Und spannt die breite Brust wie ein Atleth,</span><br /> +<span class="vers">Und wie ein Partherfürst zieht er bergan,</span><br /> +<span class="vers">Des Schläfe goldenes Gelock umweht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hoch über Sardes und der schwarzen Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Auf Silbertürmen und der Zinnen Meer,</span><br /> +<span class="vers">Wo mit Posaunen schon der Wächter wacht,</span><br /> +<span class="vers">Der ruft vom Pontos bald den Morgen her.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Zu seinem Fuße schlummert Asia weit</span><br /> +<span class="vers">Im blauen Schatten, unterm Ararat,</span><br /> +<span class="vers">Des Schneehaupt schimmert durch die Einsamkeit,</span><br /> +<span class="vers">Bis wo Arabia in das weiche Bad</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Meere mit den weißen Füßen steigt</span><br /> +<span class="vers">Und fern im Süden, wie ein großer Schwan,</span><br /> +<span class="vers">Sein Haupt der Sirius auf die Wasser neigt</span><br /> +<span class="vers">Und singend schwimmt hinab den Ocean.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Mit großen Brücken, blau wie blanker Stahl,</span><br /> +<span class="vers">Mit Mauern, weiß wie Marmor, ruhet aus</span><br /> +<span class="vers">Die große Ninive im schwarzen Tal,</span><br /> +<span class="vers">Und wenig Fackeln werfen noch hinaus</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ihr Licht, wie Speere weit, wo dunkel braust</span><br /> +<span class="vers">Der Euphrat, der sein Haupt in Wüsten taucht.</span><br /> +<span class="vers">Die Susa ruht, um ihre Stirne saust</span><br /> +<span class="vers">Ein Schwarm von Träumen, die vom Wein noch raucht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hoch auf der Kuppel, auf dem dunklen Strom</span><br /> +<span class="vers">Belauscht allein der bösen Sterne Bahn</span><br /> +<span class="vers">In weißem Faltenkleid ein Astronom,</span><br /> +<span class="vers">Der neigt sein Scepter dem Aldebaran,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der mit dem Monde kämpft um weißen Glanz,</span><br /> +<span class="vers">Wo ewig strahlt die Nacht und ferne stehn</span><br /> +<span class="vers">Am Wüstenrand im blauen Lichte ganz</span><br /> +<span class="vers">Einsame Brunnen und die Winde wehn</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ölwälder fern um leere Tempel lind,</span><br /> +<span class="vers">Ein See von Silber, und in schmaler Schlucht</span><br /> +<span class="vers">Uralter Berge tief im Grunde rinnt</span><br /> +<span class="vers">Ein Wasser sanft um dunkler Ulmen Bucht.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/08-spitzkoepfig-kommt-er.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/08-spitzkoepfig-kommt-er.xhtml new file mode 100644 index 0000000..87a8973 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/08-spitzkoepfig-kommt-er.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Spitzköpfig kommt er ...</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>SPITZKÖPFIG KOMMT ER ...</h3> + +<p> +<span class="vers">Spitzköpfig kommt er über die Dächer hoch</span><br /> +<span class="vers">Und schleppt seine gelben Haare nach,</span><br /> +<span class="vers">Der Zauberer, der still in die Himmelszimmer steigt</span><br /> +<span class="vers">In vieler Gestirne gewundenem Blumenpfad.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Alle Tiere unten in Wald und Gestrüpp</span><br /> +<span class="vers">Liegen mit Häuptern sauber gekämmt,</span><br /> +<span class="vers">Singend den Mondchoral. Aber die Kinder</span><br /> +<span class="vers">Knien in den Bettchen im weißen Hemd.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Meiner Seele unendliche See</span><br /> +<span class="vers">Ebbet langsam in sanfter Flut.</span><br /> +<span class="vers">Ganz grün bin ich innen. Ich schwinde hinaus</span><br /> +<span class="vers">Wie ein gläserner Luftballon.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/09-mit-den-fahrenden-schiffen.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/09-mit-den-fahrenden-schiffen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..ad358e5 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/09-mit-den-fahrenden-schiffen.xhtml @@ -0,0 +1,69 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Mit den fahrenden Schiffen ...</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>MIT DEN FAHRENDEN SCHIFFEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Mit den fahrenden Schiffen</span><br /> +<span class="vers">Sind wir vorübergeschweift,</span><br /> +<span class="vers">Die wir ewig herunter</span><br /> +<span class="vers">Durch glänzende Winter gestreift.</span><br /> +<span class="vers">Ferner kamen wir immer</span><br /> +<span class="vers">Und tanzten im insligen Meer,</span><br /> +<span class="vers">Weit ging die Flut uns vorbei,</span><br /> +<span class="vers">Und Himmel war schallend und leer.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sage die Stadt,</span><br /> +<span class="vers">Wo ich nicht saß im Tor,</span><br /> +<span class="vers">Ging dein Fuß da hindurch,</span><br /> +<span class="vers">Der die Locke ich schor?</span><br /> +<span class="vers">Unter dem sterbenden Abend</span><br /> +<span class="vers">Das suchende Licht</span><br /> +<span class="vers">Hielt ich, wer kam da hinab,</span><br /> +<span class="vers">Ach, ewig in fremdes Gesicht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Bei den Toten ich rief,</span><br /> +<span class="vers">Im abgeschiedenen Ort,</span><br /> +<span class="vers">Wo die Begrabenen wohnen;</span><br /> +<span class="vers">Du, ach, warest nicht dort.</span><br /> +<span class="vers">Und ich ging über Feld,</span><br /> +<span class="vers">Und die wehenden Bäume zu Haupt</span><br /> +<span class="vers">Standen im frierenden Himmel</span><br /> +<span class="vers">Und waren im Winter entlaubt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Raben und Krähen</span><br /> +<span class="vers">Habe ich ausgesandt,</span><br /> +<span class="vers">Und sie stoben im Grauen</span><br /> +<span class="vers">Über das ziehende Land.</span><br /> +<span class="vers">Aber sie fielen wie Steine</span><br /> +<span class="vers">Zur Nacht mit traurigem Laut</span><br /> +<span class="vers">Und hielten im eisernen Schnabel</span><br /> +<span class="vers">Die Kränze von Stroh und Kraut.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Manchmal ist Deine Stimme,</span><br /> +<span class="vers">Die im Winde verstreicht,</span><br /> +<span class="vers">Deine Hand, die im Traume</span><br /> +<span class="vers">Rühret die Schläfe mir leicht;</span><br /> +<span class="vers">Alles war schon vor Zeiten.</span><br /> +<span class="vers">Und kehret wieder sich um.</span><br /> +<span class="vers">Gehet in Trauer gehüllet,</span><br /> +<span class="vers">Streuet Asche herum.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/10-die-meerstaedte.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/10-die-meerstaedte.xhtml new file mode 100644 index 0000000..32e1bdb --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/10-die-meerstaedte.xhtml @@ -0,0 +1,39 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Meerstädte</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE MEERSTÄDTE</h3> + +<div class="dedication">GIULIANA ANZILOTTI GEWIDMET</div> + +<p> +<span class="vers">Mit den segelnden Schiffen fuhren wir quer herein</span><br /> +<span class="vers">In die Städte voll Nacht und frierender Häfen Schein,</span><br /> +<span class="vers">Tausend Treppen, leere, stiegen zum Meere breit,</span><br /> +<span class="vers">Dunkel die Schiffe schwangen den Feuerscheit.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Glocke nicht brummt'. Und Bettler nicht saß am Pfad.</span><br /> +<span class="vers">Rief kein Horn, und niemand den Weg uns vertrat.</span><br /> +<span class="vers">Und die Städte alle waren wie Wände bloß,</span><br /> +<span class="vers">Sterne nur gingen über die Zinnen groß.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Seebäume saßen geborsten im Mauergestrüpp.</span><br /> +<span class="vers">Salzig und weit . . . . vor unserem Fuß.</span><br /> +<span class="vers">Brücke zerbrochen stand im Knochengerüpp,</span><br /> +<span class="vers">Ferne Feuer warfen sich über den Fluß.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/11-die-schloesser.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/11-die-schloesser.xhtml new file mode 100644 index 0000000..27357cc --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/11-die-schloesser.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Schlösser</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE SCHLÖSSER</h3> + +<p> +<span class="vers">Alt vom Blute, und manches im toten Munde</span><br /> +<span class="vers">Kauen sie dunkel. - Wo große Schwerter geblitzt,</span><br /> +<span class="vers">Trübe Gelage zur Nacht in der Könige Runde. -</span><br /> +<span class="vers">Draußen die Sonne die späten Pfeile noch spitzt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir auch gingen hinein. Und kamen durch Stiegen und Gänge:</span><br /> +<span class="vers">Mancher Verschlag tat sich auf und fiel zu.</span><br /> +<span class="vers">Viele Schatten auf bleichen Dielen in Länge</span><br /> +<span class="vers">Kamen um unseren Fuß wie Hunde in Ruh.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Über den Höfen, den dunklen voll Trauer, begannen</span><br /> +<span class="vers">Windfahnen eben das knarrende Abendlied.</span><br /> +<span class="vers">Und hoch in dem Licht der Götter große Gespanne</span><br /> +<span class="vers">Schnelle rollten dahin in den festlichen Süd.