From da16c1c086c7c7eaca02f15b7d6b381bf2f0faf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Fri, 10 Dec 2021 18:26:21 +0000 Subject: Erste Veröffentlichung MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- OEBPS/Text/03-romanzen/00-titel.xhtml | 21 ++ OEBPS/Text/03-romanzen/01-ein-weib.xhtml | 51 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/02-fruehlingsfeier.xhtml | 47 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/03-childe-harold.xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/04-die-beschwoerung.xhtml | 58 ++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/05-aus-einem-briefe.xhtml | 95 ++++++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/06-unstern.xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/07-anno-1829.xhtml | 72 +++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/08-anno-1839.xhtml | 72 +++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/09-in-der-fruehe.xhtml | 58 ++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/10-ritter-olaf.xhtml | 164 ++++++++++++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/11-die-nixen.xhtml | 72 +++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/12-bertrand-de-born.xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/13-fruehling.xhtml | 51 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/14-ali-bey.xhtml | 65 +++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/15-psyche.xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/16-die-unbekannte.xhtml | 79 ++++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/17-wechsel.xhtml | 51 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/18-fortuna..xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/19-klagelied.xhtml | 52 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/20-lass-ab.xhtml | 44 +++++ OEBPS/Text/03-romanzen/21-frau-mette.xhtml | 129 +++++++++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/22-begegnung.xhtml | 79 ++++++++ .../03-romanzen/23-koenig-harald-harfagar.xhtml | 79 ++++++++ OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml | 211 +++++++++++++++++++++ 25 files changed, 1770 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/00-titel.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/01-ein-weib.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/02-fruehlingsfeier.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/03-childe-harold.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/04-die-beschwoerung.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/05-aus-einem-briefe.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/06-unstern.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/07-anno-1829.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/08-anno-1839.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/09-in-der-fruehe.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/10-ritter-olaf.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/11-die-nixen.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/12-bertrand-de-born.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/13-fruehling.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/14-ali-bey.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/15-psyche.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/16-die-unbekannte.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/17-wechsel.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/18-fortuna..xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/19-klagelied.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/20-lass-ab.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/21-frau-mette.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/22-begegnung.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/23-koenig-harald-harfagar.xhtml create mode 100644 OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/03-romanzen') diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/00-titel.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/00-titel.xhtml new file mode 100644 index 0000000..6601cf9 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/00-titel.xhtml @@ -0,0 +1,21 @@ + + + + + + + + Romanzen + + + +
+ +

Romanzen.

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/01-ein-weib.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/01-ein-weib.xhtml new file mode 100644 index 0000000..b443d8e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/01-ein-weib.xhtml @@ -0,0 +1,51 @@ + + + + + + + + I. Ein Weib + + + +
+ +

I.

+

Ein Weib.

+
+ +

+Sie hatten sich beide so herzlich lieb,
+Spitzbübin war sie, er war ein Dieb.
+Wenn er Schelmenstreiche machte,
+Sie warf sich auf's Bett und lachte. +

+ +

+Der Tag verging in Freud und Lust,
+Des Nachts lag sie an seiner Brust.
+Als man in's Gefängniß ihn brachte,
+Sie stand am Fenster und lachte. +

+ +

+Er ließ ihr sagen: O komm zu mir,
+Ich sehne mich so sehr nach dir,
+Ich rufe nach dir, ich schmachte —
+Sie schüttelt' das Haupt und lachte. +

+ +

+Um sechse des Morgens ward er gehenkt,
+Um sieben ward er in's Grab gesenkt;
+Sie aber schon um achte
+Trank rothen Wein und lachte. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/02-fruehlingsfeier.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/02-fruehlingsfeier.xhtml new file mode 100644 index 0000000..52fae06 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/02-fruehlingsfeier.xhtml @@ -0,0 +1,47 @@ + + + + + + + + II. Frühlingsfeier + + + +
+ +

II.

+

Frühlingsfeier.

+
+ +

+Das ist des Frühlings traurige Lust!
+Die blühenden Mädchen, die wilde Schaar,
+Sie stürmen dahin, mit flatterndem Haar
+Und Jammergeheul und entblößter Brust: —
+Adonis! Adonis! +

+ +

+Es sinkt die Nacht. Bey Fackelschein,
+Sie suchen hin und her im Wald',
+Der angstverwirret wiederhallt
+Von Weinen und Lachen und Schluchzen und Schrey'n:
+Adonis! Adonis! +

+ +

+Das wunderschöne Jünglingsbild,
+Es liegt am Boden blaß und todt,
+Das Blut färbt alle Blumen roth,
+Und Klagelaut die Luft erfüllt: —
+Adonis! Adonis! +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/03-childe-harold.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/03-childe-harold.xhtml new file mode 100644 index 0000000..f26bcf5 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/03-childe-harold.xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + III. Childe Harold + + + +
+ +

III.

+

Childe Harold.

+
+ +

+Eine starke, schwarze Barke
+Segelt trauervoll dahin.
+Die vermummten und verstummten
+Leichenhüter sitzen drin. +

+ +

+Todter Dichter, stille liegt er,
+Mit entblößtem Angesicht;
+Seine blauen Augen schauen
+Immer noch zum Himmelslicht. +

+ +

+Aus der Tiefe klingt's, als riefe
+Eine kranke Nixenbraut,
+Und die Wellen, sie zerschellen
+An dem Kahn, wie Klagelaut. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/04-die-beschwoerung.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/04-die-beschwoerung.xhtml new file mode 100644 index 0000000..43b8b53 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/04-die-beschwoerung.xhtml @@ -0,0 +1,58 @@ + + + + + + + + IV. Die Beschwörung + + + +
+ +

IV.

