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  <title>X, 18. November 1911</title>
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<body>

<h3>X, 18. November 1911</h3>

<p>
Herwarth, Kurtchen, Kameraden, Brüder, habt Ihr an alle
Direktoren der Theater im Pan den Kriegsaufruf von Rudolf
Kurtz gelesen? Er hat über meine eingetrocknete Wupper eine
Flut gebracht &ndash; ich hatte mich auch schon zu Bett
gelegt. Aber nun trage ich meinen krummen Samtsäbel an der
Seite, den ich meinem Neger Tecofi zur Theaterstatisterei
lieh. Wa kadâba kabinâhu hinâma raga utu dalik, lia nahu
jakrah anisâ a wahalakuhunna!!!</p>

<p>
Der Pitter Boom hat mir sechs Honiggläser (Gühler und Biene)
für sein Bild gesandt. Ich summe nun den ganzen Tag für mich
hin. Aber Kokoschka läßt kein Wort von sich hören.
Ueberhaupt, ich bin des Lebens müde. Ruth machte mir den
Vorschlag, für mich an Kokoschka zu schreiben, er habe so
reiche Gönner (?). Aber ich kenne ja ihren Stil und nahm ihr
die Mühe ab.</p>

<p>
Sehr geehrter Herr Kokoschka. Eigentlich sollt ich Ihnen
böse sein, denn Sie haben es nicht einmal der Mühe wert
gehalten, nachdem Sie stets die größte Gastfreundschaft in
unserem Hause genossen hatten, sich zu verabschieden. Aber
man kann Ihnen nicht böse sein. Das sagte ich gestern noch
zu Frau Lasker-Schüler, die sehr krank im Bett liegt.
Schreiben Sie ihr doch eine Zeile, daß Ihnen Ihr Bild Freude
gemacht hat &ndash; sie ist doch ein so geliebtes, armes
Geschöpf und hat so für Sie geschwärmt. Es geht ihr sonst
auch gar nicht gut. Von mir weist sie jeden Happen zurück,
sie ist ja so eigensinnig. Aber könnten Sie nicht in zarter
Weise etwas für sie bei Ihren Freunden erzielen? Ich bitte
herzlich um Diskretion, geehrter Herr Kokoschka, Sie wissen
doch, wie empfindlich sie ist. Und verbleibe mit
freundlichen Grüßen Ihre Ruth Elfriede Caro</p>

<p>
Internationale Postkarte<br />
<span class="center">»Schweigt mir von Rom &ndash;«</span></p>

<p>
Liebe Eiskühler. Der Bischof und ich sind entzweit, er
behauptet, ich habe ihn mißbraucht. Wie mißbraucht man
Jemand? Ich möche so gern wieder mit ihm gut werden und ihn
am besten selbst fragen. Herwarth, schreib Du ihm ein Wort!
(?) Herrn Architekt Gregor Münster, Hildebrandstraße 11.
&ndash; Er wollte mich ja auch hauen, ich meine in Stein als
Freske. Vielleicht komm ich wo an ein Haus. &ndash; Gestern
setzte ich mich an seinen Tisch, er trank Kümmel und Syphon.
Ich rief Otto, der brachte mir auch ein Glas, als ich es mit
dem fremden Syphon füllte, mußte der Bischof sich das Lachen
verbeißen. Aber er sprach nicht mit mir. Er erzieht mich
reizend. Oder er hat Charakter; wie man so sagt, wenn man
seine Eigenschaften eingeschachtelt mit sich trägt. Also er
ist berechenbar; ich bin unbequemer und schwieriger. Ist das
eigentlich nicht vornehmer? Oder er tut nur so mir
gegenüber, und verfolgt Deine Taktik, Herwarth, wenn du den
Beleidigten spielst. Du weißt, Brüche werden mir schwer. Was
man so alles durchmacht!</p>

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</html>