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  <title>VII.</title>
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<body>
<h4>VII.</h4>

<p>
Nun hast du das Kaufgeld, nun zögerst du doch?<br />
Blutfinstrer Gesell, was zögerst du noch?<br />
Schon sitze ich harrend im Kämmerlein traut,<br />
Und Mitternacht nah't schon,&nbsp;&ndash; es fehlt nur die Braut.
</p>
<p>
Viel schauernde Lüftchen vom Kirchhofe wehn;<br />
Ihr Lüftchen! habt ihr mein Bräutchen gesehn?<br />
Viel blasse Larven gestalten sich da,<br />
Umknixen mich grinsend, und nicken: O ja!
</p>
<p>
Pack' aus, was bringst du für Bothschafterei,<br />
Du schwarzer Schlingel in Feuerlivrei?<br />
»Die gnädige Herrschaft meldet sich an,<br />
Gleich kommt sie gefahren im Drachengespann.«;
</p>
<p>
Du lieb grau Männchen, was ist dein Begehr?<br />
Mein todter Magister, was treibt dich her?<br />
Er schaut mich mit schweigend trübseligem Blick,<br />
Und schüttelt das Haupt, und wandelt zurück.
</p>
<p>
Was winselt und wedelt mein zott'ger Gesell?<br />
Was glimmert schwarz Katers Auge so hell?<br />
Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?<br />
Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
</p>
<p>
Frau Amme bleib heut mit dem Singsang zu Haus,<br />
Das Eiapopeia ist lange schon aus;<br />
Ich fey're gar heute mein Hochzeitfest,&nbsp;&ndash;<br />
Da schau' mal, dort kommen schon zierliche Gäst'.
</p>
<p>
Da schau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant!<br />
Ihr tragt, statt der Hüte, die Köpf' in der Hand!<br />
Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat,<br />
Der Wind ist still, was kommt Ihr so spat?
</p>
<p>
Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon,<br />
Ach segne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn;<br />
Da zittert der Mund im weißen Gesicht:<br />
»In Ewigkeit Amen!«; alt Mütterchen spricht.
</p>
<p>
Zwölf winddürre Musiker schlendern herein;<br />
Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein.<br />
Da schleppt der Hanswurst, in buntscheckiger Jack',<br />
Den Todtengräber huckepack.
</p>
<p>
Da tanzen zwölf Klosterjungfrauen herein;<br />
Die schielende Kupplerin führet den Reih'n.<br />
Da folgen zwölf lüsterne Pfäffelein schon,<br />
Und pfeifen ein Schandlied im Kirchenton'.
</p>
<p>
Herr Trödler, o schrei dir nicht blau das Gesicht.<br />
Im Fegfeuer nützt mir dein Pelzröckel nicht;<br />
Dort heizet man gratis jahraus, jahrein,<br />
Statt mit Holz, mit Fürsten- und Bettlergebein.
</p>
<p>
Die Blumenmädchen sind bucklicht und krumm,<br />
Und purzeln kopfüber im Zimmer herum.<br />
Ihr Eulengesichter mit Heuschreckenbein,<br />
Hei! laßt mir das Rippengeklapper nur seyn!
</p>
<p>
Die sämmtliche Höll' ist los fürwahr!<br />
Und lärmet und schwärmet in wachsender Schaar;<br />
Sogar der Verdammniß-Walzer erschallt,&nbsp;&ndash;<br />
Still, still! nun kommt mein feins Liebchen auch bald.
</p>
<p>
Gesindel sey still, oder trolle dich fort!<br />
Ich höre kaum selber mein leibliches Wort,&nbsp;&ndash;<br />
Ei, rasselt nicht eben ein Wagen vor?<br />
Frau Köchin! wo bist du? schnell öffne das Thor.
</p>
<p>
Willkommen, feins Liebchen, wie geht's dir, mein<br />
Schatz?<br />
Willkommen Herr Pastor, ach nehmen Sie Platz!<br />
Herr Pastor mit Pferdefuß und Schwanz,<br />
Ich bin Eu'r Hochwürden Diensteigener ganz!
</p>
<p>
Lieb Bräutchen, was stehst du so stumm und bleich?<br />
Der Herr Pastor schreitet zur Trauung sogleich;<br />
Wohl zahl ich ihm theure, bluttheure Gebühr,<br />
Doch dich zu besitzen gilt's Kinderspiel mir.
</p>
<p>
Knie' nieder, süß Bräutchen, knie' hin mir zur<br />
Seit'!&nbsp;&ndash;<br />
Da kniet sie, da sinkt sie,&nbsp;&ndash; o selige Freud!&nbsp;&ndash;<br />
Sie sinkt mir an's Herz, an die schwellende Brust,<br />
Ich halt' sie umschlungen mit schauernder Lust.
</p>
<p>
Die Goldlockenwellen umspielen uns beid';<br />
An mein Herze pocht das Herze der Maid.<br />
Sie pochen wohl beide vor Lust und vor Weh,<br />
Und schweben hinauf in die Himmelshöh'.
</p>
<p>
Die Herzlein schwammen im Freudensee,<br />
Dort oben in Gottes heil'ger Höh';<br />
Doch über den Häuptern viel Grausen sich regt,<br />
Da hat die Hölle die Hand gelegt,
</p>
<p>
Das ist der finstre Sohn der Nacht,<br />
Der hier den segnenden Priester macht;<br />
Er murmelt die Formel aus blutigem Buch,<br />
Sein Beten ist Lästern, sein Segnen ist Fluch.
</p>
<p>
Und es krächzet und zischet und heulet toll,<br />
Wie Wogengebrause, wie Donnergeroll;<br />
Da blitzet auf einmal ein bläuliches Licht,&nbsp;&ndash;<br />
»In Ewigkeit Amen!«; alt Mütterchen spricht.
</p>

</body>
</html>