+

Die Beschwörung.

+
+ +

+Der junge Franziskaner sitzt
+Einsam in der Klosterzelle,
+Er liest im alten Zauberbuch,
+Genannt der Zwang der Hölle. +

+ +

+Und als die Mitternachtstunde schlug,
+Da konnt er nicht länger sich halten,
+Mit bleichen Lippen ruft er an
+Die Unterweltsgewalten. +

+ +

+Ihr Geister! holt mir aus dem Grab
+Die Leiche der schönsten Frauen,
+Belebt sie mir für diese Nacht,
+Ich will mich dran erbauen. +

+ +

+Er spricht das grause Beschwörungswort,
+Da wird sein Wunsch erfüllet,
+Die arme verstorbene Schönheit kommt,
+In weißen Laken gehüllet. +

+ +

+Ihr Blick ist traurig. Aus kalter Brust
+Die schmerzlichen Seufzer steigen.
+Die Todte setzt sich zu dem Mönch,
+Sie schauen sich an und schweigen. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/05-aus-einem-briefe.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/05-aus-einem-briefe.xhtml new file mode 100644 index 0000000..d9c36e3 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/05-aus-einem-briefe.xhtml @@ -0,0 +1,95 @@ + + + + + + + + V. Aus einem Briefe. + + + +
+ +

V.

+

Aus einem Briefe

+
+ +

+(Die Sonne spricht:)
+Was gehn dich meine Blicke an?
+Das ist der Sonne gutes Recht,
+Sie stralt auf den Herrn wie auf den Knecht;
+Ich strale weil ich nicht anders kann. +

+ +

+Was gehn dich meine Blicke an?
+Bedenke was deine Pflichten sind,
+Nimm dir ein Weib und mach ein Kind,
+Und sey ein deutscher Biedermann. +

+ +

+Ich strale weil ich nicht anders kann.
+Ich wandle am Himmel wohl auf wohl ab,
+Aus Langeweile guck' ich hinab —
+Was gehn dich meine Blicke an? +

+ +

+(Der Dichter spricht:)
+Das ist ja eben meine Tugend,
+Daß ich ertrage deinen Blick,
+Das Licht der ew'gen Seelenjugend,
+Blendende Schönheit, Flammenglück! +

+ +

+Jetzt aber fühl' ich ein Ermatten
+Der Sehkraft, und es sinken nieder,
+Wie schwarze Flöre, nächt'ge Schatten
+Auf meine armen Augenlieder .... +

+ +

+(Chor der Affen:)
+Wir Affen, wir Affen,
+Wir glotzen und gaffen
+Die Sonne an,
+Weil sie es doch nicht währen kann. +

+ +

+(Chor der Frösche:)
+Im Wasser, im Wasser,
+Da ist es noch nasser
+Als auf der Erde,
+Und ohne Beschwerde
+Erquicken
+Wir uns an den Sonnenblicken. +

+ +

+(Chor der Maulwürfe:)
+Was doch die Leute Unsinn schwatzen
+Von Stralen und von Sonnenblicken!
+Wir fühlen nur ein warmes Jücken,
+Und pflegen uns alsdann zu kratzen. +

+ +

+(Ein Glühwurm spricht:)
+Wie sich die Sonne wichtig macht,
+Mit ihrer kurzen Tagespracht!
+So unbescheiden zeig' ich mich nicht,
+Und bin doch auch ein großes Licht,
+In der Nacht, in der Nacht! +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/06-unstern.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/06-unstern.xhtml new file mode 100644 index 0000000..122cb5f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/06-unstern.xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + VI. Unstern + + + +
+ +

VI.

+

Unstern.

+
+ +

+Der Stern erstralte so munter,
+Da fiel er vom Himmel herunter.
+Du fragst mich, Kind, was Liebe ist?
+Ein Stern in einem Haufen Mist. +

+ +

+Wie'n räudiger Hund, der verrecket,
+So liegt er mit Unrath bedecket.
+Es kräht der Hahn, die Sau sie grunzt,
+Im Kothe wälzt sich ihre Brunst. +

+ +

+O, fiel ich doch in den Garten,
+Wo die Blumen meiner harrten,
+Wo ich mir oft gewünschet hab'
+Ein reinliches Sterben, ein duftiges Grab!
+

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/07-anno-1829.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/07-anno-1829.xhtml new file mode 100644 index 0000000..ae5a5b5 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/07-anno-1829.xhtml @@ -0,0 +1,72 @@ + + + + + + + + VII. Anno 1829 + + + +
+ +

VII.

+

Anno 1829.

