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  <title>Man hat mich glücklich eingesperrt</title>
</head>
<body>

<h4>Man hat mich glücklich eingesperrt</h4>

<p>
Man hat mich glücklich eingesperrt,<br />
Dran ist mir nichts gelegen,<br />
Und für total verrückt erklärt<br />
Des Dichtens nämlich wegen.</p>

<p>
Denn erstens dicht' ich unerlaubt,<br />
Grob und unmanierlich.<br />
Und zweitens dicht' ich überhaupt<br />
Und drittens zu natürlich.</p>

<p>
Und viertens dicht' ich viel zu viel<br />
Und viel zu atheistisch.<br />
Und fünftens sei mein ganzer Stil<br />
Sozusagen mystisch.</p>

<p>
Und sechstens sei die Poesie<br />
Von mir durchaus entbehrlich.<br />
Und endlich sei ich ein Genie<br />
Und auch noch sonst gefährlich.</p>

<p>
Und achtens sei ich nicht von hier<br />
Und fürchterlich versoffen.<br />
Und deshalb, neuntens, stände mir<br />
Die Gummizelle offen.</p>

<p>
Das Urteil ließ mich völlig kalt.<br />
Was sollt' mir denn passieren?<br />
Ganz nett ist dort der Aufenthalt.<br />
Man kann sich konzentrieren.</p>

<p>
Die Gummizelle hat Kultur,<br />
Das läßt sich nicht verhehlen.<br />
Was mich betrifft &ndash; ich kann sie nur<br />
Zum Dichten sehr empfehlen.</p>

<p>
Rein kommt man doch, 's fragt sich nur wann.<br />
Doch eins ist zu beklagen:<br />
Der alte Zellenwärter kann<br />
Das Reimen nicht vertragen.</p>

<p>
Denn fange ich zu reimen an,<br />
Dann wird er ungemütlich<br />
Und ruft empört, der alte Mann:<br />
»Nun sein Sie doch bloß friedlich!«</p>

<p>
Drum schreib ich Ungereimtes meist<br />
In der Gummizelle<br />
Und was ich sonst mir etwas dreist<br />
Von der Seele pelle.</p>

<p>
Auch diese Verse tat ich da<br />
Mir aus der Seele lutschen.<br />
Wem's nicht behagt, der kann mir ja<br />
Den Buckel runterrutschen.</p>

</body>
</html>