<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> <!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> <html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> <head> <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> <title>LXV.</title> </head> <body> <h4>LXV.</h4> <p> Nacht lag auf meinen Augen,<br /> Blei lag auf meinem Mund,<br /> Mit starrem Hirn und Herzen<br /> Lag ich in Grabesgrund. </p> <p> Wie lang kann ich nicht sagen,<br /> Daß ich geschlafen hab';<br /> Ich wachte auf und hörte<br /> Wie's pochte an mein Grab. </p> <p> »Willst du nicht aufstehn, Heinrich?<br /> Der ew'ge Tag bricht an,<br /> Die Todten sind erstanden,<br /> Die ew'ge Lust begann.«; </p> <p> Mein Lieb, ich kann nicht aufstehn,<br /> Bin ja noch immer blind;<br /> Durch Weinen meine Augen<br /> Gänzlich erloschen sind. </p> <p> »Ich will dir küssen, Heinrich,<br /> Vom Auge fort die Nacht;<br /> Die Engel sollst du schauen,<br /> Und auch des Himmels Pracht.«; </p> <p> Mein Lieb ich kann nicht aufstehn,<br /> Noch blutet's immerfort,<br /> Wo du in's Herz mir stachest<br /> Mit einem spitz'gen Wort'. </p> <p> »Ganz leise leg' ich, Heinrich,<br /> Dir meine Hand auf's Herz;<br /> Dann wird es nicht mehr bluten,<br /> Geheilt ist all sein Schmerz.«; </p> <p> Mein Lieb, ich kann nicht aufstehn,<br /> Es blutet auch mein Haupt;<br /> Hab' ja hinein geschossen,<br /> Als du mir wurdest geraubt. </p> <p> »Mit meinen Locken, Heinrich,<br /> Stopf' ich des Hauptes Wund',<br /> Und dräng' zurück den Blutstrom,<br /> Und mache dein Haupt gesund.«; </p> <p> Es bat so sanft, so lieblich,<br /> Ich konnt' nicht widerstehn;<br /> Ich wollte mich erheben,<br /> Und zu der Liebsten gehn. </p> <p> Da brachen auf die Wunden,<br /> Da stürzt' mit wilder Macht<br /> Aus Kopf und Brust der Blutstrom,<br /> Und sieh! – ich bin erwacht. </p> </body> </html>