+
+ +

+Daß ich bequem verbluten kann,
+Gebt mir ein edles, weites Feld!
+O, laßt mich nicht ersticken hier
+In dieser engen Krämerwelt! +

+ +

+Sie essen gut, sie trinken gut,
+Erfreu'n sich ihres Maulwurfglücks,
+Und ihre Großmuth ist so groß
+Als wie das Loch der Armenbüchs. +

+ +

+Zigarren tragen sie im Maul
+Und in der Hosentasch' die Händ';
+Auch die Verdauungskraft ist gut, —
+Wer sie nur selbst verdauen könnt'! +

+ +

+Sie handeln mit den Spezerei'n
+Der ganzen Welt, doch in der Luft,
+Trotz allen Würzen, riecht man stets
+Den faulen Schelfischseelenduft. +

+ +

+O, daß ich große Laster säh',
+Verbrechen, blutig, kolossal, —
+Nur diese satte Tugend nicht,
+Und zahlungsfähige Moral! +

+ +

+Ihr Wolken droben, nehmt mich mit,
+Gleichviel nach welchem fernen Ort!
+Nach Lappland oder Afrika,
+Und sey's nach Pommern — fort! nur fort! +

+ +

+O, nehmt mich mit — Sie hören nicht —
+Die Wolken droben sind so klug!
+Vorüberreisend dieser Stadt
+Aengstlich beschleun'gen sie den Flug. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/08-anno-1839.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/08-anno-1839.xhtml new file mode 100644 index 0000000..243771e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/08-anno-1839.xhtml @@ -0,0 +1,72 @@ + + + + + + + + VIII. Anno 1839 + + + +
+ +

VIII.

+

Anno 1839.

+
+ +

+O, Deutschland, meine ferne Liebe,
+Gedenk' ich deiner, wein' ich fast!
+Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
+Das leichte Volk wird mir zur Last. +

+ +

+Nur der Verstand, so kalt und trocken,
+Herrscht in dem witzigen Paris —
+O, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken,
+Wie klingelt ihr daheim so süß! +

+ +

+Höfliche Männer! Doch verdrossen
+Geb' ich den art'gen Gruß zurück. —
+Die Grobheit, die ich einst genossen
+Im Vaterland, das war mein Glück! +

+ +

+Lächelnde Weiber! Plappern immer,
+Wie Mühlenräder stets bewegt!
+Da lob' ich Deutschlands Frauenzimmer,
+Das schweigend sich zu Bette legt. +

+ +

+Und alles dreht sich hier im Kreise,
+Mit Ungestüm, wie'n toller Traum!
+Bey uns bleibt alles hübsch im Gleise,
+Wie angenagelt, rührt sich kaum. +

+ +

+Mir ist als hört' ich fern erklingen
+Nachtwächterhörner, sanft und traut;
+Nachtwächterlieder hör' ich singen,
+Dazwischen Nachtigallenlaut. +

+ +

+Dem Dichter war so wohl daheime,
+In Schildas theurem Eichenhain!
+Dort wob ich meine zarten Reime
+Aus Veilchenduft und Mondenschein. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/09-in-der-fruehe.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/09-in-der-fruehe.xhtml new file mode 100644 index 0000000..7f08023 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/09-in-der-fruehe.xhtml @@ -0,0 +1,58 @@ + + + + + + + + IX. In der Frühe + + + +
+ +

IX.

+

In der Frühe.

+
+ +

+Auf dem Fauxbourg Saint-Marçeau
+Lag der Nebel heute Morgen,
+Spätherbstnebel, dicht und schwer,
+Einer weißen Nacht vergleichbar. +

+ +

+Wandelnd durch die weiße Nacht,
+Schaut' ich mir vorübergleiten
+Eine weibliche Gestalt,
+Die dem Mondenlicht vergleichbar. +

+ +

+Ja, sie war wie Mondenlicht
+Leichthinschwebend, zart und zierlich;
+Solchen schlanken Gliederbau
+Sah ich hier in Frankreich niemals. +

+ +

+War es Luna selbst vielleicht,
+Die sich heut bey einem schönen,
+Zärtlichen Endymion
+Des Quartièr Latin verspätet? +

+ +

+Auf dem Heimweg dacht ich nach:
+Warum floh' sie meinen Anblick?
+Hielt die Göttin mich vielleicht
+Für den Sonnenlenker Phöbus? +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/10-ritter-olaf.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/10-ritter-olaf.xhtml new file mode 100644 index 0000000..f9dcb76 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/10-ritter-olaf.xhtml @@ -0,0 +1,164 @@ + + + + + + + + X. Ritter Olaf + + + +
+ +

X.

+

Ritter Olaf.

+
+ + +

1.

+ +

+Vor dem Dome stehn zwey Männer,
+Tragen beide rothe Röcke,
+Und der Eine ist der König
+Und der Henker ist der Andre. +

+ +

+Und zum Henker spricht der König:
+„Am Gesang der Pfaffen merk' ich,
+Daß vollendet schon die Trauung —
+Halt' bereit dein gutes Richtbeil.“ +

+ +

+Glockenklang und Orgelrauschen,
+Und das Volk strömt aus der Kirche;
+Bunter Festzug, in der Mitte
+Die geschmückten Neuvermählten. +

+ +

+Leichenblaß und bang und traurig
+Schaut die schöne Königstochter;
+Keck und heiter schaut Herr Olaf,
+Und sein rother Mund, der lächelt. +

+ +

+Und mit lächelnd rothem Munde
+Spricht er zu dem finstern König:
+„Guten Morgen, Schwiegervater,
+Heut ist Dir mein Haupt verfallen. +

+ +

+„Sterben soll ich heut — O, laß mich
+Nur bis Mitternacht noch leben,
+Daß ich meine Hochzeit fey're
+Mit Banquett und Fackeltänzen. +

+ +

+„Laß mich leben, laß mich leben,
+Bis geleert der letzte Becher,
+Bis der letzte Tanz getanzt ist —
+Laß bis Mitternacht mich leben!“ +

+ +

+Und zum Henker spricht der König:
+„Unserm Eidam sey gefristet
+Bis um Mitternacht sein Leben —
+Halt' bereit dein gutes Richtbeil.“ +

+ +
+ +

2.

