From fe59e9c21666528f38fcafdad68c4986d0f879f3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 15:34:57 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html | 258 +++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 258 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html (limited to 'OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html') diff --git a/OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html b/OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html new file mode 100644 index 0000000..efa2dd0 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/01_junge_leiden/03_romanzen/09.html @@ -0,0 +1,258 @@ + + + + + + + + IX. Don Ramiro. + + + +

IX.

+
Don Ramiro.
+ +

+»Donna Clara! Donna Clara!
+Heißgeliebte langer Jahre,
+Hast beschlossen mein Verderben,
+Hast beschlossen ohn' Erbarmen. +

+

+Donna Clara! Donna Clara!
+Ist doch süß die Lebensgabe!
+Aber unten ist es grausig,
+In dem dunkeln, kalten Grabe. +

+

+Donna Clara! Freu' dich, morgen
+Wird Fernando, am Altare,
+Dich als Ehgemahl begrüßen.
+Wirst du mich zur Hochzeit laden?«; +

+

+»Don Ramiro! Don Ramiro!
+Deine Worte treffen bitter,
+Bitt'rer als der Spruch der Sterne,
+Die da spotten meines Willens. +

+

+Don Ramiro! Don Ramiro!
+Rüttle ab den dumpfen Trübsinn;
+Mädchen giebt es viel auf Erden,
+Aber uns hat Gott geschieden. +

+

+Don Ramiro! Ueberwinder
+Vieler tausend Mohrenritter!
+Ueberwinde nun dich selber, –
+Komm' auf meine Hochzeit, Lieber.«; +

+

+»Donna Clara! Donna Clara!
+Ja, ich schwör' es, ja ich komme!
+Will mit dir den Reihen tanzen;
+Gute Nacht, ich komme morgen.«; +

+

+»Gute Nacht!«; – Das Fenster klirrte.
+Seufzend stand Ramiro unten,
+Stand noch lange wie versteinert;
+Endlich schwand er fort im Dunkeln. – +

+

+Endlich auch nach langem Ringen,
+Muß die Nacht dem Tage weichen;
+Wie ein bunter Blumengarten
+Liegt Toledo ausgebreitet. +

+

+Prachtgebäude und Paläste
+Schimmern hell im Glanz der Sonne;
+Und der Kirchen hohe Kuppeln
+Leuchten stattlich wie vergoldet. +

+

+Dumpfig und wie Bienensummen
+Klingt der Glocken Festgeläute,
+Lieblich steigen Betgesänge
+Aus den frommen Gotteshäusern. +

+

+Aber dorten, siehe! siehe!
+Dorten aus der Marktkapelle
+Strömt die bunte Volkesmenge,
+Im Gewimmel und Gedränge. +

+

+Blanke Ritter, schmucke Frauen,
+Hofgesinde festlich blinkend,
+Und die hellen Glocken läuten,
+Und die Orgel rauscht dazwischen. +

+

+Doch mit Ehrfurcht ausgewichen
+Schreitet stolz das junge Ehpaar;
+Donna Clara schwarz verschleiert,
+Don Fernando, waffenglänzend. +

+

+Tausend Augen schaun nach ihnen,
+Tausend frohe Stimmen rufen:
+Heil Kastiliens Mädchensonne!
+Heil Kastiliens Ritterblume! +

+

+Bis an Bräutigams Palastthor
+Wälzet sich das Volksgewühle;
+Dort beginnt die Hochzeitfeier,
+Prunkhaft und nach alter Sitte. +

+

+Ritterspiel und frohe Tafel
+Wechseln unter lautem Jubel;
+Rauschend schnell entfliehn die Stunden
+Bis die Nacht herabgesunken. +

+

+Und zum Tanze sich versammeln
+Dort im Saal die Hochzeitgäste;
+Alle funkeln buntbeleuchtet
+Von dem Lichterheer der Kerzen. +

+

+Don Fernando stralt wie'n König
+In dem güldnen Purpurmantel;
+Clara wie die junge Rose,
+Blüht im weißen Brautgewande. +