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/12-die-staedte.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/12-die-staedte.xhtml new file mode 100644 index 0000000..3f7e7f1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/12-die-staedte.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Städte</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE STÄDTE</h3> + +<p> +<span class="vers">Der dunkelnden Städte holprige Straßen,</span><br /> +<span class="vers">Im Abend geduckt, eine Hundeschar,</span><br /> +<span class="vers">Im Hohlen bellend. Und über den Brücken</span><br /> +<span class="vers">Wurden wir große Wagen gewahr;</span></p> + +<p> +<span class="vers">Zitterten Stimmen, vorübergewehte.</span><br /> +<span class="vers">Und runde Augen sahen uns traurig an.</span><br /> +<span class="vers">Große Gesichter, darüber das späte</span><br /> +<span class="vers">Gelächter von hämischen Stimmen rann.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Zwei kamen vorbei in gelben Mänteln.</span><br /> +<span class="vers">Unsere Köpfe trugen einmal sich fort,</span><br /> +<span class="vers">Mit Blute besät, und die tiefen Backen,</span><br /> +<span class="vers">Darüber ein letztes Rot noch verdorrt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wir flohen vor Angst, doch im Fluß weißer Welle,</span><br /> +<span class="vers">Der uns mit weißen Zähnen gewehrt,</span><br /> +<span class="vers">Und hinter uns feurige Abendsonne.</span><br /> +<span class="vers">Tote Straßen jagten mit grausamem Schwert.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/13-die-stadt-der-qual.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/13-die-stadt-der-qual.xhtml new file mode 100644 index 0000000..4ff9718 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/13-die-stadt-der-qual.xhtml @@ -0,0 +1,67 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Stadt der Qual</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE STADT DER QUAL</h3> + +<p> +<span class="vers">Ich bin in Wüsten eine große Stadt</span><br /> +<span class="vers">Hinter der Nacht und toten Meeren weit.</span><br /> +<span class="vers">In meinen Gassen herrscht stets wilder Zank</span><br /> +<span class="vers">Geraufter Bärte. Ewig Dunkelheit</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hängt über mir wie eines Tieres Haut.</span><br /> +<span class="vers">Ein roter Turm nur flackert in den Raum.</span><br /> +<span class="vers">Ein Feuer braust und wirft den Schein von Blut</span><br /> +<span class="vers">Wie einen Keil auf schwarzer Köpfe Schaum.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Geißeln Hyder bäumt in hoher Faust.</span><br /> +<span class="vers">In jedem Dunkel werden Schwerter bloß.</span><br /> +<span class="vers">Und auf den Toten finstrer Winkel hockt</span><br /> +<span class="vers">Ein Volk von bleichen Narren, kettenlos.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Hunger warf Gerippe auf mich hin.</span><br /> +<span class="vers">Der Brunnen Röhren waren alle leer;</span><br /> +<span class="vers">Mit langen Zungen hingen sie darin,</span><br /> +<span class="vers">Blutig und rauh. Doch kam kein Tropfen mehr.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und gelbe Seuchen blies ich über mich.</span><br /> +<span class="vers">Die Leichenzüge gingen auf mir her,</span><br /> +<span class="vers">Ameisen gleich mit einem kleinen Sarg,</span><br /> +<span class="vers">Und winzige Pfeiferleute bliesen quer.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Altäre wurden prächtig mir gebaut</span><br /> +<span class="vers">Und sanken nachts in wildem Loderschein.</span><br /> +<span class="vers">Im Dunkel war der Mord. Und lag das Blut</span><br /> +<span class="vers">Rostfarbner Mantel auf der Treppen Stein.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Asche war auf der Völker Haupt gestreut,</span><br /> +<span class="vers">Zerfetzt verflog ihr hären Kleid wie Rauch.</span><br /> +<span class="vers">So saßen sie wie kleine Kinder nachts</span><br /> +<span class="vers">In tauber Angst auf meinem großen Bauch.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ich bin der Leib voll ausgehöhlter Qual.</span><br /> +<span class="vers">In meinen Achseln rotes Feuer hängt.</span><br /> +<span class="vers">Ich bäume mich, und schreie manchmal laut,</span><br /> +<span class="vers">In schwarzer Himmel Grabe ausgerenkt.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/14-die-irren.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/14-die-irren.xhtml new file mode 100644 index 0000000..2f6ebe0 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/14-die-irren.xhtml @@ -0,0 +1,190 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Irren</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE IRREN</h3> + + +<h4>I.</h4> + +<p> +<span class="vers">Papierne Kronen zieren sie. Sie tragen</span><br /> +<span class="vers">Holzstöcke aufrecht auf den spitzen Knien</span><br /> +<span class="vers">Wie Szepter. Ihre langen Hemden schlagen</span><br /> +<span class="vers">Um ihren Bauch wie Königshermelin.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein Volk von Christussen, das leise schwebt</span><br /> +<span class="vers">Wie große Schmetterlinge durch die Gänge,</span><br /> +<span class="vers">Und das wie große Lilien rankt und klebt</span><br /> +<span class="vers">Um ihres Käfigs schmerzliches Gestänge.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Abend tritt herein mit roten Sohlen,</span><br /> +<span class="vers">Zwei Lichtern gleich entbrennt sein goldner Bart.</span><br /> +<span class="vers">In dunklen Winkeln hocken sie verstohlen</span><br /> +<span class="vers">Wie Kinder einst, in Dämmerung geschart.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er leuchtet tief hinein in alle Ecken,</span><br /> +<span class="vers">Aus allen Zellen grüßt ihn Lachen froh,</span><br /> +<span class="vers">Wenn sie die roten, feisten Zungen blecken</span><br /> +<span class="vers">Hinauf zu ihm aus ihres Lagers Stroh.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Dann kriechen sie wie Mäuse eng zusammen</span><br /> +<span class="vers">Und schlafen unter leisem Singen ein.</span><br /> +<span class="vers">Des fernen Abendrotes rote Flammen</span><br /> +<span class="vers">Verglühen sanft auf ihrer Schläfen Pein.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Auf ihrem Schlummer kreist der blaue Mond,</span><br /> +<span class="vers">Der wie ein Vogel durch die Säle fliegt.</span><br /> +<span class="vers">Ihr Mund ist schmal, darauf ein Lächeln thront,</span><br /> +<span class="vers">Das sich, wie Lotos weiß, im Schatten wiegt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Bis leise Stimmen tief im Dunkel singen</span><br /> +<span class="vers">Vor ihrer Herzen Purpur-Baldachin</span><br /> +<span class="vers">Und aus dem Äthermeer auf roten Schwingen</span><br /> +<span class="vers">Träume, wie Sonnen groß, ihr Blut durchziehn.</span></p> + +<h4>II.</h4> + +<p> +<span class="vers">Der Tod zeigt seine weiße Leichenhaut</span><br /> +<span class="vers">Vor ihrer Kerkerfenster Arsenal.</span><br /> +<span class="vers">Das schwarze Dunkel schleicht in trübem Laut</span><br /> +<span class="vers">Geborstner Flöten durch der Nächte Qual.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und weiße Hände strecken sich und klingen</span><br /> +<span class="vers">Aus langen Ärmeln in der Säle Tor.</span><br /> +<span class="vers">Um ihre Häupter wehen schwarze Schwingen,</span><br /> +<span class="vers">Rauchende Fackeln wie ein Trauerflor.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Bebändert stürzt ein Mar durch ihre Betten,</span><br /> +<span class="vers">Der ihre Köpfe schlagend, sie erschreckt.</span><br /> +<span class="vers">Wie gelbe Schlangen auf verrufnen Stätten,</span><br /> +<span class="vers">So wiegt ihr fahles Haupt, von Nacht bedeckt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein Schrei. Ein Paukenschall. Ein wildes Brüllen,</span><br /> +<span class="vers">Des Echo dumpf in dunkler Nacht verlischt.</span><br /> +<span class="vers">Gespenster sitzen um sie her und knüllen</span><br /> +<span class="vers">Den Hals wie Stroh. Ihr weißer Atem zischt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ihr Haar wird bleich und feucht vor kaltem Grauen.</span><br /> +<span class="vers">Sie fühlen Hammerschlag in ihrer Stirn,</span><br /> +<span class="vers">Und große Nägel spitz in Geierklauen,</span><br /> +<span class="vers">Die langsam treiben tief in ihr Gehirn.</span></p> + +<h4>III.</h4> + +<h4>Variation.</h4> + +<p> +<span class="vers">Ein Königreich. Provinzen roter Wiesen.</span><br /> +<span class="vers">Ein Wärter, eine Peitsche, eine Kette.</span><br /> +<span class="vers">So klappern wir in Nessel, Dorn und Klette</span><br /> +<span class="vers">Durch wilder Himmel schreckliche Devisen,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die uns bedrohn mit den gezackten Flammen,</span><br /> +<span class="vers">Mit großer Hieroglyphen roter Schrift.</span><br /> +<span class="vers">Und unsrer Schlangenadern blaues Gift</span><br /> +<span class="vers">Zieht krampfhaft sich in unserm Kopf zusammen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Daß tausend Disteln unsere Beine schlagen,</span><br /> +<span class="vers">Daß manchen Regenwürmchens Köpfchen knackt</span><br /> +<span class="vers">Zu unseres wilden Volks Bachanten-Takt,</span><br /> +<span class="vers">Wir hören's ferne nur in unsere Klagen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein gläsern leichter Fuß ward uns gegeben,</span><br /> +<span class="vers">Und Scharlachflügel wächst aus unserm Rücken.