+ +

+Herr Olaf sitzt beim Hochzeitschmaus,
+Er trinkt den letzten Becher aus.
+An seine Schulter lehnt
+Sein Weib und stöhnt —
+Der Henker steht vor der Thüre. +

+ +

+Der Reigen beginnt und Herr Olaf erfaßt
+Sein junges Weib, und mit wilder Hast
+Sie tanzen, bey Fackelglanz,
+Den letzten Tanz —
+Der Henker steht vor der Thüre. +

+ +

+Die Geigen geben so lustigen Klang,
+Die Flöten seufzen so traurig und bang!
+Wer die beiden tanzen sieht,
+Dem erbebt das Gemüth —
+Der Henker steht vor der Thüre. +

+ +

+Und wie sie tanzen, im dröhnenden Saal,
+Herr Olaf flüstert zu seinem Gemahl:
+„Du weißt nicht wie lieb ich dich hab —
+So kalt ist das Grab — “
+Der Henker steht vor der Thüre. +

+ +
+ +

3.

+ +

+Herr Olaf es ist Mitternacht,
+Dein Leben ist verflossen!
+Du hattest eines Fürstenkinds
+In freier Lust genossen. +

+ +

+Die Mönche murmeln das Todtengebet,
+Der Mann im rothen Rocke,
+Er steht mit seinem blanken Beil
+Schon vor dem schwarzen Blocke. +

+ +

+Herr Olaf steigt in den Hof hinab,
+Da blinken viel Schwerter und Lichter.
+Es lächelt des Ritters rother Mund,
+Mit lächelndem Munde spricht er: +

+ +

+„Ich segne die Sonne, ich segne den Mond,
+Und die Stern', die am Himmel schweifen.
+Ich segne auch die Vögelein,
+Die in den Lüften pfeifen. +

+ +

+„Ich segne das Meer, ich segne das Land,
+Und die Blumen auf der Aue.
+Ich segne die Veilchen, sie sind so sanft
+Wie die Augen meiner Fraue. +

+ +

+„Ihr Veilchenaugen meiner Frau,
+Durch Euch verlier' ich mein Leben!
+Ich segne auch den Hollunderbaum,
+Wo du dich mir ergeben.“ +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/11-die-nixen.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/11-die-nixen.xhtml new file mode 100644 index 0000000..1d39df0 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/11-die-nixen.xhtml @@ -0,0 +1,72 @@ + + + + + + + + XI. Die Nixen + + + +
+ +

XI.

+

Die Nixen.

+
+ +

+Am einsamen Strande plätschert die Fluth,
+Der Mond ist aufgegangen,
+Auf weißer Dühne der Ritter ruht,
+Von bunten Träumen befangen. +

+ +

+Die schönen Nixen, im Schleyergewand,
+Entsteigen der Meerestiefe.
+Sie nahen sich leise dem jungen Fant,
+Sie glaubten wahrhaftig er schliefe. +

+ +

+Die eine betastet mit Neubegier
+Die Federn auf seinem Barette.
+Die Andre nestelt am Bandelier
+Und an der Waffenkette. +

+ +

+Die Dritte lacht und ihr Auge blitzt,
+Sie zieht das Schwert aus der Scheide,
+Und auf dem blanken Schwert gestützt
+Beschaut sie den Ritter mit Freude. +

+ +

+Die Vierte tänzelt wohl hin und her
+Und flüstert aus tiefem Gemüthe:
+„O, daß ich doch Dein Liebchen wär',
+Du holde Menschenblüthe!“ +

+ +

+Die Fünfte küßt des Ritters Händ',
+Mit Sehnsucht und Verlangen;
+Die Sechste zögert und küßt am End
+Die Lippen und die Wangen. +

+ +

+Der Ritter ist klug, es fällt ihm nicht ein,
+Die Augen öffnen zu müssen;
+Er läßt sich ruhig im Mondenschein
+Von schönen Nixen küssen. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/12-bertrand-de-born.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/12-bertrand-de-born.xhtml new file mode 100644 index 0000000..ff1aa23 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/12-bertrand-de-born.xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + XII. Bertrand de Born + + + +
+ +

XII.

+

Bertrand de Born.

+
+ +

+Ein edler Stolz in allen Zügen,
+Auf seiner Stirn Gedankenspur,
+Er konnte jedes Herz besiegen,
+Bertrand de Born, der Troubadour. +

+ +

+Es kirrten seine süßen Töne
+Die Löwin des Plantagenets;
+Die Tochter auch, die beyden Söhne,
+Er sang sie alle in sein Netz. +

+ +

+Wie er den Vater selbst bethörte!
+In Thränen schmolz des Königs Zorn
+Als er ihn lieblich reden hörte,
+Den Troubadour, Bertrand de Born. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/13-fruehling.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/13-fruehling.xhtml new file mode 100644 index 0000000..7fbbd56 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/13-fruehling.xhtml @@ -0,0 +1,51 @@ + + + + + + + + XIII. Frühling + + + +
+ +

XIII.

+

Frühling.

