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<h4>V.</h4>
<p>
Was treibt und tobt mein tolles Blut?<br />
Was flammt mein Herz in wilder Gluth?<br />
Es kocht mein Blut und zischt und gährt,<br />
Und grimme Gluth mein Herz verzehrt.
</p>
<p>
Das Blut ist toll, die Flamme wild,<br />
Weil zu mir kam ein Traumgebild;<br />
Es kam der finstre Sohn der Nacht,<br />
Und hat mich keuchend fortgebracht.
</p>
<p>
Er bracht' mich in ein helles Haus,<br />
Wo Harfenklang und Saus und Braus,<br />
Und Fackelglanz und Kerzenschein;<br />
Ich kam zum Saal, ich trat hinein.
</p>
<p>
Das war ein lustig Hochzeitfest;<br />
Zu Tafel saßen froh die Gäst'.<br />
Und wie ich nach dem Brautpaar schaut', –<br />
O weh! mein Liebchen war die Braut.
</p>
<p>
Das war mein Liebchen wunnesam,<br />
Ein fremder Mann war Bräutigam;<br />
Dicht hinter'm Ehrenstuhl der Braut,<br />
Da blieb ich stehn, gab keinen Laut.
</p>
<p>
Es rauscht Musik, – gar still stand ich;<br />
Der Freudenlärm betrübte mich.<br />
Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt,<br />
Die Braut erwiedert's hold und nickt.
</p>
<p>
Der Bräutgam füllt den Becher sein,<br />
Und trinkt daraus, und reicht gar fein<br />
Der Braut ihn hin; sie lächelt Dank, –<br />
O Weh! mein rothes Blut sie trank.
</p>
<p>
Die Braut ein hübsches Nepflein nahm,<br />
Und reicht es hin dem Bräutigam.<br />
Der nahm sein Messer, schnitt hinein, –<br />
O Weh! das war das Herze mein.
</p>
<p>
Sie äugeln süß, sie äugeln lang,<br />
Der Bräut'gam kühn die Braut umschlang,<br />
Und küßt sie auf die Wangen roth, –<br />
O Weh! mich küßt der kalte Tod.
</p>
<p>
Wie Blei lag meine Zung' im Mund',<br />
Daß ich kein Wörtlein sprechen kunt.<br />
Da rauscht es auf, der Tanz begann;<br />
Das schmucke Brautpaar tanzt voran.
</p>
<p>
Und wie ich stand so leichenstumm,<br />
Die Tänzer schweben flink herum; –<br />
Ein leises Wort der Bräut'gam spricht,<br />
Die Braut wird roth, doch zürnt sie nicht. – –
</p>
</body>
</html>
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