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  <title>Der Krieg</title>
</head>
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<div class="poem">

<h3>DER KRIEG</h3>

<p>
<span class="vers">Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,</span><br />
<span class="vers">Aufgestanden unten aus Gewölben tief.</span><br />
<span class="vers">In der Dämmrung steht er, groß und unbekannt,</span><br />
<span class="vers">Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.</span></p>

<p>
<span class="vers">In den Abendlärm der Städte fällt es weit,</span><br />
<span class="vers">Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit.</span><br />
<span class="vers">Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.</span><br />
<span class="vers">Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.</span></p>

<p>
<span class="vers">In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.</span><br />
<span class="vers">Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.</span><br />
<span class="vers">In der Ferne zittert ein Geläute dünn,</span><br />
<span class="vers">Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.</span></p>

<p>
<span class="vers">Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an,</span><br />
<span class="vers">Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an!</span><br />
<span class="vers">Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,</span><br />
<span class="vers">Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.</span></p>

<p>
<span class="vers">Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,</span><br />
<span class="vers">Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.</span><br />
<span class="vers">Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,</span><br />
<span class="vers">Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.</span></p>

<p>
<span class="vers">In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein,</span><br />
<span class="vers">Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.</span><br />
<span class="vers">Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,</span><br />
<span class="vers">Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.</span></p>

<p>
<span class="vers">Und mit tausend hohen Zipfelmützen weit</span><br />
<span class="vers">Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,</span><br />
<span class="vers">Und was unten auf den Straßen wimmelnd flieht,</span><br />
<span class="vers">Stößt er in die Feuerwälder, wo die Flamme brausend zieht.</span></p>

<p>
<span class="vers">Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,</span><br />
<span class="vers">Gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,</span><br />
<span class="vers">Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht</span><br />
<span class="vers">In die Bäume, daß das Feuer brause recht.</span></p>

<p>
<span class="vers">Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,</span><br />
<span class="vers">Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.</span><br />
<span class="vers">Aber riesig über glühnden Trümmern steht,</span><br />
<span class="vers">Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht</span></p>

<p>
<span class="vers">Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,</span><br />
<span class="vers">In des toten Dunkels kalten Wüstenein,</span><br />
<span class="vers">Daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,</span><br />
<span class="vers">Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.</span></p>

</div>

</body>
</html>