Caput XXVII.


Was sich in jener Wundernacht
Des Weitern zugetragen,
Erzähl' ich Euch einandermahl,
In warmen Sommertagen.

Das alte Geschlecht der Heucheley
Verschwindet Gott sey Dank heut,
Es sinkt allmählig in's Grab, es stirbt
An seiner Lügenkrankheit.

Es wächst heran ein neues Geschlecht,
Ganz ohne Schminke und Sünden,
Mit freien Gedanken, mit freier Lust —
Dem werde ich Alles verkünden.

Schon knospet die Jugend, welche versteht
Des Dichters Stolz und Güte,
Und sich an seinem Herzen wärmt,
An seinem Sonnengemüthe.

Mein Herz ist liebend wie das Licht,
Und rein und keusch wie das Feuer;
Die edelsten Grazien haben gestimmt
Die Saiten meiner Leyer.

Es ist dieselbe Leyer, die einst
Mein Vater ließ ertönen,
Der selige Herr Aristophanes,
Der Liebling der Kamönen.

Es ist die Leyer, worauf er einst
Den Paisteteros besungen,
Der um die Basileia gefreyt,
Mit ihr sich emporgeschwungen.

Im letzten Capitel hab' ich versucht
Ein bischen nachzuahmen
Den Schluß der „Vögel“, die sind gewiß
Das beste von Vaters Dramen.

Die „Frösche“ sind auch vortrefflich. Man giebt
In deutscher Uebersetzung
Sie jetzt auf der Bühne von Berlin,
Zu königlicher Ergetzung.

Der König liebt das Stück. Das zeugt
Von gutem antiquen Geschmacke;
Den Alten amüsirte weit mehr
Modernes Froschgequacke.

Der König liebt das Stück. Jedoch
Wär' noch der Autor am Leben,
Ich riethe ihm nicht sich in Person
Nach Preußen zu begeben.

Dem wirklichen Aristophanes,
Dem ginge es schlecht, dem Armen;
Wir würden ihn bald begleitet sehn
Mit Chören von Gensd'armen.

Der Pöbel bekäm' die Erlaubniß bald
Zu schimpfen statt zu wedeln;
Die Polizei erhielte Befehl
Zu fahnden auf den Edeln.

O König! Ich meine es gut mit dir,
Und will einen Rath dir geben:
Die todten Dichter, verehre sie nur,
Doch schone die da leben.

Beleid'ge lebendige Dichter nicht,
Sie haben Flammen und Waffen,
Die furchtbarer sind als Jovis Blitz,
Den ja der Poet erschaffen.

Beleid'ge die Götter, die alten und neu'n,
Des ganzen Olymps Gelichter,
Und den höchsten Jehovah obendrein —
Beleid'ge nur nicht den Dichter!

Die Götter bestrafen freilich sehr hart
Des Menschen Missethaten,
Das Höllenfeuer ist ziemlich heiß,
Dort muß man schmoren und braten —

Doch Heilige giebt es, die aus der Glut
Losbeten den Sünder; durch Spenden
An Kirchen und Seelenmessen wird
Erworben ein hohes Verwenden.

Und am Ende der Tage kommt Christus herab
Und bricht die Pforten der Hölle;
Und hält er auch ein strenges Gericht,
Entschlüpfen wird mancher Geselle.

Doch giebt es Höllen aus deren Haft
Unmöglich jede Befreiung;
Hier hilft kein Beten, ohnmächtig ist hier
Des Welterlösers Verzeihung.

Kennst du die Hölle des Dante nicht,
Die schrecklichen Terzetten?
Wen da der Dichter hineingesperrt,
Den kann kein Gott mehr retten —

Kein Gott, kein Heiland, erlöst ihn je
Aus diesen singenden Flammen!
Nimm dich in Acht, daß wir dich nicht
Zu solcher Hölle verdammen.