From da16c1c086c7c7eaca02f15b7d6b381bf2f0faf3 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Fri, 10 Dec 2021 18:26:21 +0000 Subject: =?UTF-8?q?Erste=20Ver=C3=B6ffentlichung?= MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- .../05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml | 176 +++++++++++++++++++++ 1 file changed, 176 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml') diff --git a/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml new file mode 100644 index 0000000..07a35cd --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05-deutschland-ein-wintermaerchen/27.xhtml @@ -0,0 +1,176 @@ + + + + + + + + Caput XXVII. + + + +
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Caput XXVII.

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+Was sich in jener Wundernacht
+Des Weitern zugetragen,
+Erzähl' ich Euch einandermahl,
+In warmen Sommertagen. +

+ +

+Das alte Geschlecht der Heucheley
+Verschwindet Gott sey Dank heut,
+Es sinkt allmählig in's Grab, es stirbt
+An seiner Lügenkrankheit. +

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+Es wächst heran ein neues Geschlecht,
+Ganz ohne Schminke und Sünden,
+Mit freien Gedanken, mit freier Lust —
+Dem werde ich Alles verkünden. +

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+Schon knospet die Jugend, welche versteht
+Des Dichters Stolz und Güte,
+Und sich an seinem Herzen wärmt,
+An seinem Sonnengemüthe. +

+ +

+Mein Herz ist liebend wie das Licht,
+Und rein und keusch wie das Feuer;
+Die edelsten Grazien haben gestimmt
+Die Saiten meiner Leyer. +

+ +

+Es ist dieselbe Leyer, die einst
+Mein Vater ließ ertönen,
+Der selige Herr Aristophanes,
+Der Liebling der Kamönen. +

+ +

+Es ist die Leyer, worauf er einst
+Den Paisteteros besungen,
+Der um die Basileia gefreyt,
+Mit ihr sich emporgeschwungen. +

+ +

+Im letzten Capitel hab' ich versucht
+Ein bischen nachzuahmen
+Den Schluß der „Vögel“, die sind gewiß
+Das beste von Vaters Dramen. +

+ +

+Die „Frösche“ sind auch vortrefflich. Man giebt
+In deutscher Uebersetzung
+Sie jetzt auf der Bühne von Berlin,
+Zu königlicher Ergetzung. +

+ +

+Der König liebt das Stück. Das zeugt
+Von gutem antiquen Geschmacke;
+Den Alten amüsirte weit mehr
+Modernes Froschgequacke. +

+ +

+Der König liebt das Stück. Jedoch
+Wär' noch der Autor am Leben,
+Ich riethe ihm nicht sich in Person
+Nach Preußen zu begeben. +

+ +

+Dem wirklichen Aristophanes,
+Dem ginge es schlecht, dem Armen;
+Wir würden ihn bald begleitet sehn
+Mit Chören von Gensd'armen. +

+ +

+Der Pöbel bekäm' die Erlaubniß bald
+Zu schimpfen statt zu wedeln;
+Die Polizei erhielte Befehl
+Zu fahnden auf den Edeln. +

+ +

+O König! Ich meine es gut mit dir,
+Und will einen Rath dir geben:
+Die todten Dichter, verehre sie nur,
+Doch schone die da leben. +

+ +

+Beleid'ge lebendige Dichter nicht,
+Sie haben Flammen und Waffen,
+Die furchtbarer sind als Jovis Blitz,
+Den ja der Poet erschaffen. +

+ +

+Beleid'ge die Götter, die alten und neu'n,
+Des ganzen Olymps Gelichter,
+Und den höchsten Jehovah obendrein —
+Beleid'ge nur nicht den Dichter! +

+ +

+Die Götter bestrafen freilich sehr hart
+Des Menschen Missethaten,
+Das Höllenfeuer ist ziemlich heiß,
+Dort muß man schmoren und braten — +

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+Doch Heilige giebt es, die aus der Glut
+Losbeten den Sünder; durch Spenden
+An Kirchen und Seelenmessen wird
+Erworben ein hohes Verwenden. +

+ +

+Und am Ende der Tage kommt Christus herab
+Und bricht die Pforten der Hölle;
+Und hält er auch ein strenges Gericht,
+Entschlüpfen wird mancher Geselle. +

+ +

+Doch giebt es Höllen aus deren Haft
+Unmöglich jede Befreiung;
+Hier hilft kein Beten, ohnmächtig ist hier
+Des Welterlösers Verzeihung. +

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+Kennst du die Hölle des Dante nicht,
+Die schrecklichen Terzetten?
+Wen da der Dichter hineingesperrt,
+Den kann kein Gott mehr retten — +

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+Kein Gott, kein Heiland, erlöst ihn je
+Aus diesen singenden Flammen!
+Nimm dich in Acht, daß wir dich nicht
+Zu solcher Hölle verdammen. +

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