</span><br /> +<span class="vers">So tanzen wir zum Krach der Scherben-Stücken,</span><br /> +<span class="vers">Durch lauter Unrat feierlich zu schweben.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Welch göttlich schönes Spiel. Ein Meer von Feuer.</span><br /> +<span class="vers">Der ganze Himmel brennt. Wir sind allein,</span><br /> +<span class="vers">Halbgötter wir. Und unser haarig Bein</span><br /> +<span class="vers">Springt nackt auf altem Steine im Gemäuer.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Verfallner Ort, versunken tief im Schutte,</span><br /> +<span class="vers">Wo wie ein Königshaupt der Ginster schwankt,</span><br /> +<span class="vers">Des goldner Arm nach unsern Knöcheln langt</span><br /> +<span class="vers">Und lüstern fährt herauf in unsrer Kutte.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wo eine alte Weide, dürr und stumm,</span><br /> +<span class="vers">Mit Talismanen ihren Bauch behängt,</span><br /> +<span class="vers">Vor unsrer Göttlichkeit die Arme senkt,</span><br /> +<span class="vers">Und uns beschielt mit Augen, weiß und krumm.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aus ihrem Loch springt eine alte Maus,</span><br /> +<span class="vers">Verrückt wie wir. Ein goldner Schnabel blinkt</span><br /> +<span class="vers">Am Himmelsrand. Ein leises Lied erklingt,</span><br /> +<span class="vers">Ein Schwan zieht in das Feuer uns voraus.</span></p> + +<p> +<span class="vers">O süßer Sterbeton, den wir geschlürft.</span><br /> +<span class="vers">Breitschwingig flattert er im goldnen West,</span><br /> +<span class="vers">Wo hoher Pappeln zitterndes Geäst</span><br /> +<span class="vers">Auf unsere Stirnen Gitterschatten wirft.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Sonne sinkt auf dunkelroter Bahn,</span><br /> +<span class="vers">In einer Wetterwolke klemmt sie fest.</span><br /> +<span class="vers">Macht schnell und reißt aus seinem schwarzen Nest</span><br /> +<span class="vers">Mit Zangen aus den goldnen Wolken-Zahn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hui. Er ist fort. Der dunkle Himmel sinkt</span><br /> +<span class="vers">Voll Zorn herab in einen schwarzen Teich,</span><br /> +<span class="vers">Des Abgrund droht, mit fahlen Wolken bleich,</span><br /> +<span class="vers">Unheimlich, eine Nacht, die Unheil bringt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und eine Leiche wohnt im tiefen Grund,</span><br /> +<span class="vers">Um die ein Aale-Volk geschmeidig hüpft.</span><br /> +<span class="vers">Uralt, ein Fisch, der ein zum Ohre schlüpft</span><br /> +<span class="vers">Und wieder ausfährt aus dem offnen Mund.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein Unke ruft. Ein blauer Wiedehopf</span><br /> +<span class="vers">Meckert wie eine Ziege in dem Sumpf. -</span><br /> +<span class="vers">Was werden eure Stirnen klein und dumpf,</span><br /> +<span class="vers">Was streubt sich euch der graue Narren-Schopf?</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ihr wollet Fürsten sein? Ich sehe Bestien nur,</span><br /> +<span class="vers">Die weit die Nacht erschrecken mit Gebell.</span><br /> +<span class="vers">Was flieht ihr mich? Die Arme flattern schnell,</span><br /> +<span class="vers">Wie Gänsen an dem Messer der Tortur.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ich bin allein im stummen Wetterland,</span><br /> +<span class="vers">Ich, der Jerusalem vom Kreuz geschaut,</span><br /> +<span class="vers">Jesus dereinst. Der nun den Brotranft kaut,</span><br /> +<span class="vers">Den er im Staub verlorner Winkel fand.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/15-verfluchung-der-staedte.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/15-verfluchung-der-staedte.xhtml new file mode 100644 index 0000000..82580f6 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/15-verfluchung-der-staedte.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Verfluchung der Städte V</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>VERFLUCHUNG DER STÄDTE V</h3> + +<p> +<span class="vers">Ihr seid verflucht. Doch Eure Süße blüht</span><br /> +<span class="vers">Wie eines herben Kusses dunkle Frucht,</span><br /> +<span class="vers">Wenn Abend warm um Eure Türme sprüht,</span><br /> +<span class="vers">Und weit hinab der langen Gassen Flucht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Dann zittern alle Glocken allzumal</span><br /> +<span class="vers">In ihrem Dach, wie Sonnenblumen welk.</span><br /> +<span class="vers">Und weit wie Kreuze wächst in goldner Qual</span><br /> +<span class="vers">Der hohen Galgen düsteres Gebälk.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und wie ein Meer von Flammen ragt die Stadt,</span><br /> +<span class="vers">Wo noch der West wie rotes Eisen glänzt,</span><br /> +<span class="vers">In den die Sonne wie ein Stierhaupt glatt</span><br /> +<span class="vers">Die Hörner streckt, von dunklem Blut bekränzt.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/16-die-nacht.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/16-die-nacht.xhtml new file mode 100644 index 0000000..0c28c1b --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/16-die-nacht.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Nacht</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE NACHT</h3> + +<p> +<span class="vers">Alle Flammen starben in Nacht auf den Stufen.</span><br /> +<span class="vers">Alle Kränze verwehten. Und unten im Blute verloren</span><br /> +<span class="vers">Seufzte das Grauen. Wie hinter gestorbenen Toren</span><br /> +<span class="vers">Manchmal es fern noch hallt von dunkelen Rufen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Eine Fackel nach oben bog aus den Gängen,</span><br /> +<span class="vers">Lief im Chor und versank wie das Heer der Dämonen</span><br /> +<span class="vers">Rot und rauchend. Doch draußen der Waldung Kronen</span><br /> +<span class="vers">Wuchsen im Sturm und zerrten sich in die Länge.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und in Wolken hoch kamen mit wilden Gesängen</span><br /> +<span class="vers">Weiß die Greise der Stürme, und riesige Vögel scheuchten</span><br /> +<span class="vers">Über den Himmel hinab, wie Schiffe mit feuchten</span><br /> +<span class="vers">Segeln, die schwer auf den Wogen hängen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber die Blitze zerrissen mit wilden und roten</span><br /> +<span class="vers">Augen die Nacht, die Öde der Säle zu hellen,</span><br /> +<span class="vers">Und in den Spiegeln standen mit Köpfen, den grellen,</span><br /> +<span class="vers">Drohend herauf mit schwarzen Händen die Toten.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/17-die-somnambulen.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/17-die-somnambulen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..07b8693 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/17-die-somnambulen.xhtml @@ -0,0 +1,55 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Somnambulen</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE SOMNAMBULEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Schon braust die Mitternacht. Mit langem Haar,</span><br /> +<span class="vers">In weiße Tücher feierlich gehüllt,</span><br /> +<span class="vers">Zieht schwankend auf der Somnambulen Schar,</span><br /> +<span class="vers">Wie Rauch so weiß, der weit den Himmel füllt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aus allen Dächern steigen sie herauf,</span><br /> +<span class="vers">Irrlichtern gleich auf einem schwarzen Sumpf.</span><br /> +<span class="vers">Sie tanzen auf der Wetterfahnen Knauf,</span><br /> +<span class="vers">Mit irren Lächelns fröhlichem Triumph.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie schlagen Cymbeln in der leichten Hand</span><br /> +<span class="vers">Und irren singend in der grünen Luft.</span><br /> +<span class="vers">Vor ihre Brüste zittert ihr Gewand,</span><br /> +<span class="vers">Die wild den Mond berauschen, süß, voll Duft.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie kitzeln ihn mit ihren zarten Händen</span><br /> +<span class="vers">Und zwicken leicht ihn in das gelbe Ohr.</span><br /> +<span class="vers">Sie wiegen sich in ihren magern Lenden</span><br /> +<span class="vers">Im Tanzschritt hin, ein weißer Trauerchor.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie fliegen durch die Nacht wie Wolken leise</span><br /> +<span class="vers">Hoch über spitzer Berge blauem Grat</span><br /> +<span class="vers">Hinauf zu ihm auf ihrer leichten Reise</span><br /> +<span class="vers">Zu einem Wiegenlied an Abgrunds Pfad.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Mond umfängt sie sanft mit Spinnenarm,</span><br /> +<span class="vers">Ihr Haupt wird von dem Kusse weiß gemalt.</span><br /> +<span class="vers">Sie ruhn an ihres Bräutigams Herzen warm,</span><br /> +<span class="vers">Der tief durch ihre dünne Rippe strahlt.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/18-die-stadt.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/18-die-stadt.xhtml new file mode 100644 index 0000000..1f36eba --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/18-die-stadt.xhtml @@ -0,0 +1,41 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Stadt</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE STADT</h3> + +<p> +<span class="vers">Im Dunkel ist die Nacht. Und Wolkenschein</span><br /> +<span class="vers">Zerreißet vor des Mondes Untergang.