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index 0000000..96b2283
--- /dev/null
+++ b/OEBPS/Text/prosa/ergaenzungen/02_kuno_kohn.html
@@ -0,0 +1,73 @@
+<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?>
+<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN"
+ "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd">
+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Kuno Kohn</title>
+</head>
+<body>
+
+<h4>Kuno Kohn</h4>
+
+<p>
+Seit einem halben Jahr wohne ich in der Nürnbergerstraße.
+Von den Hausbewohnern hat noch niemand etwas gemerkt. Ich
+bin vorsichtig.</p>
+
+<p>
+Das weiße Kostüm bringt mir Glück, ich
+verdiene genug. Ich habe angefangen zu sparen, denn ich
+fühle, daß die Kräfte nachlassen. Häufig bin idh matt,
+manchmal habe ich Schmerzen. Auch werde ich dick und alt.
+Ich schminke mich nicht gern &ndash; &ndash;</p>
+
+<p>
+Ich stehe nicht mehr unter Kontrolle. Kuno Kohn hat mich
+frei gemacht, ich bin ihm dankbar.</p>
+
+<p>
+Kuno Kohn ist häßlich.</p>
+
+<p>
+Kuno Kohn hat einmal gesagt, daß er Knochenfraß habe.</p>
+
+<p>
+Sonderbar ist die erste Begegnung gewesen:</p>
+
+<p>
+Es regnete. Die Straßen waren naß und schmutzig. Ich stand
+an einer Laterne in der Kaiserallee und blickte auf die
+angespritzten Kleider. Wenn Wind kam, fröstelte ich. Die
+Füße schimerzten von den Schuhen.</p>
+
+<p>
+Selten ging wer. Meist auf der anderen Seite. Mit
+aufgeschlagenem Mantelkragen. Den Hut über die Stirn&hellip;
+Niemand beachtete mich, ich stand traurig.</p>
+
+<p>
+Der Kies knirschte hinter mir. Hart und plötzlich, daß ich
+aufschreckte. Ein Polizist kam, die Hände am Rücken. Er ging
+langsam. Er sah mich argwöhnisch an, stolz auf sein Recht.
+Er fühlte sich Herr! Er schritt weiter. Ich lachte höhnend,
+er schaute sich nicht um. Der Polizist verachtete mich&hellip;</p>
+
+<p>
+Ich gähnte, es war spät geworden. Ich ging bis zur
+Kantstraße. Da kam einer, der war klein und verwachsen. Er
+blieb stehen, als er mich sah.</p>
+
+<p>
+Er versteckte einen Teil des Gesichtes hinter dürren
+Fingern. Und rieb am rechten Lid wie wer, der sich schämt.
+Und hüstelte&hellip; Ich trat dicht zu ihm, daß er mich fühlte.
+Er sagte: Na &ndash; Ich sagte: Komm Kleiner. Er sagte:
+Eigentlich bin ich homosexuell. Und nahm meine Hand.</p>
+
+<p class="source">Der Sturm, Nr. 32, 6 October 1910, S. 256</p>
+
+</body>
+</html>