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diff --git a/OEBPS/Text/prosa/geschichten/04_zwei_bruchstuecke_aus_der_ersten_fassung_der_geschichte__cafe_kloesschen.html b/OEBPS/Text/prosa/geschichten/04_zwei_bruchstuecke_aus_der_ersten_fassung_der_geschichte__cafe_kloesschen.html new file mode 100644 index 0000000..f2df670 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/prosa/geschichten/04_zwei_bruchstuecke_aus_der_ersten_fassung_der_geschichte__cafe_kloesschen.html @@ -0,0 +1,109 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Zwei Bruchstücke aus der ersten Fassung der Geschichte »Cafe Klößchen«</title> +</head> +<body> + +<h4>Zwei Bruchstücke aus der ersten Fassung der Geschichte »Cafe Klößchen«</h4> + +<p> +I</p> + +<p> +Im Cafe Klößchen</p> + +<p> +in der Nähe Kohns sprachen im Kreis wenig bekannte Kritiker, +Maler, Dichter und ein paar. Zumeist Mitarbeiter der neuen +Zeitschrift: »Das andere A« und der unregelmäßig von dem +kleinen begeisterten Lutz Laus für die Hebung der +Unsittlichkeit angefertigten Monatsschrift: »Der Dackel«. +Bei ihnen saß ein schönes fressendes Fräulein.</p> + +<p> +Man stritt sich gerade um den literarischen Unwert des Herrn +Kohn. Der Dichter Gottschalk Schulz, ein Jurist, erklärte, +ihm sei unbegreiflich, daß Herr Doktor Bryller den Kohn +lobe. Kohn schildere alles anders. Kohn sei ein Lügner. Kohn +sei grotesk. - Der begabte Doktor Berthold Bryller sagte +darauf: »Grotesk sein, sei kein Nachteil. Groteske sei +immerhin eine Brücke zu einem Weg.« Und ein +Witzblattredakteur, der eigentlich nicht hierher gehörte, +schrie schüchtern: »Auch ich schätze alles, was grotesk und +originell ist und über den stumpfsinnigen deutschen +Tintensumpf hinausstrebt.« - Aber Lutz Laus rief: »Ich +schätze gar nichts. Ich teile diese Knaben ein in Burschen, +welche schreiben, weil ihnen nichts einfällt, und in +Gesindel, welches schmiert, weil ihm so zumute ist.« - +Spinoza Spaß, ein Gymnasiast, der dämlich an einem Stuhle +hing, freute sich langsam. Er blickte boshaft zu dem +einsamen Kohn. Und sagte, weiches Gemüt und heimatlichen +Akzent durch Berlinern etwas verbergend: »Nehmen Se jrotesk, +det hebt Ihnen.« - Alle lachten.</p> + +<p> +Kohn sah das Fräulein eine Weile innig an, zu den anderen +schmiß er nur verächtliche Blicke. Er stand bald auf und +ging weg.</p> + + +<p> +II</p> + +<p> +Der Dackel-Laus</p> + +<p> +an einem weichen Abend voller grünlichgelber Laternen, +voller Regenschirme und Straßenschmutz erregte der +Dackel-Laus gewaltiges Aufsehen in dem Café Klößchen. Er +ließ Zettel verteilen, auf denen für eine neue, von ihm +erfundene gottlose Religion auf neojuristischer Grundlage +Propaganda gemacht wurde. Ferner war für den nächsten Abend +eine konstituierende Versammlung in einen nahen Kintopp +einberufen.</p> + +<p> +Das ganze Café Klößchen erschien. Sogar Kuno Kohn, der +eigentlich der Klößchenclique nicht angehörte, mit den +meisten Literaten dieser Gruppe verfeindet war, kam in den +Kintopp. Gottschalk Schulz rief leise: »Das ist ein +ekelhafter Kerl. Das ist ein sogenannter grotesker Kohn.« +Lisel Liblichlein sagte: »Wer -« Schulz sagte: » Der kleine +Bucklige, der dort kommt.« Sie sah den Buckligen. Und sagte: +»Ach -« R. R. Müller, der neben ihr saß, flüsterte ihr +vertraulich zu: »Dieser Kohn ist gefährlich.« Sie sagte: +»Wieso -«</p> + +<p> +da sang eine Dame. Als die Dame nicht mehr sang, faßte +Gottschalk Schulz die Hand des Fräulein Liblichlein. Auch +den anderen war infolge des Gesanges feierlich zumute. +Einige hatten Tränen in den Augen.</p> + +<p> +Nun trat Lutz Laus selbst auf einen Stuhl. Er war ganz +schwarz gekleidet, aber das Gesicht war purpurrot, und die +Hände steckten in giftgrünen Lappen. Die Pupillen glänzten +wie gelbes Glas. Es war unsagbar still. Und er verkündete +seine Religion. Er sagte, diese Religion sei die Religion +der gehobenen Pessimisten. Diese Religion habe keinen Gott, +aber einen Papst. Der Papst sei er. Zugleich machte er die +Mitteilung, daß er in Anlehnung an die katholische Kirche +das Dogma von der Lausischen Unfehlbarkeit festzustellen +bitte. Und er verriet, daß er in kurzer Zeit in einem +Bürgerlichen Gebetbuch (Laus: BGB.) In 2385 Aphorismen die +grundlegenden Sätze seiner Religion zusammenstellen werde. -</p> + +<p> +Nach der Versammlung ging man haufenweise in das Café +Klößchen.</p> + +</body> +</html> |