</span><br /> +<span class="vers">Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang</span><br /> +<span class="vers">Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt,</span><br /> +<span class="vers">Unzählig Menschen schwemmen aus und ein,</span><br /> +<span class="vers">Und ewig stumpfer Ton von dumpfem Sein</span><br /> +<span class="vers">Eintönig kommt heraus in Stille matt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,</span><br /> +<span class="vers">Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,</span><br /> +<span class="vers">Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und Schein und Feuer, Fackel rot und Brand,</span><br /> +<span class="vers">Die drohen im Weiten mit gezückter Hand</span><br /> +<span class="vers">Und scheinen hoch von toter Wolkenwand.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/19-halber-schlaf.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/19-halber-schlaf.xhtml new file mode 100644 index 0000000..a6320a3 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/19-halber-schlaf.xhtml @@ -0,0 +1,39 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Halber Schlaf</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>HALBER SCHLAF</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Finsternis raschelt wie ein Gewand,</span><br /> +<span class="vers">Die Bäume torkeln am Himmelsrand.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Rette dich in das Herz der Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Grabe dich schnell in das Dunkele ein,</span><br /> +<span class="vers">Wie in Waben. Mache dich klein,</span><br /> +<span class="vers">Steige aus deinem Bette.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Etwas will über die Brücken,</span><br /> +<span class="vers">Es scharret mit Hufen krumm,</span><br /> +<span class="vers">Die Sterne erschraken so weiß.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und der Mond wie ein Greis</span><br /> +<span class="vers">Watschelt oben herum</span><br /> +<span class="vers">Mit dem höckrigen Rücken.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/20-froehlichkeit.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/20-froehlichkeit.xhtml new file mode 100644 index 0000000..b14c91d --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/20-froehlichkeit.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Fröhlichkeit</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>FRÖHLICHKEIT</h3> + +<p> +<span class="vers">Es rauscht und saust von manchem Karusselle,</span><br /> +<span class="vers">Wie Sonnen flammend in den Nachmittagen,</span><br /> +<span class="vers">Und tausend Leute schauen mit Behagen</span><br /> +<span class="vers">Wie sich Kamele drehn, und Rosse, schnelle;</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die starren Schwäne und die Elefanzen;</span><br /> +<span class="vers">Der eine hebt vor Freude schon das Bein</span><br /> +<span class="vers">Und grunzt im hohlen Bauche wie ein Schwein.</span><br /> +<span class="vers">Und alle Tiere fangen an zu tanzen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch nebenan im Himmelslicht, dem hellen,</span><br /> +<span class="vers">Gehen die Maurer, schwarz wie Läuse klein,</span><br /> +<span class="vers">Hoch im Gerüst, ein feuriger Verein,</span><br /> +<span class="vers">Und schlagen Takt mit ihren Maurerkellen.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/21-kata.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/21-kata.xhtml new file mode 100644 index 0000000..a699ffe --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/21-kata.xhtml @@ -0,0 +1,41 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Katá</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>KATA</h3> + +<p> +<span class="vers">Ein roter Donner. Und die Sonne tost,</span><br /> +<span class="vers">Ein Purpurdrachen. Sein gezackter Schwanz</span><br /> +<span class="vers">Peitscht hoch herauf der weiten Himmel Glanz,</span><br /> +<span class="vers">Der Eichen Horizont, drin Flamme glost.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der großen Babel weiße Marmorwand</span><br /> +<span class="vers">Und riesiger Pagoden goldnen Stein</span><br /> +<span class="vers">Zerschmettert fast der ungeheure Schein,</span><br /> +<span class="vers">Mit lauten Beilen eine Feuerhand.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Musik. Musik. Ein göttlicher Choral.</span><br /> +<span class="vers">Das offne Maul der Sonne stimmt ihn an,</span><br /> +<span class="vers">Das Echo dröhnt vom weiten Himmelssaal</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und ruft hervor der dunklen Nacht Tyrann,</span><br /> +<span class="vers">Den Mond, Tetrarchen, der im Wolkental</span><br /> +<span class="vers">Schon seltsam lenkt das fahle Viergespann.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/22-der-sterbende-faun.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/22-der-sterbende-faun.xhtml new file mode 100644 index 0000000..072ae20 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/22-der-sterbende-faun.xhtml @@ -0,0 +1,41 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der sterbende Faun</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER STERBENDE FAUN</h3> + +<p> +<span class="vers">Er stirbt am Waldrand, mit verhaltnem Laut</span><br /> +<span class="vers">Klagt schon sein Schatten an des Hades Tor.</span><br /> +<span class="vers">Der Kranz von Lattich, den sein Haupt verlor,</span><br /> +<span class="vers">Fiel unter Disteln und das Schierlingskraut.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Den Pfeil im Hals, verschüttet er sein Blut,</span><br /> +<span class="vers">Das schwarze Faunsblut, in den grünen Grund</span><br /> +<span class="vers">Der abendlichen Halde, aus dem Mund,</span><br /> +<span class="vers">Drauf schon des Todes dunkler Flügel ruht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Himmel Thrakiens glänzt im Abendgrün,</span><br /> +<span class="vers">Ein Silberleuchter seinem Sterbeschrei,</span><br /> +<span class="vers">Aus fernen Bergen, wo die Eichen glühn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tief unter ihm verblaßt die weite Bai,</span><br /> +<span class="vers">Darüber hoch die roten Wolken ziehn,</span><br /> +<span class="vers">Und fern ein Purpursegel schwimmt vorbei.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/23-die-blinden-frauen.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/23-die-blinden-frauen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..2a0618f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/23-die-blinden-frauen.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die blinden Frauen</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE BLINDEN FRAUEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Blinden gehn mit ihren Wärterinnen,</span><br /> +<span class="vers">Schwarze Kolosse, Moloche aus Ton,</span><br /> +<span class="vers">Die Sklaven vorwärts ziehn. Und sie beginnen</span><br /> +<span class="vers">Ein Blindenlied mit lang gezogenem Ton.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie ziehn wie Chöre auf mit starkem Schritte</span><br /> +<span class="vers">Im Eisenhimmel, der sie kalt umspannt.</span><br /> +<span class="vers">Der Wind türmt auf der großen Schädel Mitte</span><br /> +<span class="vers">Ihr graues Haar wie einen Aschenbrand.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie tasten sich an ihrem großen Stabe</span><br /> +<span class="vers">Die lange Straße auf zu ihrem Kamm.</span><br /> +<span class="vers">Auf ihrer ungeheuren Stirnen Grabe</span><br /> +<span class="vers">Brennt eines dunklen Gottes Pentagramm.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Abend hängt wie eine Feuertonne</span><br /> +<span class="vers">Am Horizont auf einem Pappelbaum.</span><br /> +<span class="vers">Der Blinden Arme stechen in die Sonne,</span><br /> +<span class="vers">Wie Kreuze schwarz am frohen Himmelssaum.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/24-der-winter.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/24-der-winter.xhtml new file mode 100644 index 0000000..c3c7a1e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/24-der-winter.xhtml @@ -0,0 +1,35 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Winter</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER WINTER</h3> + +<p> +<span class="vers">Der Sturm heult immer laut in den Kaminen,</span><br /> +<span class="vers">Und jede Nacht ist blutigrot und dunkel,</span><br /> +<span class="vers">Die Häuser recken sich mit leeren Mienen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nun wohnen wir in rings umbauter Enge</span><br /> +<span class="vers">Im kargen Licht und Dunkel unserer Gruben,</span><br /> +<span class="vers">Wie Seiler zerrend grauer Stunden Länge.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Tage zwängen sich in niedre Stuben,</span><br /> +<span class="vers">Wo heisres Feuer krächzt in großen Öfen.</span><br /> +<span class="vers">Wir stehen an den ausgefrornen Scheiben</span><br /> +<span class="vers">Und starren schräge nach den leeren Höfen.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/25-nacht-iii.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/25-nacht-iii.xhtml new file mode 100644 index 0000000..fabce67 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/25-nacht-iii.xhtml @@ -0,0 +1,51 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Nacht III</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>NACHT III</h3> + +<p> +<span class="vers">Jetzt schlafen viele wie in weißen Särgen,</span><br /> +<span class="vers">Und in den Wänden sieht man Betten stehen,</span><br /> +<span class="vers">Darin sich schaukelnd große Köpfe drehen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch manche müssen einsam weit noch gehen,</span><br /> +<span class="vers">Um sich in dunkle Nächte zu verbergen,</span><br /> +<span class="vers">Wo schwer im Himmel sich die Wolken winden.