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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:45:23 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:45:23 +0100 |
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diff --git a/OEBPS/Text/gedichte/soldatengedichte/02_soldatenlieder.html b/OEBPS/Text/gedichte/soldatengedichte/02_soldatenlieder.html new file mode 100644 index 0000000..000b26a --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/gedichte/soldatengedichte/02_soldatenlieder.html @@ -0,0 +1,97 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Soldatenlieder</title> +</head> +<body> + +<h4>Soldatenlieder</h4> + +<p> +I</p> + +<p> +Gut ist und schön, ein Jahr Soldat zu sein.<br /> +Man lebt so länger. Und man freut sich doch<br /> +Mit jedem Funken Zeit, den man dem Tod entreißt.<br /> +Dies arme Hirn, zerfetzt von Städtersehnsucht,<br /> +Blutig von Büchern, Leibern, Abenden,<br /> +Trostlos betrübt und aller Sünden voll,<br /> +Dreiviertel schon zerstört – kann nun<br /> +Beim Stillestehen und beim Aufmarschieren,<br /> +Beim Armerollen und beim Beineschwingen<br /> +In einer Ecke des Schädels sanft verrosten.</p> + +<p> +O, der Gestank in einer Marschkolonne.<br /> +O, Laufschritt über holdes Frühlingsland.</p> + +<p> +II</p> + +<p> +Ich muß eine Stunde vor den anderen kommen,<br /> +Weil ich schlecht geschossen habe.<br /> +Ich werde wohl nicht befördert werden.<br /> +Und nachexerzieren muß ich zur Strafe,<br /> +Weil ich, während die anderen vorschriftsmäßig<br /> +Starr auf die Mütze der Vorderen blickten,<br /> +Als wir vor der roten Sonne<br /> +über die leuchtenden Felder marschierten,<br /> +Vorsichtig zu dem kleinen Flieger schielte,<br /> +Der über mir in dem großen, glühenden<br /> +Abendhimmel wie eine Biene summte.</p> + +<p> +III</p> + +<p> +Ich weiß, ich weiß: Dies Leben ist gesund.<br /> +Zwar hört man meine Griffe kaum,<br /> +Doch hau ich mir die Hände wund.<br /> +Statt auf dem verfluchten Kasernenhof<br /> +Könnte ich jetzt in einer Wiese sein.<br /> +Vor versammelter Mannschaft fängt ein Mann<br /> +Bitterlich zu weinen an.</p> + +<p> +IV</p> + +<p> +Ich habe manchmal Angst: Ein Jahr ist lang,<br /> +Unendlich lang. Und ewig Beineschwingen…<br /> +Den ganzen lieben Tag beim Körperkneten<br /> +Und beim Parademarsch, beim Platzpatronenschießen<br /> +Die Welt vergessen müssen … Daß man noch am Abend<br /> +Beim Bier ganz dumpf ist, noch beim Schlafengehn<br /> +Den schweren Helm auf seiner Stirne spürt –<br /> +Und in der Nacht von den Sergeanten träumt – –</p> + +<p> +V</p> + +<p> +Schon kommen Sonntage und Abende,<br /> +In denen ich ganz leer und lustlos schreite,<br /> +Ganz gläsern bin, zum Spaß mit Hunden spiele,<br /> +Ach, oder kleine Steine, die ich fand,<br /> +Mühsam und sinnlos durch die Straßen schleife.<br /> +Oft steh ich auch an meinen Fenstern faul herum,<br /> +Unschlüssig: Soll ich nun in Bierlokalen<br /> +Mit Kameraden runden Stumpfsinn pflegen,<br /> +In flinken Kinos meine müden<br /> +Elenden Stunden töten und zum Zeitvertreib<br /> +Gutwillge Mädchen suchen: Oder soll ich nur<br /> +In meiner Stube endlos auf und ab gehn.</p> + +<p> +Ich, der die Nächte wie ein Narr durchlief,<br /> +Zum Himmel schreiend tausend Wunder suchte.</p> + +</body> +</html> |