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<title>Der Schläfer im Walde</title>
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<h3>Der Schläfer im Walde</h3>
<p>
Seit Morgen ruht er. Da die Sonne rot<br />
Durch Regenwolken seine Wunde traf.<br />
Das Laub tropft langsam noch. Der Wald liegt tot.<br />
Im Baume ruft ein Vögelchen im Schlaf.</p>
<p>
Der Tote schläft im ewigen Vergessen,<br />
Umrauscht vom Walde. Und die Würmer singen,<br />
Die in des Schädels Höhle tief sich fressen,<br />
In seine Träume ihn mit Flügelklingen.</p>
<p>
Wie süß ist es, zu träumen nach den Leiden<br />
Den Traum, in Licht und Erde zu zerfallen,<br />
Nichts mehr zu sein, von allem abzuscheiden,<br />
Und wie ein Hauch der Nacht hinabzuwallen,</p>
<p>
Zum Reich der Schläfer. Zu den Hetairieen<br />
Der Toten unten. Zu den hohen Palästen,<br />
Davon die Bilder in dem Strome ziehen,<br />
Zu ihren Tafeln, zu den langen Festen.</p>
<p>
Wo in den Schalen dunkle Flammen schwellen,<br />
Wo golden klingen vieler Leiern Saiten.<br />
Durch hohe Fenster schaun sie auf die Wellen,<br />
Auf grüne Wiesen in den blassen Weiten.</p>
<p>
Er scheint zu lächeln aus des Schädels Leere,<br />
Er schläft, ein Gott, den süßer Traum bezwang.<br />
Die Würmer blähen sich in seiner Schwäre,<br />
Sie kriechen satt die rote Stirn entlang.</p>
<p>
Ein Falter kommt die Schlucht herab. Er ruht<br />
Auf Blumen. Und er senkt sich müd<br />
Der Wunde zu, dem großen Kelch von Blut,<br />
Der wie die Sammetrose dunkel glüht.</p>
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