From d58553b69b6957f351a4ba77bfa24103a43318af Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Patrick Goltzsch Date: Mon, 29 May 2023 17:15:24 +0200 Subject: erste fassung --- OEBPS/Text/10.xhtml | 120 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 120 insertions(+) create mode 100644 OEBPS/Text/10.xhtml (limited to 'OEBPS/Text/10.xhtml') diff --git a/OEBPS/Text/10.xhtml b/OEBPS/Text/10.xhtml new file mode 100644 index 0000000..432c4d6 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/10.xhtml @@ -0,0 +1,120 @@ + + + + + + + + ...liner Roma... - 10. + + + +
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10.

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+Amtsgericht I erläßt ein Aufgebot hinter 20 Verschollenen, +deren Todeserklärung beantragt ist.

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+Nur plaudern, das kostet ja nichts. Im Gegenteil, dann +möchte sie noch Bohnenkaffee und Gebäck mit ihm teilen. Die +Hure Biela. Und das auszuschlagen, erfordert Überwindung von +ihm, dem Hungergeschwächten. – Wie ein von Märchen +Entrücktes lauscht sie seinen traurigen Gedichten, schreibt +sie dankbar in ein fettiges Heft. Er sagt sie auch innig und +echt her; liegt doch hinter ihm eine stundenlange bekümmerte +Wanderung durch die Straßen, die er kennt, die ihn nicht +kennen. – Man hat sein Drama abgelehnt. Eine halbe Minute +oder die Laune + +Bild Kapitel 10 + +eines Lektors, oder einer Gottheit weiser +Beschluß zerpflückte ihm das Werk eines Jahres. – Annemarie +hat sich von ihm losgesagt, einen Tag bevor seine besten +Schuhe barsten. Erbärmliches Leder. – Arbeitern wich er aus, +die Schokolade kauten oder Grogdünste, Geldgerüche +aushauchten. Ahnt keiner von ihnen, daß das, was in Hauffs +Märchen unsere Brust bedrängt und uns Güte ausweinen läßt, +daß das heute unter Liftboys leben kann, vielleicht jetzt +augenblicklich in der Kakadubar vor der Tafel mit den +Renndepeschen zu finden wäre. – Wer nur arbeiten will, +Arbeit ist genug da. Herr Purmann hat das über ihn +geschüttet wie heißes Blei. Aber Purmanns wissen es nicht +besser. Das Glück hängt vom Gewissen ab, aber das Gewissen +vom Verstande. – Schuld, Irrtum, Glück, Zufall, +Verantwortung... Lauter durcheinandersiedende Moleküle – +Noktavian hat eine Anstellung gefunden. Er besucht vornehme +Kundschaft, um Beiträge zu sammeln für ein nationales +Privatunternehmen. Viele honorige Stellungslose werben so +für ähnliche Vereine unter hohen Protektoraten. Sie betteln +erstaunliche Summen zusammen, aber doch nur so viel, daß es +gerade die honorigen Spesen der Ehrenamtlichen deckt. Nun +kann Noktavian wohl reisen und Beziehungen anknüpfen. – +Liebenswürdige Freunde von Gustaven, begabte jüdische +Kollegen der Literatur oder Kunst, wußten sich auch durch +diese Zeit scharfdenkend und beharrlich höher zu schrauben; +ließen hier einen überflüssigen Brocken Ehre fallen, +zertraten dort unauffällig einen anständigeren Ringer. – Und +denen, die Ruhm und Gold besitzen, nähert sich behaglich der +Zufall und segnet sie. Und was uns vorzustellen gelingt, das +sind wir auch. Brave, unverantwortliche Soldaten +zerfleischen darüber brave, nur geistig anspruchsvollere +Brüder. – Und die Gewinnenden? was gewannen sie? Wer ist +heute wahrhaft zufrieden? Oder doch? Oder nein? – +Deutschland wurde gar zu arg geschüttelt. – Und wie's kam +und wie's auch noch kommen sollte, du, bleierner Gustav. +wirst immer auf dem Grunde bleiben. Die Offiziersschärpe und +die Kriegsorden anlegen und dich bettelnd in der +Wilhelmstraße aufstellen. Nein, das darfst du nicht. Denn du +triffst hin und wieder anständige Kameraden und besuchst +doch zuweilen den feudalen Klub, wo getreue, zum Teil +kriegsverstümmelte Helden dauernd Kinder mit dem Bade +ausschütten und einem eitlen, beschränkten Götzen huldigen, +der sich aus dem Staube gemacht hat. Außerdem werden dir +gewiß schon andere mit dieser Idee zuvorgekommen sein. – +Denn Berlin ist ja so hoffnungslos abgegrast von der +schlingenden niedertretenden Vielheit. – Die Bourgeois? Auch +du gehörst ihnen wohl an, den tatenlosen oder den +kurzsichtigen oder den steifdummen oder den heimlich +zufriedenen Scheinbellern. Und die Radikalsten? Ideale +erfüllen sich nie, aber unter wirren Umständen die Taschen. +– Und die Verbrecher? Vergreifen sich an den Mittleren und +Kleineren. Denn die Tiergartenstraße schützt der Staat, es +ist seine Straße. Der Staat ist fett gemästet, ernährt sich +nur mehr von jungen, zartesten Gemüsen. Wenn ich Präsident +wäre, ich würde... Geschwätz! – Woge prallt gegen Woge. +Wurde mir die Seefahrt doch leid? Ich bin ein verbrauchter +Süßwassermatrose, der sein Leben auf dem Lande beschließen +möchte. – Die Hochsee hat ihre Wunder, aber in die Tiefe muß +man tauchen, sie zu heben, und man kehrt dabei leicht nicht +wieder zurück. Andere bescheiden sich, dringen an der +Oberfläche rasch vorwärts. Noch ein anderer erhängt sich. +Der läuft nur einen Knoten und erreicht doch am ehesten das +Ziel. Das wäre etwas für dich, Gustav. Und deine paar +Habseligkeiten alle testamentarisch dem einen Freunde +vererben, daß die Verwandten und Mäzene wenigstens einmal +stutzen würden: „An diesem Deeters muß doch etwas sein...“ – +Man plaudert mit ihnen. Immer das gleiche. Unter diesen +Mädchen gibt es mitunter noch Altangesessene und auch eine +gewisse Kultur in Berlin. – Man weiß im voraus, was Biela +antworten wird. – Wie sie sich ihre Zukunft ausmalt? Sie +wird mit Ersparnissen ein Blumengeschäft gründen, oder +Zimmer vermieten, entweder als Kupplerin oder an anständige +Herren. – Sie sind gemütlich und ehrlich, solange man an dem +barschen Kontrakt nicht rüttelt. Sie bieten dir heute +nervenpeitschenden Kaffee und morgen tödliches Gift. – +Beiläufig, in ausgelassener Festgesellschaft antwortete +Elfchen einer Frau Rat mit komischem, fast rührendem Stolz: +„O, als Heinz mit mir in Paris war, damals haben wir auch +oft drei Tage und drei Nächte hintereinander +durchbummelt...“ Wer verdient das Leben? Alle andern sind +schuldbeladen. Ich, Gustav, bin der einzige anständige +Charakter. So aussichtslos... so hoffnungslos... +

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