I.

Meergruß.

Thalatta! Thalatta!
Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer!
Sey mir gegrüßt zehntausendmal
Aus jauchzendem Herzen
Wie einst dich begrüßten
Zehntausend Griechenherzen,
Unglückbekämpfende, heimathverlangende,
Weltberühmte Griechenherzen.

Es wogten die Fluthen,
Sie wogten und brausten,
Die Sonne goß eilig herunter
Die spielenden Rosenlichter,

Die aufgescheuchten Mövenzüge
Flatterten fort, lautschreiend,
Es stampften die Rosse, es klirrten die Schilde,
Und weithin erscholl es, wie Siegesruf:
Thalatta! Thalatta!

Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer,
Wie Sprache der Heimath rauscht mir dein Wasser,
Wie Träume der Kindheit seh' ich es flimmern
Auf deinem wogenden Wellengebiet,
Und alte Erinn'rung erzählt mir auf's neue,
Von all dem lieben, herrlichen Spielzeug,
Von all den blinkenden Weihnachtsgaben,
Von all den rothen Corallenbäumen,
Goldfischchen, Perlen und bunten Muscheln,
Die du geheimnißvoll bewahrest
Dort unten im klaren Kristallhaus.

O! wie hab' ich geschmachtet in öder Fremde!
Gleich einer welken Blume
In des Botanikers blecherner Kapsel,
Lag mir das Herz in der Brust;
Mir ist, als saß ich winterlange,
Ein Kranker, in dunkler Krankenstube,
Und nun verlaß ich sie plötzlich,

Und blendend strahlt mir entgegen
Der schmaragdne Frühling, der sonnengeweckte,
Und es rauschen die weißen Blüthenbäume,
Und die jungen Blumen schauen mich an,
Mit bunten, duftenden Augen,
Und es duftet und summt, und athmet und lacht,
Und im blauen Himmel singen die Vöglein –
Thalatta! Thalatta!

Du tapferes Rückzugherz!
Wie oft, wie bitteroft
Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen!
Aus großen, siegenden Augen
Schossen sie brennende Pfeile;
Mit krummgeschliffenen Worten
Drohten sie mir die Brust zu spalten,
Mit Keilschriftbillets zerschlugen sie mir
Das arme, betäubte Gehirn –
Vergebens hielt ich den Schild entgegen,
Die Pfeile zischten, die Hiebe krachten,
Und von des Nordens Barbarinnen
Ward ich gedrängt bis an's Meer,
Und freiaufathmend begrüß' ich das Meer,
Das liebe, rettende Meer,
Thalatta! Thalatta!