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie hören oft ein großes Wagenrollen</span><br /> +<span class="vers">Und schattenhafte Pferde schnell verschwinden</span><br /> +<span class="vers">In Straßen fort und Mauern, dunkelvollen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und manchmal sehen sie in hohen Türmen</span><br /> +<span class="vers">Den grauen Mond in Falten und verquollen</span><br /> +<span class="vers">Und Nachtgevögel, das von droben stürmet.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Im Irrsal suchen sie den Weg zu finden</span><br /> +<span class="vers">Und tasten mit den Händen rund, den blinden,</span><br /> +<span class="vers">Und hinter ihnen kichern die Laternen,</span><br /> +<span class="vers">Die schnell in trübe Nächte sich entfernen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">In wirrer Dächer Sturz und Häuser Enge,</span><br /> +<span class="vers">In leerer Giebel ausgebrannten Sparren</span><br /> +<span class="vers">Sind viele Tote, die im Kühlen hängen</span><br /> +<span class="vers">Und mit dem Fuß im Morgengrauen scharren.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/26-die-neuen-haeuser.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/26-die-neuen-haeuser.xhtml new file mode 100644 index 0000000..d6c727e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/26-die-neuen-haeuser.xhtml @@ -0,0 +1,32 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die neuen Häuser</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE NEUEN HÄUSER</h3> + +<p> +<span class="vers">Im grünen Himmel, der manchmal knallt</span><br /> +<span class="vers">Vor Frost im rostigen Westen,</span><br /> +<span class="vers">Wo noch ein Baum mit den Ästen</span><br /> +<span class="vers">Schreit in den Abend, stehen sie plötzlich, frierend und kalt,</span><br /> +<span class="vers">Wie Pilze gewachsen, und strecken in ihren Gebresten</span><br /> +<span class="vers">Ihre schwarzen und dünnen Dachsparren himmelan,</span><br /> +<span class="vers">Klappernd in ihrer Mauern schäbigem Kleid</span><br /> +<span class="vers">Wie ein armes Volk, das vor Kälte schreit.</span><br /> +<span class="vers">Und die Diebe schleichen über die Treppen hinan,</span><br /> +<span class="vers">Springen oben über die Böden mit schlenkerndem Bein,</span><br /> +<span class="vers">Und manchmal flackert heraus ihr Laternenschein.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/27-die-hoefe-luden-uns-ein.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/27-die-hoefe-luden-uns-ein.xhtml new file mode 100644 index 0000000..15e4c7d --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/27-die-hoefe-luden-uns-ein.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Höfe luden uns ein</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE HÖFE LUDEN UNS EIN . . .</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Höfe luden uns ein, mit den Armen schmächtig,</span><br /> +<span class="vers">Faßten unserer Seelchen zipfeliges Kleid.</span><br /> +<span class="vers">Und wir entglitten durch Tore nächtig</span><br /> +<span class="vers">In toter Gärten verwunschene Zeit.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aus Regenrohren fiel Wasser bleiern,</span><br /> +<span class="vers">Ewige Wolken flogen so trübe.</span><br /> +<span class="vers">Und über der Starre der frostigen Weiher</span><br /> +<span class="vers">Rosen hängen in dürrem Triebe.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und wir gingen auf herbstlichen Pfaden, geringern.</span><br /> +<span class="vers">Gläserne Kugeln zerrissen unser Gesicht,</span><br /> +<span class="vers">Jemand hielt sie uns vor auf den spitzigen Fingern,</span><br /> +<span class="vers">Unsere Qualen machten uns Feuer-licht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und wir schwanden so schwach: in die gläsernen Räume</span><br /> +<span class="vers">Rief es voll Wehmut, da dünne das Glas zerbrach;</span><br /> +<span class="vers">Wir sitzen nun ewig in weißlichen Wolken, zu träumen</span><br /> +<span class="vers">Spielendem Fluge der Falter im Abendrot nach.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/28-allerseelen.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/28-allerseelen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..f7945ee --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/28-allerseelen.xhtml @@ -0,0 +1,49 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Allerseelen</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>ALLERSEELEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Geht ein Tag ferne aus, kommt der Abend,</span><br /> +<span class="vers">Brennt ein Stern in der Höhe zur Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Wehet das Gras, und die Wege alle</span><br /> +<span class="vers">Werden in Dämmrung zusammengebracht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Viele sind über die Steige gegangen,</span><br /> +<span class="vers">Ihre Schatten sind ferne zu sehen,</span><br /> +<span class="vers">Und sie tragen die Kreuze und Stangen,</span><br /> +<span class="vers">Rote Fackeln, die wandern und wehen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Mauern sind hinten und Gräber und wenige Bäume,</span><br /> +<span class="vers">Manche Tore darin, wo der Lorbeer trauert.</span><br /> +<span class="vers">Viele sitzen in Haufen über den Steinen,</span><br /> +<span class="vers">Ihre Lichter behütend, wenn der Regen schauert.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und ein Rot steckt im Walde, dürr wie ein Finger,</span><br /> +<span class="vers">Wo der Abend hänget in wolkiger Zeit</span><br /> +<span class="vers">Mit dem wenig Licht. Und geringer</span><br /> +<span class="vers">Rings ist die Nähe. Und Weite, so weit.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch ewig weht der Wind, der nimmer schweiget,</span><br /> +<span class="vers">Im dunklen Lande, herbstlich schon gebraunet,</span><br /> +<span class="vers">Der dunkle Bilder viel vorüber zeiget</span><br /> +<span class="vers">Und dunkle Worte flüchtig trübe raunet.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/29-simson.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/29-simson.xhtml new file mode 100644 index 0000000..320cdfd --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/29-simson.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Simson</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>SIMSON</h3> + +<p> +<span class="vers">In leeren Sälen, die so weit</span><br /> +<span class="vers">Wie leerer Atem, im Abende tot</span><br /> +<span class="vers">Stehet er breit mit dem Feierkleid</span><br /> +<span class="vers">Und der türmenden Mütze rot.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Mauern flohen von ihm hinweg,</span><br /> +<span class="vers">Die krummen Säulen irrten in Nacht hinaus.</span><br /> +<span class="vers">Er ist allein in dem riesigen Haus.</span><br /> +<span class="vers">Und niemand ist da, der ihn hält.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Alle sind fort. Und ein Mäusegeschrei</span><br /> +<span class="vers">Ist oben rund in der Luft.</span><br /> +<span class="vers">Und über die Stiege herum</span><br /> +<span class="vers">Huscht es wie Hunde vorbei.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/30-die-tauben-ii.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/30-die-tauben-ii.xhtml new file mode 100644 index 0000000..3e0ed79 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/30-die-tauben-ii.xhtml @@ -0,0 +1,61 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Tauben II</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE TAUBEN II</h3> + +<p> +<span class="vers">Doch nachts im Schatten ihrer hohen Träume,</span><br /> +<span class="vers">Wie unter großer Eichen kühlem Dach,</span><br /> +<span class="vers">Klingt um sie laut das Dunkel hundertfach,</span><br /> +<span class="vers">Und Sterne fahren singend durch die Räume,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Vom Hauche Gottes durch das All getrieben,</span><br /> +<span class="vers">Mit goldnen Federn in die Nacht gespreizt,</span><br /> +<span class="vers">Kometen, die mit trübem Schrei zerstieben,</span><br /> +<span class="vers">Der traurig ihre schlaffen Ohren beizt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sie horchen auf des Waldes Ruhe unten,</span><br /> +<span class="vers">Wie in den Wurzeln blau der Schlummer schwillt,</span><br /> +<span class="vers">Und auf der Erde schweres Atmen drunten,</span><br /> +<span class="vers">Das langsam ihre großen Höhlen füllt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und wieder klingt's in ihrem Frieden leise,</span><br /> +<span class="vers">Wenn das verborgne Silber wachsend schwärt</span><br /> +<span class="vers">Und das Geräusch der Sonne auf der Reise,</span><br /> +<span class="vers">Die unten über weite Meere fährt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Auf einmal hören sie die Stürme wehen,</span><br /> +<span class="vers">Und laute Glocken läuten durch die Nacht.</span><br /> +<span class="vers">Sie möchten gern dem Schall entgegengehen,</span><br /> +<span class="vers">Erhört, entfesselt, in das Licht gebracht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch plötzlich bricht es ab. Und nur ein Zittern</span><br /> +<span class="vers">Ist rund im Raum, das sie im Ohre nagt,</span><br /> +<span class="vers">Wie wenn in Sarges Enge im Verwittern</span><br /> +<span class="vers">Ein Toter weint und seine Trauer klagt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein Lächeln kraut sie dann, daß sie noch leben,</span><br /> +<span class="vers">Der Sabber hängt sich um ihr feistes Kinn,</span><br /> +<span class="vers">Und jemand kommt mit Fingern leis, die schweben</span><br /> +<span class="vers">Voll Liebe auf den Rettichköpfen hin.