From da16c1c086c7c7eaca02f15b7d6b381bf2f0faf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Fri, 10 Dec 2021 18:26:21 +0000 Subject: Erste Veröffentlichung MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml | 211 +++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 211 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml') diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml new file mode 100644 index 0000000..26a2a4e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml @@ -0,0 +1,211 @@ + + + + + + + + Unterwelt + + + +
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Unterwelt.

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I.

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+Blieb ich doch ein Junggeselle! —
+Seufzet Pluto tausendmal —
+Jetzt, im meiner Eh'standsqual,
+Merk ich, früher ohne Weib
+War die Hölle keine Hölle. +

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+Blieb ich doch ein Junggeselle!
+Seit ich Proserpinen hab'
+Wünsch ich täglich mich ins Grab!
+Wenn sie keift, so hör' ich kaum
+Meines Cerberus Gebelle. +

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+Stets vergeblich, stets nach Frieden
+Ring' ich. Hier im Schattenreich
+Kein Verdammter ist mir gleich!
+Ich beneide Sisiphus
+Und die edlen Danaiden. +

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II.

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+Auf goldenem Stuhl, im Reiche der Schatten,
+Zur Seite des königlichen Gatten,
+Sitzt Proserpine
+Mit finstrer Miene,
+Und im Herzen seufzet sie traurig: +

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+Ich lechze nach Rosen, nach Sangesergüssen
+Der Nachtigall, nach Sonnenküssen —
+Und hier unter bleichen
+Lemuren und Leichen
+Mein junges Leben vertraur' ich! +

+ +

+Bin festgeschmiedet am Ehejoche,
+In diesem verwünschten Rattenloche!
+Und des Nachts die Gespenster,
+Sie schau'n mir in's Fenster,
+Und der Styx, er murmelt so schaurig! +

+ +

+Heut hab' ich den Charon zu Tische geladen —
+Glatzköpfig ist er und ohne Waden —
+Auch die Todtenrichter,
+Langweil'ge Gesichter —
+In solcher Gesellschaft versaur' ich. +

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+ +

III.

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+Während solcherley Beschwerde
+In der Unterwelt sich häuft,
+Jammert Ceres auf der Erde.
+Die verrückte Göttin läuft,
+Ohne Haube, ohne Kragen,
+Schlotterbusig durch das Land,
+Deklamirend jene Klage,
+Die Euch allen wohlbekannt: +

+ +

+„Ist der holde Lenz erschienen?
+Hat die Erde sich verjüngt?
+Die besonnten Hügel grünen,
+Und des Eises Rinde springt.
+Aus der Ströme blauem Spiegel
+Lacht der unbewölkte Zeus, +

+ +

+Milder wehen Zephyrs Flügel,
+Augen treibt das junge Reis.
+In dem Hain erwachen Lieder,
+Und die Oreade spricht:
+Deine Blumen kehren wieder,
+Deine Tochter kehret nicht. +

+ +

+„Ach wie lang ist's, daß ich walle
+Suchend durch der Erde Flur!
+Titan, deine Strahlen alle
+Sandt' ich nach der theuren Spur!
+Keiner hat mir noch verkündet
+Von dem lieben Angesicht,
+Und der Tag, der Alles findet,
+Die Verlorne fand er nicht.
+Hast du, Zeus, sie mir entrissen?
+Hat, von ihrem Reiz gerührt,
+Zu des Orkus schwarzen Flüssen
+Pluto sie hinabgeführt? +

+ +

+„Wer wird nach dem düstern Strande
+Meines Grames Bote seyn?
+Ewig stößt der Kahn vom Lande,
+Doch nur Schatten nimmt er ein.
+Jedem sel'gen Aug' verschlossen
+Bleibt das nächtliche Gefild,
+Und so lang der Styx geflossen,
+Trug er kein lebendig Bild.
+Nieder führen tausend Steige,
+Keiner führt zum Tag zurück;
+Ihre Thräne bringt kein Zeuge
+Vor der bangen Mutter Blick.“ +

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IV.

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+Meine Schwiegermutter Ceres!
+Laß' die Klagen, laß' die Bitten!
+Dein Verlangen, ich gewähr' es —
+Habe selbst so viel gelitten! +

+ +

+Tröste dich, wir wollen ehrlich
+Den Besitz der Tochter theilen,
+Und sechs Monden soll sie jährlich
+Auf der Oberwelt verweilen. +

+ +

+Hilft dir dort an Sommertagen
+Bei den Ackerbaugeschäften;
+Einen Strohhut wird sie tragen,
+Wird auch Blumen daran heften. +

+ +

+Schwärmen wird sie wenn den Himmel
+Ueberzieht die Abendröthe,
+Und am Bach ein Bauerlümmel
+Zärtlich bläst die Hirtenflöte. +

+ +

+Wird sich freu'n mit Greth und Hänschen
+Bei des Erndtefestes Reigen;
+Unter Schöpsen, unter Gänschen,
+Wird sie sich als Löwin zeigen. +

+ +

+Süße Ruh! Ich kann verschnaufen
+Hier im Orkus unterdessen!
+Punsch mit Lethe will ich saufen,
+Um die Gattin zu vergessen. +

+ +
+ +

V.

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+„Zuweilen dünkt es mich, als trübe
+Geheime Sehnsucht deinen Blick —
+Ich kenn' es wohl, dein Mißgeschick:
+Verfehltes Leben, verfehlte Liebe! +

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+„Du nickst so traurig! Wiedergeben
+Kann ich dir nicht die Jugendzeit —
+Unheilbar ist dein Herzeleid:
+Verfehlte Liebe, verfehltes Leben!“ +

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