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+++ b/OEBPS/Text/01_junge_leiden/01_traumbilder/06.html
@@ -0,0 +1,107 @@
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+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
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+ <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>VI.</title>
+</head>
+
+<body>
+<h4>VI.</h4>
+
+<p>
+Im süßen Traum bei stiller Nacht,<br />
+Da kam zu mir, mit Zauberpracht,<br />
+Die lang ersehnte Liebste mein,<br />
+Und goß mir Gluth in's Herz hinein.
+</p>
+<p>
+Und wie ich schau', erglüh ich wild<br />
+Und wie ich schau, sie lächelt mild,<br />
+Und lächelt bis das Herz mir schwoll,<br />
+Und stürmisch kühn das Wort entquoll:
+</p>
+<p>
+»Nimm hin, nimm alles was da mein,<br />
+Mein Liebstes will ich gern dir weih'n,<br />
+Dürft' ich dafür dein Buhle seyn,<br />
+Von Mitternacht bis Hahnenschrei'n.«;
+</p>
+<p>
+Da staunt' mich an gar seltsamlich,<br />
+So lieb, so weh, und inniglich,<br />
+Und sprach zu mir die schöne Maid:<br />
+So gieb mir deine Seligkeit.
+</p>
+<p>
+»Mein Leben süß, mein junges Blut,<br />
+Gäb' ich, mit Freud und wohlgemuth,<br />
+Für dich, o Mädchen, engelgleich,&nbsp;&ndash;<br />
+Doch nimmermehr das Himmelreich.«;
+</p>
+<p>
+Wohl braust hervor mein rasches Wort,<br />
+Doch blühet schöner immerfort,<br />
+Und immer spricht die schöne Maid:<br />
+O gieb mir deine Seligkeit!
+</p>
+<p>
+Dumpf dröhnt dieß Wort mir in's Gehör,<br />
+Und schleudert mir ein Gluthenmeer<br />
+Wohl in den tiefsten Seelenraum;<br />
+Ich athme schwer, ich athme kaum.&nbsp;&ndash;
+</p>
+<p>
+Da waren weiße Engelein,<br />
+Die glänzten hell im Rosenschein;<br />
+Nun aber stürmte wild herauf<br />
+Ein gräulich schwarzer Koboldhauf'.
+</p>
+<p>
+Die rangen mit den Engelein,<br />
+Und drängten fort die Engelein;<br />
+Und endlich auch die schwarze Schaar<br />
+In Nebelduft zerronnen war.&nbsp;&ndash;
+</p>
+<p>
+Ich aber wollt' in Lust vergehn,<br />
+Ich hielt im Arm mein Liebchen schön;<br />
+Wie'n Rehlein süß umschmiegt sie mich,<br />
+Doch weint sie auch recht bitterlich.
+</p>
+<p>
+Feins Liebchen weint; ich weiß warum,<br />
+Und küß' ihr Rosenmündlein stumm.&nbsp;&ndash;<br />
+»O still', feins Lieb, die Thränenfluth,<br />
+Gieb her, feins Lieb, nur Minnegluth.«;
+</p>
+<p>
+»Ergieb dich meiner Minnegluth&nbsp;&ndash; «;<br />
+Da plötzlich starr't zu Eis mein Blut;<br />
+Laut bebet auf der Erde Grund,<br />
+Und öffnet gähnend seinen Schlund.
+</p>
+<p>
+Und aus dem Abgrund schwarz und graus<br />
+Stieg wild die schwarze Schaar heraus.<br />
+Aus meinen Armen schwand feins Lieb;<br />
+Ich ganz alleine stehen blieb.
+</p>
+<p>
+Da tanzt im Kreise wunderbar,<br />
+Um mich herum, die schwarze Schaar,<br />
+Und drängt heran, erfaßt mich bald,<br />
+Und gellend Hohngelächter schallt.
+</p>
+<p>
+Und immer enger wird der Kreis,<br />
+Und immer summt die Schauerweis':<br />
+Du gabest hin die Seligkeit,<br />
+Gehörst uns nun in Ewigkeit!
+</p>
+
+</body>
+</html>