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/31-das-infernalische-abendmahl.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/31-das-infernalische-abendmahl.xhtml new file mode 100644 index 0000000..b8aadf8 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/31-das-infernalische-abendmahl.xhtml @@ -0,0 +1,139 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Das infernalische Abendmahl</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DAS INFERNALISCHE ABENDMAHL</h3> + +<p> +<span class="vers">Ihr, denen ward das Blut vor Trauer bleich,</span><br /> +<span class="vers">Ihr, die der Sturm der Qualen stets durchrast,</span><br /> +<span class="vers">Ihr, deren Stirn der Lasten weites Reich,</span><br /> +<span class="vers">Ihr, deren Auge Kummer schon verglast,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ihr, denen auf der jungen Schläfe brennt</span><br /> +<span class="vers">Wie Aussatz schon das große Totenmal,</span><br /> +<span class="vers">Tretet heran, empfangt das Sakrament</span><br /> +<span class="vers">Verfluchter Hostien in dem Haus der Qual.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Besteigt die Brücke auf dem schwarzen Fluß,</span><br /> +<span class="vers">Darüber wallet der Verfluchten Schar.</span><br /> +<span class="vers">Und dunkel grüßt Euch groß der Portikus,</span><br /> +<span class="vers">Durch den in Dämmrung glänzt der Hochaltar.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nachtschwarze Wolken drängen in den Dom</span><br /> +<span class="vers">Voll Sturm und Blitzen durch das große Tor.</span><br /> +<span class="vers">Ein Wetter tost. Im schwarzen Regenstrom</span><br /> +<span class="vers">Versinkt der Orgel Ton im fernen Chor.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Gräber springen auf. Der Toten Hand</span><br /> +<span class="vers">Streckt weiß und kalt die Knochenfinger aus.</span><br /> +<span class="vers">Sie winken Euch aus ihrem dunklen Land.</span><br /> +<span class="vers">Und ihr Geschrei erfüllt das Riesenhaus.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die Fliesen brechen auf. Und Lethe braust</span><br /> +<span class="vers">Tief unten über einen Wasserfall.</span><br /> +<span class="vers">Der Abgrund schwindelt Meilen tief und saust</span><br /> +<span class="vers">Von ungeheurer Stürme weitem Hall.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hoch wo das Dunkel seine Schatten türmt</span><br /> +<span class="vers">Durch Ewigkeiten fern vom Grund der Qual,</span><br /> +<span class="vers">Hoch oben, wo im Dom der Regen stürmt,</span><br /> +<span class="vers">Erscheint des Gottes Haupt, wie Morgen fahl.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Die weiten Kirchen füllt der Sphären Traum</span><br /> +<span class="vers">Voll Schweigen, das wie leise Harfen klingt,</span><br /> +<span class="vers">Da, wie der Mond vom großen Himmelsraum</span><br /> +<span class="vers">Des Gottes weißes Haupt heruntersinkt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tretet heran. Sein Mund ist süß wie Frucht,</span><br /> +<span class="vers">Sein Blut ist wie der Wein, langsam und schwer.</span><br /> +<span class="vers">Auf seiner Lippen dunkelroter Bucht</span><br /> +<span class="vers">Wiegt blaue Glut von fernem Sommermeer.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tretet heran. Wie Flaum von Faltern zart,</span><br /> +<span class="vers">Wie eines jungen Sternes goldne Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Zittert sein Mund in seinem goldnen Bart,</span><br /> +<span class="vers">Wie Chrysolyth in einem tiefen Schacht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tretet heran. Wie einer Schlange Haut</span><br /> +<span class="vers">So kühl ist er, weich wie ein Purpurkleid,</span><br /> +<span class="vers">Wie Abendrot, so sanft, das übergraut</span><br /> +<span class="vers">Brennender Liebe wildes Herzeleid.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Der Gram gefallner Engel ruht, ein Traum,</span><br /> +<span class="vers">Auf seiner Stirn, der Qualen weißem Thron,</span><br /> +<span class="vers">Wie Schläfer traurig, denen floh zum Saum</span><br /> +<span class="vers">Des blassen Morgens ihre Vision.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tiefer als tausend leere Himmel tief</span><br /> +<span class="vers">Ist seine Schwermut, wie die Hölle schön,</span><br /> +<span class="vers">Wo in den roten Abgrund sich verlief</span><br /> +<span class="vers">Ein bleicher Sonnenstrahl aus Mittagshöhn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sein Leid ist wie ein Leuchter in der Nacht,</span><br /> +<span class="vers">Scheuet die Flamme, die sein Haupt umloht</span><br /> +<span class="vers">Und doppelhörnig in der düstren Pracht</span><br /> +<span class="vers">Aus seinem Lockenwald ins Dunkel droht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sein Leid ist wie ein Teppich, drauf die Schrift</span><br /> +<span class="vers">Der Kabbalisten brennt durch Dunkelheit,</span><br /> +<span class="vers">Ein Eiland, dem vorbei ein Segler schifft,</span><br /> +<span class="vers">Wenn in den Bergen fern das Einhorn schreit.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sein Leid trägt eines Schattenwaldes Duft,</span><br /> +<span class="vers">Wo großer Sümpfe Trauervögel ziehn,</span><br /> +<span class="vers">Ein König, der durch seiner Ahnen Gruft</span><br /> +<span class="vers">Nachdenklich geht in weißem Hermelin.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Tretet heran, entflammt von seinem Gram.</span><br /> +<span class="vers">Trinkt seinen Atem, der so kühl wie Eis,</span><br /> +<span class="vers">Der über tausend Paradiese kam,</span><br /> +<span class="vers">Voll Duft, der jeden Kummer weiß.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er lächelt, seht. Und Eurer Seele Bild</span><br /> +<span class="vers">Wird wie ein Weiher, der im Schilfe schweigt,</span><br /> +<span class="vers">Wo leis des Hirtengottes Flöte schwillt,</span><br /> +<span class="vers">Der durch die Lorbeerschlucht heruntersteigt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Schlaft ein. Die Nacht, die schwarz im Dome hängt,</span><br /> +<span class="vers">Verlöscht die Lampen an dem Hochaltar.</span><br /> +<span class="vers">Der große Adler seines Schweigens senkt</span><br /> +<span class="vers">Auf Eure Stirn sein dunkles Schwingenpaar.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Schlaft, schlaft. Des Gottes dunkler Mund, er streift</span><br /> +<span class="vers">Euch herbstlich kühl, wie kalter Gräber Wind,</span><br /> +<span class="vers">Darauf des falschen Kusses Blume reift,</span><br /> +<span class="vers">Wie Meltau giftig, gelb wie Hyacinth.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/32-meine-seele.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/32-meine-seele.xhtml new file mode 100644 index 0000000..fa6ad83 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/32-meine-seele.xhtml @@ -0,0 +1,32 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Meine Seele</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>MEINE SEELE</h3> + +<div class="dedication">GOLO GANGI GEWIDMET</div> + +<p> +<span class="vers">Meine Seele ist eine Schlange,</span><br /> +<span class="vers">Die ist schon lange tot,</span><br /> +<span class="vers">Nur manchmal in Herbstesmorgen,</span><br /> +<span class="vers">Entblättertem Abendrot</span><br /> +<span class="vers">Wachse ich steil aus dem Fenster,</span><br /> +<span class="vers">Wo fallende Sterne sind,</span><br /> +<span class="vers">Über den Blumen und Kressen</span><br /> +<span class="vers">Meine Stirne spiegelt</span><br /> +<span class="vers">Im stöhnenden Nächte-Wind.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/33-deine-wimpern.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/33-deine-wimpern.xhtml new file mode 100644 index 0000000..49695ad --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/33-deine-wimpern.xhtml @@ -0,0 +1,91 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>»Deine Wimpern, die langen....«</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>»DEINE WIMPERN, DIE LANGEN....«</h3> + +<p> +<span class="vers">Deine Wimpern, die langen,</span><br /> +<span class="vers">Deiner Augen dunkele Wasser,</span><br /> +<span class="vers">Laß mich tauchen darein,</span><br /> +<span class="vers">Laß mich zur Tiefe gehn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Steigt der Bergmann zum Schacht</span><br /> +<span class="vers">Und schwankt seine trübe Lampe</span><br /> +<span class="vers">Über der Erze Tor,</span><br /> +<span class="vers">Hoch an der Schattenwand,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Sieh, ich steige hinab,</span><br /> +<span class="vers">In deinem Schoß zu vergessen,</span><br /> +<span class="vers">Fern was von oben dröhnt,</span><br /> +<span class="vers">Helle und Qual und Tag.</span></p> + +<p> +<span class="vers">An den Feldern verwächst,</span><br /> +<span class="vers">Wo der Wind steht, trunken vom Korn,</span><br /> +<span class="vers">Hoher Dorn, hoch und krank</span><br /> +<span class="vers">Gegen das Himmelsblau.