+
+ +

+Die Wellen blinken und fließen dahin —
+Es liebt sich so lieblich im Lenze!
+Am Flusse sitzt die Schäferin
+Und windet die zärtlichsten Kränze. +

+ +

+Das knospet und quillt, mit duftender Lust —
+Es liebt sich so lieblich im Lenze!
+Die Schäferin seufzt aus tiefer Brust:
+Wem geb' ich meine Kränze? +

+ +

+Ein Reuter reutet den Fluß entlang,
+Er grüßt so blühenden Muthes!
+Die Schäferin schaut ihm nach so bang,
+Fern flattert die Feder des Huthes. +

+ +

+Sie weint und wirft in den gleitenden Fluß
+Die schönen Blumenkränze.
+Die Nachtigall singt von Lieb' und Kuß —
+Es liebt sich so lieblich im Lenze! +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/14-ali-bey.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/14-ali-bey.xhtml new file mode 100644 index 0000000..b884dd1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/14-ali-bey.xhtml @@ -0,0 +1,65 @@ + + + + + + + + XIV. Ali Bey + + + +
+ +

XIV.

+

Ali Bey.

+
+ +

+Ali Bey, der Held des Glaubens,
+Liegt beglückt in Mädchenarmen.
+Vorgeschmack des Paradieses
+Gönnt ihm Allah schon auf Erden. +

+ +

+Odalisken, schön wie Houris,
+Und geschmeidig wie Gasellen —
+Kräuselt ihm den Bart die Eine,
+Glättet seine Stirn die Andre. +

+ +

+Und die Dritte schlägt die Laute,
+Singt und tanzt, und küßt ihn lachend
+Auf das Herz, worin die Flammen
+Aller Seligkeiten lodern. +

+ +

+Aber draußen plötzlich schmettern
+Die Trompeten, Schwerter rasseln,
+Waffenruf und Flintenschüsse —
+Herr, die Franken sind im Anmarsch! +

+ +

+Und der Held besteigt sein Schlachtroß,
+Fliegt zum Kampf, doch wie im Traume; —
+Denn ihm ist zu Sinn, als läg' er
+Immer noch in Mädchenarmen. +

+ +

+Während er die Frankenköpfe
+Dutzendweis heruntersäbelt,
+Lächelt er wie ein Verliebter,
+Ja, er lächelt sanft und zärtlich. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/15-psyche.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/15-psyche.xhtml new file mode 100644 index 0000000..108f780 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/15-psyche.xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + XV. Psyche + + + +
+ +

XV.

+

Psyche.

+
+ +

+In der Hand die kleine Lampe,
+In der Brust die große Gluth,
+Schleichet Psyche zu dem Lager
+Wo der holde Schläfer ruht. +

+ +

+Sie erröthet und sie zittert
+Wie sie seine Schönheit sieht —
+Der enthüllte Gott der Liebe,
+Er erwacht und er entflieht. +

+ +

+Achtzehnhundertjähr'ge Buße!
+Und die Aermste stirbt beinah!
+Psyche fastet und kasteyt sich,
+Weil sie Amorn nackend sah. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/16-die-unbekannte.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/16-die-unbekannte.xhtml new file mode 100644 index 0000000..0624aa5 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/16-die-unbekannte.xhtml @@ -0,0 +1,79 @@ + + + + + + + + XVI. Die Unbekannte + + + +
+ +

XVI.

+

Die Unbekannte.

+
+ +

+Meiner goldgelockten Schönen
+Weiß ich täglich zu begegnen,
+In dem Tuileriengarten,
+Unter den Kastanienbäumen. +

+ +

+Täglich geht sie dort spazieren
+Mit zwei häßlich alten Damen —
+Sind es Tanten? Sind's Dragoner,
+Die vermummt in Weiberröcken? +

+ +

+Niemand konnt mir Auskunft geben,
+Wer sie sei? Bei allen Freunden
+Frug ich nach, und stets vergebens!
+Ich erkrankte fast vor Sehnsucht. +

+ +

+Eingeschüchtert von dem Schnurrbart
+Ihrer zwei Begleiterinnen,
+Und von meinem eignen Herzen
+Noch viel strenger eingeschüchtert, +

+ +

+Wagt' ich nie ein seufzend Wörtchen
+Im Vorübergeh'n zu flüstern,
+Und ich wagte kaum mit Blicken
+Meine Flamme zu bekunden. +

+ +

+Heute erst hab' ich erfahren
+Ihren Namen. Laura heißt sie,
+Wie die schöne Provenzalin,
+Die der große Dichter liebte. +

+ +

+Laura heißt sie! Nun da bin ich
+Just so weit wie einst Petrarcha,
+Der das schöne Weib gefeiert
+In Canzonen und Sonetten. +

+ +

+Laura heißt sie! Wie Petrarcha
+Kann ich jetzt platonisch schwelgen
+In dem Wohllaut dieses Namens —
+Weiter hat er's nie gebracht. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/17-wechsel.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/17-wechsel.xhtml new file mode 100644 index 0000000..6cf3c6f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/17-wechsel.xhtml @@ -0,0 +1,51 @@ + + + + + + + + XVII. Wechsel + + + +
+ +

XVII.

+

Wechsel.

