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  <title>Der Gott der Jugend.</title>
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<body>

<h4>Der Gott der Jugend.</h4>

<p>Gehn Dir im Dämmerlichte,<br />
Wenn in der Sommernacht<br />
Für selige Gesichte<br />
Dein liebend Auge wacht,<br />
Noch oft der Freunde Manen<br />
Und, wie der Sterne Chor,<br />
Die Geister der Titanen<br />
Des Alterthums empor:</p>

<p>Wird da, wo sich im Schönen,<br />
Das Göttliche verhüllt,<br />
Noch oft das tiefe Sehnen<br />
Der Liebe Dir gestillt;<br />
Belohnt des Herzens Mühen<br />
Der Ruhe Vorgefühl,<br />
Und tönt von Melodieen<br />
Der Seele Saitenspiel:</p>

<p>So such' im stillsten Thale<br />
Den blüthenreichsten Hain<br />
Und gieß' aus goldner Schale<br />
Den frohen Opferwein!<br />
Noch lächelt unveraltet<br />
Des Herzens Frühling Dir,<br />
Der Gott der Jugend waltet<br />
Noch über Dir und mir.</p>

<p>Wie unter Tiburs Bäumen,<br />
Wenn da der Dichter saß,<br />
Und unter Götterträumen<br />
Der Jahre Flucht vergaß,<br />
Wenn ihn die Ulme kühlte,<br />
Und wenn sie stolz und froh<br />
Um Silberblüthen spielte,<br />
Die Flut des Anio;</p>

<p>Und wie um Platons Hallen,<br />
Wenn durch der Haine Grün,<br />
Begrüßt von Nachtigallen,<br />
Der Stern der Liebe schien,<br />
Wenn alle Lüfte schliefen,<br />
Und, sanft bewegt vom Schwan,<br />
Cephisus durch Oliven<br />
Und Myrthensträuche rann:</p>

<p>So schön ist's noch hienieden!<br />
Auch unser Herz erfuhr<br />
Das Leben und den Frieden<br />
Der freundlichen Natur;<br />
Noch blüht des Himmels Schöne,<br />
Noch mischen brüderlich<br />
In unsers Herzens Töne<br />
Des Frühlings Laute sich.</p>

<p>Drum such' im stillsten Thale<br />
Den düftereichsten Hain,<br />
Und gieß' aus goldner Schale<br />
Den frohen Opferwein!<br />
Noch lächelt unveraltet<br />
Das Bild der Erde dir,<br />
Der Gott der Jugend waltet<br />
Noch über dir und mir.</p>

</body>
</html>