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Gib mir die Hand,</span><br /> +<span class="vers">Wir wollen einander verwachsen,</span><br /> +<span class="vers">Einem Wind Beute,</span><br /> +<span class="vers">Einsamer Vögel Flug,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Hören im Sommer</span><br /> +<span class="vers">Die Orgel der matten Gewitter,</span><br /> +<span class="vers">Baden in Herbsteslicht,</span><br /> +<span class="vers">Am Ufer des blauen Tags.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Manchmal wollen wir stehn</span><br /> +<span class="vers">Am Rand des dunkelen Brunnens,</span><br /> +<span class="vers">Tief in die Stille zu sehn,</span><br /> +<span class="vers">Unsere Liebe zu suchen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Oder wir treten hinaus</span><br /> +<span class="vers">Vom Schatten der goldenen Wälder,</span><br /> +<span class="vers">Groß in ein Abendrot,</span><br /> +<span class="vers">Das dir berührt sanft die Stirn.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Göttliche Trauer,</span><br /> +<span class="vers">Schweige der ewigen Liebe.</span><br /> +<span class="vers">Hebe den Krug herauf,</span><br /> +<span class="vers">Trinke den Schlaf.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Einmal am Ende zu stehen,</span><br /> +<span class="vers">Wo Meer in gelblichen Flecken</span><br /> +<span class="vers">Leise schwimmt schon herein</span><br /> +<span class="vers">Zu der September Bucht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Oben zu ruhn</span><br /> +<span class="vers">Im Hause der dürftigen Blumen,</span><br /> +<span class="vers">Über die Felsen hinab</span><br /> +<span class="vers">Singt und zittert der Wind.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch von der Pappel,</span><br /> +<span class="vers">Die ragt im Ewigen Blauen,</span><br /> +<span class="vers">Fällt schon ein braunes Blatt,</span><br /> +<span class="vers">Ruht auf dem Nacken Dir aus.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/34-die-nebelstaedte.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/34-die-nebelstaedte.xhtml new file mode 100644 index 0000000..95417c9 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/34-die-nebelstaedte.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Nebelstädte</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE NEBELSTÄDTE . . .</h3> + +<p> +<span class="vers">Der Nebelstädte</span><br /> +<span class="vers">Winzige Wintersonne</span><br /> +<span class="vers">Leuchtet mir mitten ins gläserne Herz.</span><br /> +<span class="vers">Das ist voll vertrockneter Blumen</span><br /> +<span class="vers">Gleich einem gestorbenen Garten.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Wohl war im Frührot noch</span><br /> +<span class="vers">Blutiger Wolken Krampf,</span><br /> +<span class="vers">Und der sterbenden Städte</span><br /> +<span class="vers">Schultern zuckten im Kampf,</span><br /> +<span class="vers">Wir aber gingen von dannen,</span><br /> +<span class="vers">Zerrissen uns mit mit ein Mal,</span><br /> +<span class="vers">Dumpf scholl aus dem wilden Gestreite</span><br /> +<span class="vers">Finsternis, . . . . ., siebenfarbiger Qual.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch niemand rühret das starre</span><br /> +<span class="vers">Gestern noch mit der Hand,</span><br /> +<span class="vers">Da der rostige Mond</span><br /> +<span class="vers">Kollerte unter den Rand</span><br /> +<span class="vers">In wolkiger Winde Geknarre.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/35-die-voegel.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/35-die-voegel.xhtml new file mode 100644 index 0000000..26ec1d1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/35-die-voegel.xhtml @@ -0,0 +1,51 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Vögel</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE VÖGEL</h3> + +<p class="subheading">(BRUCHSTÜCK)</p> + +<p> +<span class="vers">Wie trübe Morgen langsamer Tage</span><br /> +<span class="vers">Über den Seen und Sümpfen voll Klage,</span><br /> +<span class="vers">Über dem schillernden Schilf ruht die Nacht.</span><br /> +<span class="vers">Regen beginnt; in den Bäumen erwacht</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ein Geschrei. Und huschen die Hunde</span><br /> +<span class="vers">Rund um die Mauern mit heiserem Munde.</span><br /> +<span class="vers">Aber die Türme steigen von Bergen, bleichen,</span><br /> +<span class="vers">Und hocken stumm um verschrumpfte Teiche.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Eine Fackel brennt auf. Und die Vögel der Öden</span><br /> +<span class="vers">Steigen herauf in die Wolken-Böden,</span><br /> +<span class="vers">Hoch von den kahlen Sitzen und Horsten,</span><br /> +<span class="vers">Morsche Flügel und trostlos zerborsten.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Langsam mit ihren gewaltigen Händen</span><br /> +<span class="vers">Fassend die Nacht an den dunkelnden Enden,</span><br /> +<span class="vers">Drehend wie Schatten und böse Gedanken,</span><br /> +<span class="vers">Die in brechenden Wolken schwanken.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Plötzlich stürmet vorbei vor dem Mond ein Geschwirre,</span><br /> +<span class="vers">Und er schreit wie ein Kind vor der Federn Geklirre,</span><br /> +<span class="vers">Schlagend den Flügel, nisten sie über ihm</span><br /> +<span class="vers">Und krähen ihr Lied . . .</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/36-die-taenzerin.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/36-die-taenzerin.xhtml new file mode 100644 index 0000000..326d15f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/36-die-taenzerin.xhtml @@ -0,0 +1,46 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Tänzerin in der Gemme</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE TÄNZERIN IN DER GEMME</h3> + +<div class="dedication">ROBERT JENTZSCH GEWIDMET</div> + +<p> +<span class="vers">Lange verschlossen, tief im runden Steine</span><br /> +<span class="vers">Mit einem Trauerbaum und dünnen Zweigen,</span><br /> +<span class="vers">Noch hebt sie um den Hals den sanften Schleier</span><br /> +<span class="vers">Und geht im Tanz dahin in stiller Feier.</span></p> + + +<p> +<span class="vers">Immer noch fort, wo schon die Götter gestorben</span><br /> +<span class="vers">Über den Inseln, und draußen gezogen</span><br /> +<span class="vers">Ist das Meer unter schläfrigen Wolken,</span><br /> +<span class="vers">Unter dem Ufer murrte die Woge.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Orpheus ging einst. Und sie sann seiner Schritte</span><br /> +<span class="vers">Durch die Schluchten herunter zur Ebene,</span><br /> +<span class="vers">Da sie lag im Schilf mit den wolligen Herden.</span><br /> +<span class="vers">Aber ferne ging die Flöte des Gottes.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Über der grünen Ruhe der toten Fluren,</span><br /> +<span class="vers">Die so einsam sang ihre Traurigkeit</span><br /> +<span class="vers">Grauer Gewölbe über die Weiden weit,</span><br /> +<span class="vers">Wo die Tiere gingen mit tiefem Horne.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/37-hora-mortis.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/37-hora-mortis.xhtml new file mode 100644 index 0000000..940a876 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/37-hora-mortis.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Hora mortis</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>HORA MORTIS</h3> + +<p> +<span class="vers">Gebannt in die Trauer der endlosen Horizonte,</span><br /> +<span class="vers">Wo nur ein Baum sich wand unter Schmerz,</span><br /> +<span class="vers">Sanken wir, Bergleuten gleich, in das Schweigen der Grube</span><br /> +<span class="vers">Unserer Qual. Und von Leere schwoll uns das Herz.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Trüb wie die Winde, im Schierling, bei Büschen und Weiden</span><br /> +<span class="vers">Haben wir unsere Hände im Dunkel gesenkt,</span><br /> +<span class="vers">Und dann gingen wir lässig, und freuten uns unserer Leiden,</span><br /> +<span class="vers">Arme Spiegel, darin sich ein düsterer Abend fängt.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nachtwandlern gleich, gejagt vom Entsetzen der Träume,</span><br /> +<span class="vers">Die seufzend sich stoßen mit blinder Hand,</span><br /> +<span class="vers">Also schwankten wir in des Herbstes verschwindende Räume,</span><br /> +<span class="vers">Der wie ein Riese sich hob in die Nacht und versank.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber im Wolkenland, im Finstern, sahn wir die Schatten</span><br /> +<span class="vers">Schwarzer Störche und hörten den traurigen Flug,</span><br /> +<span class="vers">Und wir schwanden dahin in Schwermut und bittrem Ermatten,</span><br /> +<span class="vers">Blutleere Seele, die Lethe durch Höhlen voll Kummer trug.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/38-judas.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/38-judas.xhtml new file mode 100644 index 0000000..490825d --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/38-judas.xhtml @@ -0,0 +1,36 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Judas</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>JUDAS</h3> + +<p> +<span class="vers">Die Locke der Qual springt über der Stirne,</span><br /> +<span class="vers">Drin wispern Winde und viele Stimmen,</span><br /> +<span class="vers">Die wie Wasser vorüberschwimmen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Doch er rennet bei Ihm gleich einem Hunde.</span><br /> +<span class="vers">Und er picket die Worte hervor in dem Kote.</span><br /> +<span class="vers">Und er wieget sie schwer. Sie werden tote.