From da16c1c086c7c7eaca02f15b7d6b381bf2f0faf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Fri, 10 Dec 2021 18:26:21 +0000 Subject: Erste Veröffentlichung MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- .../05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml | 155 +++++++++++++++++++++ 1 file changed, 155 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml') diff --git a/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml new file mode 100644 index 0000000..43cd41e --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/03.xhtml @@ -0,0 +1,155 @@ + + + + + + + + Caput III. + + + +
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Caput III.

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+Zu Aachen, im alten Dome, liegt
+Carolus Magnus begraben.
+(Man muß ihn nicht verwechseln mit Carl
+Mayer, der lebt in Schwaben.) +

+ +

+Ich möchte nicht todt und begraben seyn
+Als Kaiser zu Aachen im Dome;
+Weit lieber lebt' ich als kleinster Poet
+Zu Stukkert am Neckarstrome. +

+ +

+Zu Aachen langweilen sich auf der Straß'
+Die Hunde, sie flehn unterthänig:
+Gieb uns einen Fußtritt, o Fremdling, das wird
+Vielleicht uns zerstreuen ein wenig. +

+ +

+Ich bin in diesem langweilgen Nest
+Ein Stündchen herumgeschlendert.
+Sah wieder preußisches Militär,
+Hat sich nicht sehr verändert. +

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+Es sind die grauen Mäntel noch,
+Mit dem hohen, rothen Kragen —
+(Das Roth bedeutet Franzosenblut,
+Sang Körner in früheren Tagen.) +

+ +

+Noch immer das hölzern pedantische Volk,
+Noch immer ein rechter Winkel
+In jeder Bewegung, und im Gesicht
+Der eingefrorene Dünkel. +

+ +

+Sie stelzen noch immer so steif herum,
+So kerzengrade geschniegelt,
+Als hätten sie verschluckt den Stock
+Womit man sie einst geprügelt. +

+ +

+Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie,
+Sie tragen sie jetzt im Innern;
+Das trauliche Du wird immer noch
+An das alte Er erinnern. +

+ +

+Der lange Schnurbart ist eigentlich nur
+Des Zopfthums neuere Phase:
+Der Zopf, der ehmals hinten hing,
+Der hängt jetzt unter der Nase. +

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+Nicht übel gefiel mir das neue Costum
+Der Reuter, das muß ich loben,
+Besonders die Pikkelhaube, den Helm,
+Mit der stählernen Spitze nach oben. +

+ +

+Das ist so ritterthümlich und mahnt
+An der Vorzeit holde Romantik,
+An die Burgfrau Johanna von Montfaucon,
+An den Freyherrn Fouquè, Uhland, Tieck. +

+ +

+Das mahnt an das Mittelalter so schön,
+An Edelknechte und Knappen,
+Die in dem Herzen getragen die Treu
+Und auf dem Hintern ein Wappen. +

+ +

+Das mahnt an Kreuzzug und Turney,
+An Minne und frommes Dienen,
+An die ungedruckte Glaubenszeit,
+Wo noch keine Zeitung erschienen. +

+ +

+Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt
+Vom allerhöchsten Witze!
+Ein königlicher Einfall war's!
+Es fehlt nicht die Pointe, die Spitze! +

+ +

+Nur fürcht' ich, wenn ein Gewitter entsteht,
+Zieht leicht so eine Spitze
+Herab auf Euer romantisches Haupt
+Des Himmels modernste Blitze! — — +

+ +

+Zu Aachen, auf dem Posthausschild,
+Sah ich den Vogel wieder,
+Der mir so tief verhaßt! Voll Gift
+Schaute er auf mich nieder. +

+ +

+Du häßlicher Vogel, wirst du einst
+Mir in die Hände fallen,
+So rupfe ich dir die Federn aus
+Und hacke dir ab die Krallen. +

+ +

+Du sollst mir dann, in luft'ger Höh,
+Auf einer Stange sitzen,
+Und ich rufe zum lustigen Schießen herbei
+Die Rheinischen Vogelschützen. +

+ +

+Wer mir den Vogel herunterschießt,
+Mit Zepter und Krone belehn' ich
+Den wackern Mann! Wir blasen Tusch
+Und rufen: es lebe der König! +

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+ + + -- cgit v1.2.3