+

+Auf erhobne Ehrensitze
+Rings von Dienerschaft umwoget,
+Ließen sich die beiden nieder,
+Und sie tauschten süße Worte. +

+

+Und im Saale braust es dumpfig,
+Wie ein Meer von Sturm beweget!
+Und die lauten Pauken wirbeln,
+Und es schmettern die Trommeten. +

+

+»Doch warum, o schöne Herrin,
+Sind gerichtet deine Blicke
+Dorthin nach der Saalesecke?«;
+So verwundert sprach der Ritter. +

+

+»Siehst du denn nicht, Don Fernando,
+Dort den Mann im schwarzen Mantel?«;
+Und der Ritter lächelt freundlich:
+»Ach! das ist ja nur ein Schatten.«; +

+

+Doch es nähert sich der Schatten,
+Und es war ein Mann im Mantel;
+Und Ramiro schnell erkennend,
+Grüßt ihn Clara, gluthbefangen. +

+

+Und der Tanz hat schon begonnen,
+Munter drehen sich die Tänzer;
+Und der Boden dröhnt und zittert
+Von dem rauschenden Getöse. +

+

+»Wahrlich gerne, Don Ramiro,
+Will ich dir zum Tanze folgen,
+Doch im nächtlich schwarzen Mantel
+Hättest du nicht kommen sollen.«; +

+

+Mit durchbohrend stieren Augen
+Schaut Ramiro auf die Holde,
+Sie umschlingend spricht er düster:
+»Sprachest ja ich sollte kommen!«; +

+

+Und in's wilde Tanzgetümmel
+Drängen sich die beiden Tänzer;
+Und die lauten Pauken wirbeln,
+Und es schmettern die Trommeten. +

+

+»Sind ja schneeweiß deine Wangen!«;
+Flüstert Clara heimlich schauernd.
+»Sprachest ja ich sollte kommen!«;
+Schallet dumpf Ramiros Stimme. +

+

+Und im Saal die Kerzen blinzeln
+Durch das flutende Gedränge;
+Und die lauten Pauken wirbeln,
+Und es schmettern die Trommeten. +

+

+»Sind ja eiskalt deine Hände!«;
+Flüstert Clara, schauerzuckend.
+»Sprachest ja ich sollte kommen!«;
+Und sie treiben fort im Strudel. +

+

+»Laß mich, laß mich! Don Ramiro!
+Leichenduft ist ja dein Odem!«;
+Wie als Echo schallen heiser
+Don Ramiros grause Worte. +

+

+Und der Boden raucht und glühet,
+Lustig fiedelen die Geiger;
+Wie ein tolles Zauberweben,
+Schwindelt alles im Gekreisel. +

+

+»Laß mich, laß mich! Don Ramiro!«;
+Wimmert's immer im Gewoge.
+Immer schnarret hohl die Antwort:
+»Sprachest ja ich sollte kommmen!«; +

+

+»Nun so geh in Gottes Namen!«;
+Clara rief's mit fester Stimme,
+Und dies Wort war kaum entfahren,
+Und verschwunden war Ramiro. +

+

+Clara starret, Tod im Antlitz,
+Kaltumflirret, nachtumwoben;
+Ohnmacht hat das lichte Bildniß
+In ihr dunkles Reich gezogen. +

+

+Endlich weicht der Nebelschlummer,
+Endlich schlägt sie auf die Wimper;
+Aber Staunen will auf's neue
+Ihre holden Augen schließen. +

+

+Denn derweil der Tanz begonnen
+War sie nicht vom Sitz gewichen,
+Und sie sitzt noch bei dem Bräut'gam;
+Und der Ritter sorgsam bittet: +

+

+»Sprich, was bleichen deine Wangen?
+Sprich, was wird dein Aug so dunkel? – «;
+»Und Ramiro? – – –«; schaudert Clara,
+Und Entsetzen lähmt die Zunge. +

+

+Doch mit tiefen, ernsten Falten
+Furch't sich jetzt des Bräut'gams Stirne:
+»Herrin, forsch' nicht blut'ge Kunde, –
+Heute Mittag starb Ramiro.«; +

+ + + -- cgit v1.2.3