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  <title>Das Schicksal.</title>
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<h4>Das Schicksal.</h4>

<blockquote><p>&#x03A0;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C3;&#x03F0;&#x03C5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BD;&#x03B9;&#x03B5;&#x03DB;
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  &#x03C3;&#x03BF;&#x03C6;&#x03BF;&#x03C5;.<br />
  <cite>Aeschylus</cite></p></blockquote>

<p>Als von des Friedens heil'gen Thalen,<br />
Wo sich die Liebe Kränze wand,<br />
Hinüber zu den Göttermahlen<br />
Des goldnen Alters Zauber schwand,<br />
Als nun des Schicksals eh'rne Rechte,<br />
Die große Meisterin, die Noth<br />
Dem übermüthigen Geschlechte<br />
Den langen, bittern Kampf gebot:</p>

<p>Da sprang er aus der Mutter Wiege,<br />
Da fand er sie, die schöne Spur<br />
Zu seiner Tugend schwerem Siege,<br />
Der Sohn der heiligen Natur;<br />
Der hohen Geister höchste Gabe,<br />
Der Tugend Löwenkraft begann,<br />
Im Siege, den ein Götterknabe<br />
Den Ungeheuern abgewann.</p>

<p>Es kann die Lust der goldnen Ernte<br />
Im Sonnenbrande nur gedeih'n;<br />
Und nur in seinem Blute lernte<br />
Der Kämpfer, frei und stolz zu seyn;<br />
Triumph! die Paradiese schwanden;<br />
Wie Flammen aus der Wolke Schoos,<br />
Wie Samen aus dem Chaos, wanden<br />
Aus Stürmen sich Heroen los.</p>

<p>Der Noth ist jede Lust entsprossen,<br />
Und unter Schmerzen nur gedeiht<br />
Das Liebste, was mein Herz genossen,<br />
Der holde Reiz der Menschlichkeit;<br />
So stieg, in tiefer Fluth erzogen,<br />
Wohin kein sterblich Auge sah,<br />
Stilllächelnd aus den schwarzen Wogen<br />
In stolzer Blüthe Cypria.</p>

<p>Durch Noth vereiniget, beschwuren,<br />
Vom Jugendtraume süß berauscht,<br />
Den Todesbund die Dioskuren,<br />
Und Schwerdt und Lanze ward getauscht;<br />
In ihres Herzens Jubel eilten<br />
Sie, wie ein Adlerpaar, zum Streit,<br />
Wie Löwen ihre Beute, theilten<br />
Die Liebenden Unsterblichkeit.</p>

<p>Die Klagen lehrt die Noth verachten,<br />
Beschämt und ruhmlos läßt sie nicht<br />
Die Kraft der Jünglinge verschmachten,<br />
Giebt Muth der Brust, dem Geiste Licht;<br />
Der Greise Faust verjüngt sie wieder;<br />
Sie kömmt wie Gottes Blitz heran,<br />
Und trümmert Felsenberge nieder,<br />
Und wallt auf Riesen ihre Bahn.</p>

<p>Mit ihrem heil'gen Wetterschlage,<br />
Mit Unerbittlichkeit vollbringt<br />
Die Noth an Einem großen Tage,<br />
Was kaum Jahrhunderten gelingt;<br />
Und wenn in ihren Ungewittern<br />
Selbst ein Elysium vergeht,<br />
Und Welten ihrem Donner zittern &mdash;<br />
Was groß und göttlich ist, besteht.</p>

<p>O du, Gespielin der Kolossen,<br />
O weise, zürnende Natur,<br />
Was je ein Riesenherz beschlossen,<br />
Es keimt in deiner Schule nur;<br />
Wohl ist Arkadien entflohen,<br />
Des Lebens bess're Frucht gedeiht<br />
Durch sie, die Mutter der Heroen,<br />
Die eherne Nothwendigkeit.</p>

<p>Für meines Lebens goldnen Morgen<br />
Sey Dank, o Pepromene, dir!<br />
Ein Saitenspiel und süße Sorgen<br />
Und Träum' und Thränen gabst du mir!<br />
Die Flammen und die Stürme schonten<br />
Mein jugendlich Elysium,<br />
Und Ruh' und stille Liebe thronten<br />
In meines Herzens Heiligthum.</p>

<p>Es reife von des Mittags Flamme,<br />
Es reife nur von Kampf und Schmerz<br />
Die Blüth' am grenzenlosen Stamme,<br />
Wie Sprosse Gottes, dieses Herz!<br />
Beflügelt von dem Sturm, erschwinge<br />
Mein Geist des Lebens höchste Lust,<br />
Der Tugend Siegeslust verjünge<br />
Bei kargem Glücke mir die Brust!</p>

<p>Im heiligsten der Stürme falle<br />
Zusammen meine Kerkerwand,<br />
Und herrlicher und freier walle<br />
Mein Geist in's unbekannte Land!<br />
Hier blutet oft der Adler Schwinge;<br />
Auch drüben warte Kampf und Schmerz!<br />
Bis an der Sonnen letzte ringe,<br />
Genährt vom Siege, dieses Herz!</p>

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</html>