+
+ +

+Mit Brünetten hat's ein Ende!
+Ich gerathe dieses Jahr
+Wieder in die blauen Augen,
+Wieder in das blonde Haar. +

+ +

+Die Blondine, die ich liebe,
+Ist so fromm, so sanft, so mild!
+In der Hand den Liljenstengel
+Wäre sie ein Heil'genbild. +

+ +

+Schlanke, schwärmerische Glieder,
+Wenig Fleisch, sehr viel Gemüth;
+Und für Liebe, Hoffnung, Glaube,
+Ihre ganze Seele glüht. +

+ +

+Sie behauptet, sie verstünde
+Gar kein Deutsch — ich glaub' es nicht.
+Niemals hättest Du gelesen
+Klopstock's himmlisches Gedicht? +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/18-fortuna..xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/18-fortuna..xhtml new file mode 100644 index 0000000..1161977 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/18-fortuna..xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + XVIII. Fortuna + + + +
+ +

XVIII.

+

Fortuna.

+
+ +

+Frau Fortuna, ganz umsunst
+Thust du spröde! deine Gunst
+Weiß ich mir, durch Kampf und Ringen,
+Zu erbeuten, zu erzwingen. +

+ +

+Ueberwältigt wirst du doch,
+Und ich spanne dich in's Joch,
+Und du streckst am End die Waffen —
+Aber meine Wunden klaffen. +

+ +

+Es verströmt mein rothes Blut,
+Und der schöne Lebensmuth
+Will erlöschen; ich erliege
+Und ich sterbe nach dem Siege. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/19-klagelied.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/19-klagelied.xhtml new file mode 100644 index 0000000..3e3dcb1 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/19-klagelied.xhtml @@ -0,0 +1,52 @@ + + + + + + + + XIX. Klagelied + + + +
+ +

XIX.

+

Klagelied

+

eines altdevtschen Jünglings.

+
+ +

+Wohl dem, dem noch die Tugend lacht,
+Weh dem, der sie verlieret!
+Es haben mich armen Jüngling
+Die bösen Gesellen verführet. +

+ +

+Sie haben mich um mein Geld gebracht,
+Mit Karten und mit Knöcheln;
+Es trösteten mich die Mädchen,
+Mit ihrem holden Lächeln. +

+ +

+Und als sie mich ganz besoffen gemacht
+Und meine Kleider zerrissen,
+Da ward ich armer Jüngling
+Zur Thür hinausgeschmissen. +

+ +

+Und als ich des Morgens früh erwacht,
+Wie wundr' ich mich über die Sache!
+Da saß ich armer Jüngling
+Zu Cassel auf der Wache. — +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/20-lass-ab.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/20-lass-ab.xhtml new file mode 100644 index 0000000..0329776 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/20-lass-ab.xhtml @@ -0,0 +1,44 @@ + + + + + + + + XX. Laß ab! + + + +
+ +

XX.

+

Laß ab!

+
+ +

+Der Tag ist in die Nacht verliebt,
+Der Frühling in den Winter,
+Das Leben verliebt in den Tod —
+Und du, du liebest mich! +

+ +

+Du liebst mich — schon erfassen dich
+Die grauenhaften Schatten,
+All deine Blüthe welkt,
+Und deine Seele verblutet. +

+ +

+Laß ab von mir, und liebe nur
+Die heiteren Schmetterlinge,
+Die da gaukeln im Sonnenlicht' —
+Laß ab von mir und dem Unglück. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/21-frau-mette.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/21-frau-mette.xhtml new file mode 100644 index 0000000..cb6b900 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/21-frau-mette.xhtml @@ -0,0 +1,129 @@ + + + + + + + + XXI. Frau Mette + + + +
+ +

XXI.

+

Frau Mette.

+

(Nach dem Dänischen.)

+
+ +

+Herr Peter und Bender saßen beim Wein,
+Herr Bender sprach: ich wette,
+Bezwänge dein Singen die ganze Welt,
+Doch nimmer bezwingt es Frau Mette. +

+ +

+Herr Peter sprach: ich wette mein Roß,
+Wohl gegen deine Hunde,
+Frau Mette sing ich nach meinem Hof,
+Noch heut, in der Mitternachtstunde. +

+ +

+Und als die Mitternachtstunde kam,
+Herr Peter hub an zu singen;
+Wohl über den Fluß, wohl über den Wald,
+Die süßen Töne dringen. +

+ +

+Die Tannenbäume horchen so still,
+Die Fluth hört auf zu rauschen,
+Am Himmel zittert der blasse Mond,
+Die klugen Sterne lauschen. +

+ +

+Frau Mette erwacht aus ihrem Schlaf:
+Wer singt vor meiner Kammer?
+Sie achselt ihr Kleid, sie schreitet hinaus; —
+Das ward zu großem Jammer. +

+ +

+Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß,
+Sie schreitet unaufhaltsam;
+Herr Peter zog sie nach seinem Hof
+Mit seinem Liede gewaltsam. +

+ +

+Und als sie Morgens nach Hause kam
+Vor der Thüre stand Herr Bender:
+„Frau Mette, wo bist du gewesen zur Nacht,
+Es triefen deine Gewänder?“ +

+ +

+Ich war heut Nacht am Nixenfluß,
+Dort hört ich prophezeyen,
+Es plätscherten und bespritzten mich
+Die neckenden Wasserfeyen. +

+ +

+„Am Nixenfluß ist feiner Sand,
+Dort bist du nicht gegangen,
+Zerrissen und blutig sind deine Füß',
+Auch bluten deine Wangen.“ +

