Das Stoßen des Wagens weckte mich auf,
Doch sanken die Augenlieder
Bald wieder zu, und ich entschlief
Und träumte vom Rothbart wieder.
Ging wieder schwatzend mit ihm herum
Durch alle die hallenden Sääle;
Er frug mich dies, er frug mich das,
Verlangte, daß ich erzähle.
Er hatte aus der Oberwelt
Seit vielen, vielen Jahren,
Wohl seit dem siebenjährigen Krieg,
Kein Sterbenswort erfahren.
Er frug nach Moses Mendelssohn,
Nach der Karschin, mit Intresse
Frug er nach der Gräfin Dübarry,
Des fünfzehnten Ludwigs Maitresse.
O Kaiser, rief ich, wie bist du zurück!
Der Moses ist längst gestorben,
Nebst seiner Rebekka, auch Abraham,
Der Sohn, ist gestorben, verdorben.
Der Abraham hatte mit Lea erzeugt
Ein Bübchen, Felix heißt er,
Der brachte es weit im Christenthum,
Ist schon Capellenmeister.
Die alte Karschin ist gleichfalls todt,
Auch die Tochter ist todt, die Klenke;
Helmine Chesy, die Enkelin,
Ist noch am Leben, ich denke.
Die Dübarry lebte lustig und flott,
So lange Ludwig regierte,
Der fünfzehnte nämlich, sie war schon alt
Als man sie guillotinirte.
Der König Ludwig der fünfzehnte starb
Ganz ruhig in seinem Bette,
Der sechszehnte aber ward guillotinirt
Mit der Königin Antoinette.
Die Königin zeigte großen Muth,
Ganz wie es sich gebührte,
Die Dübarry aber weinte und schrie
Als man sie guillotinirte. — —
Der Kaiser blieb plötzlich stille stehn,
Und sah mich an mit den stieren
Augen und sprach: „Um Gotteswill'n,
Was ist das, guillotiniren?“
Das Guillotiniren — erklärte ich ihm —
Ist eine neue Methode,
Womit man die Leute jeglichen Stands
Vom Leben bringt zu Tode.
Bey dieser Methode bedient man sich
Auch einer neuen Maschine,
Die hat erfunden Herr Guillotin,
Drum nennt man sie Guillotine.
Du wirst hier an ein Brett geschnallt; —
Das senkt sich; — du wirst geschoben
Geschwinde zwischen zwey Pfosten; — es hängt
Ein dreyeckig Beil ganz oben; —
Man zieht eine Schnur, dann schießt herab
Das Beil, ganz lustig und munter; —
Bey dieser Gelegenheit fällt dein Kopf
In einen Sack hinunter.
Der Kaiser fiel mir in die Red:
„Schweig still, von deiner Maschine
Will ich nichts wissen, Gott bewahr',
Daß ich mich ihrer bediene!
„Der König und die Königinn!
Geschnallt! an einem Brette!
Das ist ja gegen allen Respekt
Und alle Etiquette!
„Und du, wer bist du, daß du es wagst
Mich so vertraulich zu dutzen?
Warte, du Bürschchen, ich werde dir schon
Die kecken Flügel stutzen!
„Es regt mir die innerste Galle auf,
Wenn ich dich höre sprechen,
Dein Odem schon ist Hochverrath
Und Majestätsverbrechen!“
Als solchermaßen in Eifer gerieth
Der Alte und sonder Schranken
Und Schonung mich anschnob, da platzten heraus
Auch mir die geheimsten Gedanken.
Herr Rothbart — rief ich laut — du bist
Ein altes Fabelwesen,
Geh', leg' dich schlafen, wir werden uns
Auch ohne dich erlösen.
Die Republikaner lachen uns aus,
Sehn sie an unserer Spitze
So ein Gespenst mit Zepter und Kron';
Sie rissen schlechte Witze.
Auch deine Fahne gefällt mir nicht mehr,
Die altdeutschen Narren verdarben
Mir schon in der Burschenschaft die Lust
An den schwarz-roth-goldnen Farben.
Das Beste wäre du bliebest zu Haus,
Hier in dem alten Kiffhäuser —
Bedenk' ich die Sache ganz genau,
So brauchen wir gar keinen Kaiser.