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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 15:42:43 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 15:42:43 +0100 |
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-rw-r--r-- | OEBPS/Text/06.html | 169 |
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diff --git a/OEBPS/Text/06.html b/OEBPS/Text/06.html new file mode 100644 index 0000000..9cc0edb --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/06.html @@ -0,0 +1,169 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + + <title>Varieté</title> +</head> + +<body> + <h1 id="toc_id_8">Varieté</h1> + + <h2 class="not_in_toc">I<br /> + Loge</h2> + + <p>Ein Walzer rumpelt; geile Geigen kreischen;<br /> + Die Luft ist weiss vom Dunst der Zigaretten;<br /> + Es riecht nach Moschus, Schminke, Wein, nach fetten<br /> + Indianern und entblössten Weiberfleischen.</p> + + <p>Ah! Schwimmen in der dicken Luft die vielen<br /> + Dämlichen Köpfe, die ins Helle glotzen?<br /> + Drei Weiber lässt man auf der Bühne spielen,<br /> + Die süsslich mit gemeinen Gesten protzen.</p> + + <h2 class="not_in_toc">II<br /> + Der Athlet</h2> + + <p>Und der Athlet tritt auf und staunen kannst de,<br /> + Wie er ein Brett mit seiner Faust zerhaut.<br /> + Er geht einher mit ungeheurem Wanste<br /> + Und feistem Arm und Nacken, schweissbetaut.</p> + + <p>Und kurze Hosen schlottern um die Beinchen,<br /> + Die sind zu dünnen Stöckchen deformiert.<br /> + Prunkende Seide seine Füsschen ziert.<br /> + Ach! sind die niedlich! Wie zwei rosa Schweinchen.</p> + + <h2 class="not_in_toc">III<br /> + Der Humorist</h2> + + <p>Ein alter Mann in einem neuen Fracke<br /> + Plärrt jetzt seine Liebesabenteuer.<br /> + Und besonders nach gewissen neuern<br /> + Abenteuern,<br /> + Spricht er, gleiche er dem Wracke,<br /> + Das auf den Wellen wackle ohne Rast,<br /> + Der Winds-»Braut« preisgegeben, ohne Steuer,<br /> + Sogar mit halb verfaultem »Mast«.</p> + + <h2 class="not_in_toc">IV<br /> + Tanz</h2> + + <p>Ein kleines Mädchen mit gebrannten Löckchen<br /> + In einem Hemd ganz himmelblau –<br /> + Die blossen Beine trippeln ohne Söckchen.<br /> + Sie singt: »Ach, tu mir nichts zuleide!<br /> + Ach Du! Heut werd ich Deine Frau.</p> + + <p>«Dann tanzt sie gierig und mit Chic<br /> + Zu einer holprigen Musik.<br /> + Und durch die Wirbel blauer Seide<br /> + Siehst de den jungen Leib genau.</p> + + <h2 class="not_in_toc">V<br /> + Die Inderin</h2> + + <p>Sie hebt den dünnen Arm; da duckt zum Sprunge<br /> + Das dunkle Pantherpaar, durch sieben Reifen<br /> + Fährt es hindurch mit elegantem Schwunge.</p> + + <p>Und ihre bösen starken Pranken streifen<br /> + (Wenn sie verwirrt zurück zum Käfig taumeln)<br /> + Die Perlenschnüre, die … von einem lila Gurte …<br /> + Um ihrer nackten Herrin Hüften baumeln.</p> + + <h2 class="not_in_toc">VI<br /> + Ballet</h2> + + <p>Neger schlenkern aufrecht mit den Beinen,<br /> + Auf dem Rumpfe gelbliche Trikots.<br /> + Und dazwischen tanzen unsere frechen kleinen<br /> + Weiber blond und nackend; ganz famos<br /> + Angezogen:<br /> + Nur mit goldenen Stöckelschuhn,<br /> + Mit denen sie die fauchenden Athleten<br /> + Behende in die dicken Nasen treten.</p> + + <h2 class="not_in_toc">VII<br /> + Die Soubrette</h2> + + <p>Ein Weibsbild kommt als Jägersmann<br /> + Und schiesst auf ihrer Flinten.<br /> + Und sieht sich einen Vogel an<br /> + Und zeigt sich uns von hinten.</p> + + <p>Ihr Hintern biegt sich unerhört<br /> + Auf Beinen stramm wie Säulen.<br /> + Sie singt: »Mich hat die Lieb verstört<br /> + Juchhei! im grünen Walde …«</p> + + <h2 class="not_in_toc">VIII<br /> + Die Tänzerin</h2> + + <p>Wie mich die zärtlichen Gelenke rühren,<br /> + Dein magrer Nacken, Deiner Kniee Biegen!<br /> + Ich zürne fast. Werde ich Dir erliegen?<br /> + Wirst Du zu jenem Traum zurück mich führen,</p> + + <p>Den ich als Knabe liebend mir erbaute<br /> + Aus süssen Versen und dem Spiel der schönen<br /> + Schauspielerinnen, linden Geigentönen<br /> + Und Idealen, die ich klaute?</p> + + <p>Ach! keine fand ich jenem Traume gleich,<br /> + Ich musste weinend Weib um Weib vermeiden,<br /> + Ich war verbannt zu unermessnen Leiden,<br /> + Und hasse jenen Traum. Ich spähe bleich,</p> + + <p>Und sorgsam späh ich wie Dein Leib sich wende,<br /> + Nach jeder Fehle, die im Tanz du zeigst,<br /> + Ich bin dir dankbar, da du doch am Ende<br /> + Mit einem blöden Lächeln dich verneigst.</p> + + <h2 class="not_in_toc">IX<br /> + Schluss: Kinematograph</h2> + + <p>Der Saal wird dunkel. Und wir sehn die Schnellen<br /> + Der Ganga, Palmen, Tempel auch des Brahma,<br /> + Ein lautlos tobendes Familiendrama<br /> + Mit Lebemännern dann und Maskenbällen.</p> + + <p>Man zückt Revolver, Eifersucht wird rege,<br /> + Herr Piefke duelliert sich ohne Kopf.<br /> + Dann zeigt man uns mit Kiepe und mit Kropf<br /> + Die Älplerin auf mächtig steilem Wege.</p> + + <p>Es zieht ihr Pfad sich bald durch Lärchenwälder,<br /> + Bald krümmt er sich und dräuend steigt die schiefe<br /> + Felswand empor. Die Aussicht in der Tiefe<br /> + Beleben Kühe und Kartoffelfelder.</p> + + <p>Und in den dunklen Raum – mir ins Gesicht –<br /> + Flirrt das hinein, entsetzlich! nach der Reihe!<br /> + Die Bogenlampe zischt zum Schluss nach Licht –<br /> + Wir schieben geil und gähnend uns ins Freie.</p> + + <h2 class="not_in_toc">X<br /> + Draussen</h2> + + <p>Die Sommernacht ist schwer nur zu ertragen!<br /> + Vier Herren gehn mit abgeknöpftem Kragen.<br /> + Ein Lackbeschuhter stelzt der Schnepse nach ...<br /> + Da polterts her – Ein langgedehnter Krach:<br /> + Der Donner!<br /> + Au!<br /> + Ist die Reklame plump,<br /> + Blitz!<br /> + Ein feiner Mensch liebt nicht den lauten Mum-<br /> + pitz!<br /> + Das klingt ja ganz, als ob der dicke nackte<br /> + Weltgeist<br /> + Ganz vertrackte Katarakte im Tackte kackte.</p> + +</body> +</html> |