+ +

+Ich war heut Nacht im Elfenwald,
+Zu schauen den Elfenreigen,
+Ich hab mir verwundet Fuß und Gesicht,
+An Dornen und Tannenzweigen. +

+ +

+„Die Elfen tanzen im Monat May,
+Auf weichen Blumenfeldern,
+Jetzt aber herrscht der kalte Herbst
+Und heult der Wind in den Wäldern.“ +

+ +

+Bey Peter Nielsen war ich heut Nacht,
+Er sang und zaubergewaltsam,
+Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß,
+Es zog mich unaufhaltsam. +

+ +

+Sein Lied ist stark als wie der Tod,
+Es lockt in Nacht und Verderben.
+Noch brennt mir im Herzen die tönende Glut;
+Ich weiß, jetzt muß ich sterben. — +

+ +

+Die Kirchenthür ist schwarz behängt,
+Die Trauerglocken läuten;
+Das soll den jämmerlichen Tod
+Der armen Frau Mette bedeuten. +

+ +

+Herr Bender steht vor der Leichenbahr,
+Und seufzt aus Herzensgrunde:
+Nun hab ich verloren mein schönes Weib
+Und meine treuen Hunde. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/22-begegnung.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/22-begegnung.xhtml new file mode 100644 index 0000000..f7cac73 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/22-begegnung.xhtml @@ -0,0 +1,79 @@ + + + + + + + + XXII. Begegnung + + + +
+ +

XXII.

+

Begegnung.

+
+ +

+Wohl unter der Linde erklingt die Musik,
+Da tanzen die Burschen und Mädel,
+Da tanzen zwei die niemand kennt,
+Sie schau'n so schlank und edel. +

+ +

+Sie schweben auf, sie schweben ab,
+In seltsam fremder Weise,
+Sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
+Das Fräulein flüstert leise: +

+ +

+„Mein schöner Junker, auf Eurem Huth
+Schwangt eine Neckenlilje,
+Die wächst nur tief in Meeresgrund —
+Ihr stammt nicht aus Adams Familie. +

+ +

+„Ihr seyd der Wassermann, Ihr wollt
+Verlocken des Dorfes Schönen.
+Ich hab' Euch erkannt, beim ersten Blick,
+An Euren fischgrätigen Zähnen.“ +

+ +

+Sie schweben auf, sie schweben ab,
+In seltsam fremder Weise,
+Sie lachen sich an, sie schütteln das Haupt,
+Der Junker flüstert leise: +

+ +

+„Mein schönes Fräulein, sagt mir warum
+So eiskalt Eure Hand ist?
+Sagt mir warum so naß der Saum
+An eurem weißen Gewand ist? +

+ +

+„Ich hab' Euch erkannt, beim ersten Blick,
+An Eurem spöttischen Knixe —
+Du bist kein irdisches Menschenkind,
+Du bist mein Mühmchen die Nixe.“ +

+ +

+Die Geigen verstummen, der Tanz ist aus,
+Es trennen sich höflich die beiden.
+Sie kennen sich leider viel zu gut,
+Suchen sich jetzt zu vermeiden. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/23-koenig-harald-harfagar.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/23-koenig-harald-harfagar.xhtml new file mode 100644 index 0000000..0457ae0 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/23-koenig-harald-harfagar.xhtml @@ -0,0 +1,79 @@ + + + + + + + + XXIII. König Harald Harfagar + + + +
+ +

XXIII.

+

König Harald Harfagar.

+
+ +

+Der König Harald Harfagar
+Sitzt unten in Meeresgründen,
+Bei seiner schönen Wasserfee;
+Die Jahre kommen und schwinden. +

+ +

+Von Nixenzauber gebannt und gefeit,
+Er kann nicht leben, nicht sterben;
+Zweihundert Jahre dauert schon
+Sein seliges Verderben. +

+ +

+Des Königs Haupt liegt auf dem Schooß
+Der holden Frau, und mit Schmachten
+Schaut er nach ihren Augen empor;
+Kann nicht genug sie betrachten. +

+ +

+Sein goldnes Haar ward silbergrau,
+Es treten die Backenknochen
+Gespenstisch hervor aus dem gelben Gesicht,
+Der Leib ist welk und gebrochen. +

+ +

+Manchmal aus seinem Liebestraum
+Wird er plötzlich aufgeschüttert,
+Denn droben stürmt so wild die Fluth
+Und das gläserne Schloß erzittert. +

+ +

+Manchmal ist ihm, als hört' er im Wind
+Normannenruf erschallen;
+Er hebt die Arme mit freudiger Hast,
+Läßt traurig sie wieder fallen. +

+ +

+Manchmal ist ihm, als hört' er gar,
+Wie die Schiffer singen hier oben,
+Und den König Harald Harfagar
+Im Heldenliede loben. +

+ +

+Der König stöhnt und schluchzt und weint
+Alsdann aus Herzensgrunde.
+Schnell beugt sich hinab die Wasserfee
+Und küßt ihn mit lachendem Munde. +

+ +
+ +
+ + + diff --git a/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml b/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml new file mode 100644 index 0000000..26a2a4e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/03-romanzen/unterwelt.xhtml @@ -0,0 +1,211 @@ + + + + + + + + Unterwelt + + + +
+ +

Unterwelt.

+
+ +

I.

