From da16c1c086c7c7eaca02f15b7d6b381bf2f0faf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Fri, 10 Dec 2021 18:26:21 +0000 Subject: =?UTF-8?q?Erste=20Ver=C3=B6ffentlichung?= MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- .../05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml | 148 +++++++++++++++++++++ 1 file changed, 148 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml') diff --git a/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml new file mode 100644 index 0000000..f1a6c6f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/21.xhtml @@ -0,0 +1,148 @@ + + + + + + + + Caput XXI. + + + +
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Caput XXI.

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+Die Stadt, zur Hälfte abgebrannt,
+Wird aufgebaut allmählig;
+Wie'n Pudel, der halb geschoren ist,
+Sieht Hamburg aus, trübselig. +

+ +

+Gar manche Gassen fehlen mir,
+Die ich nur ungern vermisse —
+Wo ist das Haus, wo ich geküßt
+Der Liebe erste Küsse? +

+ +

+Wo ist die Druckerey, wo ich
+Die Reisebilder druckte?
+Wo ist der Austerkeller, wo ich
+Die ersten Austern schluckte? +

+ +

+Und der Dreckwall, wo ist der Dreckwall hin?
+Ich kann ihn vergeblich suchen!
+Wo ist der Pavillon, wo ich
+Gegessen so manchen Kuchen? +

+ +

+Wo ist das Rathhaus, worin der Senat
+Und die Bürgerschaft gethronet?
+Ein Raub der Flammen! Die Flamme hat
+Das Heiligste nicht verschonet. +

+ +

+Die Leute seufzten noch vor Angst,
+Und mit wehmüth'gem Gesichte
+Erzählten sie mir vom großen Brand
+Die schreckliche Geschichte: +

+ +

+„Es brannte an allen Ecken zugleich,
+Man sah nur Rauch und Flammen!
+Die Kirchenthürme loderten auf
+Und stürzten krachend zusammen. +

+ +

+„Die alte Börse ist verbrannt,
+Wo unsere Väter gewandelt,
+Und mit einander Jahrhunderte lang
+So redlich als möglich gehandelt. +

+ +

+„Die Bank, die silberne Seele der Stadt,
+Und die Bücher wo eingeschrieben
+Jedweden Mannes Banko-Werth,
+Gottlob! sie sind uns geblieben! +

+ +

+„Gottlob! man kollektirte für uns
+Selbst bei den fernsten Nazionen —
+Ein gutes Geschäft — die Collekte betrug
+Wohl an die acht Millionen. +

+ +

+„Aus allen Ländern floß das Geld
+In unsre offnen Hände,
+Auch Victualien nahmen wir an,
+Verschmähten keine Spende. +

+ +

+„Man schickte uns Kleider und Betten genug,
+Auch Brod und Fleisch und Suppen!
+Der König von Preußen wollte sogar
+Uns schicken seine Truppen. +

+ +

+„Der materielle Schaden ward
+Vergütet, das ließ sich schätzen —
+Jedoch den Schrecken, unseren Schreck,
+Den kann uns niemand ersetzen!“ +

+ +

+Aufmunternd sprach ich: Ihr lieben Leut,
+Ihr müßt nicht jammern und flennen,
+Troya war eine bessere Stadt
+Und mußte doch verbrennen. +

+ +

+Baut Eure Häuser wieder auf
+Und trocknet Eure Pfützen,
+Und schafft Euch bess're Gesetze an,
+Und beß're Feuerspritzen. +

+ +

+Gießt nicht zu viel Cajenne-Piment
+In Eure Mokturtelsuppen,
+Auch Eure Karpfen sind Euch nicht gesund,
+Ihr kocht sie so fett mit den Schuppen. +

+ +

+Kalkuten schaden Euch nicht viel,
+Doch hütet Euch vor der Tücke
+Des Vogels, der sein Ey gelegt
+In des Bürgermeisters Perücke. — — +

+ +

+Wer dieser fatale Vogel ist,
+Ich brauch es Euch nicht zu sagen —
+Denk' ich an ihn, so dreht sich herum
+Das Essen in meinem Magen. +

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+ + + -- cgit v1.2.3