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Ah, der Herr ging über die Felder weiß</span><br /> +<span class="vers">Sanft hinab am schwebenden Abendtag,</span><br /> +<span class="vers">Und die Ähren sangen zum Preis,</span><br /> +<span class="vers">Seine Füße waren wie Fliegen klein</span><br /> +<span class="vers">In goldener Himmel gellem Schein.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/39-der-garten.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/39-der-garten.xhtml new file mode 100644 index 0000000..92ea49d --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/39-der-garten.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Garten</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER GARTEN</h3> + +<p> +<span class="vers">Der Mund ist feucht und wie bei Fischen breit</span><br /> +<span class="vers">Und leuchtet rot in dem toten Garten.</span><br /> +<span class="vers">Sein Fuß ist glatt und über den Wegen breit,</span><br /> +<span class="vers">Winde gehen hervor aus dem faltigen Kleid.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Er umarmet den Gott, der dünn wie aus Silber</span><br /> +<span class="vers">Unter ihm knickt. Und im Rücken die Finger</span><br /> +<span class="vers">Legt er ihm schwarz wie härige Krallen.</span><br /> +<span class="vers">Quere Feuer, die aus den Augen fallen.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Schatten gehen und Lichter, manchmal im Mond</span><br /> +<span class="vers">Ein Gesause der Blätter. Aus warmer Nacht</span><br /> +<span class="vers">Trüber Frost. Und unten rufen die Hörner</span><br /> +<span class="vers">Wandelnder Wächter über der gelben Stadt.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/40-pilatus.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/40-pilatus.xhtml new file mode 100644 index 0000000..3ba0bc4 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/40-pilatus.xhtml @@ -0,0 +1,43 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Pilatus</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>PILATUS</h3> + +<p> +<span class="vers">Ein Lächeln schiefen Grames, das verschwindet</span><br /> +<span class="vers">Hinein in seiner Stirne weißes Tor.</span><br /> +<span class="vers">Er sitzt auf seinem Stuhl. Seine Hände erhoben</span><br /> +<span class="vers">Brechen den Stab und fallen von oben.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber wie eine Blume voll grüner Helle</span><br /> +<span class="vers">Leuchtet im Dunkel der Höfe der König der Juden</span><br /> +<span class="vers">Und die Stirn, die sie schattig mit Dornen beluden,</span><br /> +<span class="vers">Brennt wie ein Stein in fahler Grelle.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und der Gott steigt hinauf, von den Schultern gehoben</span><br /> +<span class="vers">Riesiger Engel. Er singet, ein Schwan,</span><br /> +<span class="vers">Leicht und klein fährt er auf, in strahlender Bahn,</span><br /> +<span class="vers">Und der Vater im Glanze wartet sein droben.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber der Richter am blauen Gebirge,</span><br /> +<span class="vers">Hänget im riesigen Mantel wie faltige Frucht.</span><br /> +<span class="vers">Wilder kommt der Abend über die hallenden Öden,</span><br /> +<span class="vers">Schweigsame Wasser fallen in grüner Schlucht.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/41-der-baum.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/41-der-baum.xhtml new file mode 100644 index 0000000..19f4153 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/41-der-baum.xhtml @@ -0,0 +1,55 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Der Baum</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DER BAUM</h3> + +<p> +<span class="vers">Sonne hat ihn gesotten,</span><br /> +<span class="vers">Wind hat ihn dürr gemacht,</span><br /> +<span class="vers">Kein Baum wollte ihn haben,</span><br /> +<span class="vers">Überall fiel er ab.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nur eine Eberesche,</span><br /> +<span class="vers">Mit roten Beeren bespickt,</span><br /> +<span class="vers">Wie mit feurigen Zungen,</span><br /> +<span class="vers">Hat ihm Obdach gegeben.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und da hing er mit Schweben,</span><br /> +<span class="vers">Seine Füße lagen im Gras.</span><br /> +<span class="vers">Die Abendsonne fuhr blutig</span><br /> +<span class="vers">Durch die Rippen ihm naß,</span></p> + +<p> +<span class="vers">Schlug die Ölwälder alle</span><br /> +<span class="vers">Über der Landschaft herauf,</span><br /> +<span class="vers">Gott in dem weißen Kleide</span><br /> +<span class="vers">Tat in den Wolken sich auf.</span></p> + +<p> +<span class="vers">In den blumigen Gründen</span><br /> +<span class="vers">Singendes Schlangengezücht,</span><br /> +<span class="vers">In den silbernen Hälsen</span><br /> +<span class="vers">Zwitscherte dünnes Gerücht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Und sie zitterten alle</span><br /> +<span class="vers">Über dem Blätterreich,</span><br /> +<span class="vers">Hörend die Hände des Vaters</span><br /> +<span class="vers">Im hellen Geäder leicht.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/42-die-messe.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/42-die-messe.xhtml new file mode 100644 index 0000000..62cfa7b --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/42-die-messe.xhtml @@ -0,0 +1,39 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Messe</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>DIE MESSE</h3> + +<div class="subheading">(ALS MEINE SCHWESTER WEINTE)</div> + +<p> +<span class="vers">Bei dreier Kerzen mildem Lichte</span><br /> +<span class="vers">Die Leiche schläft. Und hohe Mönche gehen</span><br /> +<span class="vers">Um sie herum. Und legen ihre Finger</span><br /> +<span class="vers">Manchmal über ihr Angesicht.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Froh sind die Toten, die zur Ruhe kehren</span><br /> +<span class="vers">Und strecken ihre weißen Hände aus,</span><br /> +<span class="vers">Den Engeln zu, die groß und schattig gehen</span><br /> +<span class="vers">Mit Flügelschlagen durch das hohe Haus.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Nur manchmal schallt ein Weinen durch die Wände,</span><br /> +<span class="vers">Ein tiefes Schluchzen wälzt sich in der Lust.</span><br /> +<span class="vers">Man kreuzet ihre hagern Finger-Hände</span><br /> +<span class="vers">Zum Frieden sanft auf die verhaarte Brust.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/43-hymne.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/43-hymne.xhtml new file mode 100644 index 0000000..eac15a2 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/43-hymne.xhtml @@ -0,0 +1,37 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Hymne</title> +</head> +<body> + +<div class="poem"> + +<h3>HYMNE</h3> + +<p> +<span class="vers">Unendliche Wasser rollen über die Berge,</span><br /> +<span class="vers">Unendliche Meere kränzen die währende Erde,</span><br /> +<span class="vers">Unendliche Nächte kommen wie dunkele Heere</span><br /> +<span class="vers">Mit Stürmen herauf, die oberen Wolken zu stören.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Unendliche Orgeln brausen in tausend Röhren,</span><br /> +<span class="vers">Alle Engel schreien in ihren Pfeifen</span><br /> +<span class="vers">Über die Türme hinaus, die gewaltig schweifen</span><br /> +<span class="vers">In ewiger Räume verblauende Leere.</span></p> + +<p> +<span class="vers">Aber die Herzen im unteren Leben verzehret,</span><br /> +<span class="vers">Bei dem schmetternden Schallen verzweifelter Flöten</span><br /> +<span class="vers">Hoben wie Schatten sich auf in tötlichem Sehnen,</span><br /> +<span class="vers">Jenseit lieblicher Abendröten.</span></p> + +</div> + +</body> +</html> diff --git a/OEBPS/Text/umbra-vitae/nachwort.xhtml b/OEBPS/Text/umbra-vitae/nachwort.xhtml new file mode 100644 index 0000000..74f8b6f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/umbra-vitae/nachwort.xhtml @@ -0,0 +1,57 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Nachwort</title> +</head> +<body> + +<h3>NACHWORT</h3> + +<p> +Georg Heym‚ aus einer alten Beamten- und Pastorenfamilie +stammend, ist am 30. Oktober 1887 in Hirschberg (Schlesien) +als der einzige Sohn des damaligen Staatsanwalts, jetzigen +Kaiserl. Militäranwaltes a. D. Hermann Heym und der Frau +Jenny Heym geb. Taistrzik geboren. Dreizehnjährig kam er +nach Berlin. Als er das Gymnasium absolviert hatte, widmete +er sich in Würzburg, später in Berlin dem juristischen +Studium. Er bestand im Januar 1911 das Referendarexamen und +Ende 1911 die Prüfung zum Doctor juris. Dann dachte er unter +anderem daran, Offizier zu werden oder sich der +Konsulatskarriere zu widmen.</p> + +<p> +Beim Eislaufen auf der Havel brach er ein und ertrank mit +seinem Freunde, dem Lyriker cand. phil. Ernst Balcke‚ am 16. +Januar 1912, nachmittags, bei Schwanenwerder; sein Grab ist +auf dem Friedhof der Luisengemeinde in Charlottenburg.</p> + +<p> +»Der Ewige Tag« entstand in der Zeit vom März 1910 bis +Januar 1911. Der vorliegende Band enthält spätere Gedichte; +das letzte, »Die Messe«, entstand am 15. Januar 1912.</p> + +<p> +Dieser Band wurde gemeinsam von David Baumgardt, Golo Gangi‚ +W.S. Ghuttmann‚ Jacob van Hoddis und Robert Jentzsch +besorgt, zu denen Georg Heym in literarischen Beziehungen +stand. Den Titel »Umbra Vitae« hatte Georg Heym seinem +zweiten Gedichtband zu geben beabsichtigt.</p> + +<p> +Die Veröffentlichung erfolgt auf Grund der von Georg Heym +mit dem Verlage Ernst Rowohlt geschlossenen, für die Eltern +rechtlich verbindlichen Verträge.</p> + +<p> +BERLIN, Mai 1912.</p> + +<p class="right"> +DIE HERAUSGEBER.</p> + +</body> +</html> |