From fe59e9c21666528f38fcafdad68c4986d0f879f3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Wed, 4 Mar 2020 15:34:57 +0100 Subject: initial commit --- OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html | 145 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 145 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html (limited to 'OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html') diff --git a/OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html b/OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html new file mode 100644 index 0000000..17c8e35 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03_die_heimkehr/93.html @@ -0,0 +1,145 @@ + + + + + + + + Die Wallfahrt nach Kevlaar. + + + +

Die Wallfahrt nach Kevlaar.

+ +
I.
+ +

+Am Fenster stand die Mutter,
+Im Bette lag der Sohn.
+»Willst du nicht aufstehn, Wilhelm,
+Zu schau'n die Prozession?«; – +

+

+»Ich bin so krank, o Mutter,
+Daß ich nicht hör' und seh';
+Ich denk' an das todte Gretchen,
+Da thut das Herz mir weh.«; – +

+

+»Steh' auf, wir wollen nach Kevlaar,
+Nimm Buch und Rosenkranz;
+Die Mutter Gottes heilt dir
+Dein krankes Herze ganz.«; +

+

+Es flattern die Kirchenfahnen,
+Es singt im Kirchenton;
+Das ist zu Cölln am Rheine,
+Da geht die Prozession. +

+

+Die Mutter folgt der Menge,
+Den Sohn, den führet sie,
+Sie singen beide im Chore:
+Gelobt sey'st du Marie! +

+ +
II.
+ +

+Die Mutter Gottes zu Kevlaar
+Trägt heut' ihr bestes Kleid;
+Heut' hat sie viel zu schaffen,
+Es kommen viel' kranke Leut'. +

+

+Die kranken Leute bringen
+Ihr dar, als Opferspend',
+Aus Wachs gebildete Glieder,
+Viel wächserne Füß' und Händ'. +

+

+Und wer eine Wachshand opfert,
+Dem heilt an der Hand die Wund';
+Und wer einen Wachsfuß opfert,
+Dem wird der Fuß gesund. +

+

+Nach Kevlaar ging Mancher auf Krücken,
+Der jetzo tanzt auf dem Seil',
+Gar Mancher spielt jetzt die Bratsche,
+Dem dort kein Finger war heil. +

+

+Die Mutter nahm ein Wachslicht,
+Und bildete d'raus ein Herz.
+»Bring das der Mutter Gottes,
+Dann heilt sie deinen Schmerz.«; +

+

+Der Sohn nahm seufzend das Wachsherz
+Ging seufzend zum Heiligenbild;
+Die Thräne quillt aus dem Auge,
+Das Wort aus dem Herzen quillt: +

+

+»Du Hochgebenedeite,
+Du reine Gottesmagd,
+Du Königin des Himmels,
+Dir sey mein Leid geklagt! +

+

+»Ich wohnte mit meiner Mutter
+Zu Cöllen in der Stadt,
+Der Stadt, die viele hundert
+Kapellen und Kirchen hat. +

+

+»Und neben uns wohnte Gretchen,
+Doch die ist todt jetzund –
+Marie, dir bring' ich ein Wachsherz,
+Heil' du meine Herzenswund'. +

+

+»Heil' Du mein krankes Herze,
+Ich will auch spät und früh'
+Inbrünstiglich beten und singen:
+Gelobt seyst du, Marie!«; +

+ +
III.
+ +

+Der kranke Sohn und die Mutter,
+Die schliefen im Kämmerlein;
+Da kam die Mutter Gottes
+Ganz leise geschritten herein. +

+

+Sie beugte sich über den Kranken,
+Und legte ihre Hand
+Ganz leise auf sein Herze,
+Und lächelte mild und schwand. +

+

+Die Mutter schaut Alles im Traume,
+Und hat noch mehr geschaut;
+Sie erwachte aus dem Schlummer,
+Die Hunde bellten zu laut. +

+

+Da lag dahingestrecket
+Ihr Sohn, und der war todt;
+Es spielt auf den bleichen Wangen
+Das lichte Morgenroth. +

+

+Die Mutter faltet die Hände,
+Ihr war, sie wußte nicht wie;
+Andächtig sang sie leise:
+Gelobt sey'st du, Marie! +

+ + + -- cgit v1.2.3