+ +

+Blieb ich doch ein Junggeselle! —
+Seufzet Pluto tausendmal —
+Jetzt, im meiner Eh'standsqual,
+Merk ich, früher ohne Weib
+War die Hölle keine Hölle. +

+ +

+Blieb ich doch ein Junggeselle!
+Seit ich Proserpinen hab'
+Wünsch ich täglich mich ins Grab!
+Wenn sie keift, so hör' ich kaum
+Meines Cerberus Gebelle. +

+ +

+Stets vergeblich, stets nach Frieden
+Ring' ich. Hier im Schattenreich
+Kein Verdammter ist mir gleich!
+Ich beneide Sisiphus
+Und die edlen Danaiden. +

+ +
+ +

II.

+ +

+Auf goldenem Stuhl, im Reiche der Schatten,
+Zur Seite des königlichen Gatten,
+Sitzt Proserpine
+Mit finstrer Miene,
+Und im Herzen seufzet sie traurig: +

+ +

+Ich lechze nach Rosen, nach Sangesergüssen
+Der Nachtigall, nach Sonnenküssen —
+Und hier unter bleichen
+Lemuren und Leichen
+Mein junges Leben vertraur' ich! +

+ +

+Bin festgeschmiedet am Ehejoche,
+In diesem verwünschten Rattenloche!
+Und des Nachts die Gespenster,
+Sie schau'n mir in's Fenster,
+Und der Styx, er murmelt so schaurig! +

+ +

+Heut hab' ich den Charon zu Tische geladen —
+Glatzköpfig ist er und ohne Waden —
+Auch die Todtenrichter,
+Langweil'ge Gesichter —
+In solcher Gesellschaft versaur' ich. +

+ +
+ +

III.

+ +

+Während solcherley Beschwerde
+In der Unterwelt sich häuft,
+Jammert Ceres auf der Erde.
+Die verrückte Göttin läuft,
+Ohne Haube, ohne Kragen,
+Schlotterbusig durch das Land,
+Deklamirend jene Klage,
+Die Euch allen wohlbekannt: +

+ +

+„Ist der holde Lenz erschienen?
+Hat die Erde sich verjüngt?
+Die besonnten Hügel grünen,
+Und des Eises Rinde springt.
+Aus der Ströme blauem Spiegel
+Lacht der unbewölkte Zeus, +

+ +

+Milder wehen Zephyrs Flügel,
+Augen treibt das junge Reis.
+In dem Hain erwachen Lieder,
+Und die Oreade spricht:
+Deine Blumen kehren wieder,
+Deine Tochter kehret nicht. +

+ +

+„Ach wie lang ist's, daß ich walle
+Suchend durch der Erde Flur!
+Titan, deine Strahlen alle
+Sandt' ich nach der theuren Spur!
+Keiner hat mir noch verkündet
+Von dem lieben Angesicht,
+Und der Tag, der Alles findet,
+Die Verlorne fand er nicht.
+Hast du, Zeus, sie mir entrissen?
+Hat, von ihrem Reiz gerührt,
+Zu des Orkus schwarzen Flüssen
+Pluto sie hinabgeführt? +

+ +

+„Wer wird nach dem düstern Strande
+Meines Grames Bote seyn?
+Ewig stößt der Kahn vom Lande,
+Doch nur Schatten nimmt er ein.
+Jedem sel'gen Aug' verschlossen
+Bleibt das nächtliche Gefild,
+Und so lang der Styx geflossen,
+Trug er kein lebendig Bild.
+Nieder führen tausend Steige,
+Keiner führt zum Tag zurück;
+Ihre Thräne bringt kein Zeuge
+Vor der bangen Mutter Blick.“ +

+ +
+ +

IV.

+ +

+Meine Schwiegermutter Ceres!
+Laß' die Klagen, laß' die Bitten!
+Dein Verlangen, ich gewähr' es —
+Habe selbst so viel gelitten! +

+ +

+Tröste dich, wir wollen ehrlich
+Den Besitz der Tochter theilen,
+Und sechs Monden soll sie jährlich
+Auf der Oberwelt verweilen. +

+ +

+Hilft dir dort an Sommertagen
+Bei den Ackerbaugeschäften;
+Einen Strohhut wird sie tragen,
+Wird auch Blumen daran heften. +

+ +

+Schwärmen wird sie wenn den Himmel
+Ueberzieht die Abendröthe,
+Und am Bach ein Bauerlümmel
+Zärtlich bläst die Hirtenflöte. +

+ +

+Wird sich freu'n mit Greth und Hänschen
+Bei des Erndtefestes Reigen;
+Unter Schöpsen, unter Gänschen,
+Wird sie sich als Löwin zeigen. +

+ +

+Süße Ruh! Ich kann verschnaufen
+Hier im Orkus unterdessen!
+Punsch mit Lethe will ich saufen,
+Um die Gattin zu vergessen. +

+ +
+ +

V.

+ +

+„Zuweilen dünkt es mich, als trübe
+Geheime Sehnsucht deinen Blick —
+Ich kenn' es wohl, dein Mißgeschick:
+Verfehltes Leben, verfehlte Liebe! +

+ +

+„Du nickst so traurig! Wiedergeben
+Kann ich dir nicht die Jugendzeit —
+Unheilbar ist dein Herzeleid:
+Verfehlte Liebe, verfehltes Leben!“ +

+ +
+ +
+ + + -- cgit v1.2.3