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  <title>IX. Don Ramiro.</title>
</head>

<body>
<h4>IX.</h4>
<h5>Don Ramiro.</h5>

<p>
»Donna Clara! Donna Clara!<br />
Heißgeliebte langer Jahre,<br />
Hast beschlossen mein Verderben,<br />
Hast beschlossen ohn' Erbarmen.
</p>
<p>
Donna Clara! Donna Clara!<br />
Ist doch süß die Lebensgabe!<br />
Aber unten ist es grausig,<br />
In dem dunkeln, kalten Grabe.
</p>
<p>
Donna Clara! Freu' dich, morgen<br />
Wird Fernando, am Altare,<br />
Dich als Ehgemahl begrüßen.<br />
Wirst du mich zur Hochzeit laden?«;
</p>
<p>
»Don Ramiro! Don Ramiro!<br />
Deine Worte treffen bitter,<br />
Bitt'rer als der Spruch der Sterne,<br />
Die da spotten meines Willens.
</p>
<p>
Don Ramiro! Don Ramiro!<br />
Rüttle ab den dumpfen Trübsinn;<br />
Mädchen giebt es viel auf Erden,<br />
Aber uns hat Gott geschieden.
</p>
<p>
Don Ramiro! Ueberwinder<br />
Vieler tausend Mohrenritter!<br />
Ueberwinde nun dich selber,&nbsp;&ndash;<br />
Komm' auf meine Hochzeit, Lieber.«;
</p>
<p>
»Donna Clara! Donna Clara!<br />
Ja, ich schwör' es, ja ich komme!<br />
Will mit dir den Reihen tanzen;<br />
Gute Nacht, ich komme morgen.«;
</p>
<p>
»Gute Nacht!«;&nbsp;&ndash; Das Fenster klirrte.<br />
Seufzend stand Ramiro unten,<br />
Stand noch lange wie versteinert;<br />
Endlich schwand er fort im Dunkeln.&nbsp;&ndash;
</p>
<p>
Endlich auch nach langem Ringen,<br />
Muß die Nacht dem Tage weichen;<br />
Wie ein bunter Blumengarten<br />
Liegt Toledo ausgebreitet.
</p>
<p>
Prachtgebäude und Paläste<br />
Schimmern hell im Glanz der Sonne;<br />
Und der Kirchen hohe Kuppeln<br />
Leuchten stattlich wie vergoldet.
</p>
<p>
Dumpfig und wie Bienensummen<br />
Klingt der Glocken Festgeläute,<br />
Lieblich steigen Betgesänge<br />
Aus den frommen Gotteshäusern.
</p>
<p>
Aber dorten, siehe! siehe!<br />
Dorten aus der Marktkapelle<br />
Strömt die bunte Volkesmenge,<br />
Im Gewimmel und Gedränge.
</p>
<p>
Blanke Ritter, schmucke Frauen,<br />
Hofgesinde festlich blinkend,<br />
Und die hellen Glocken läuten,<br />
Und die Orgel rauscht dazwischen.
</p>
<p>
Doch mit Ehrfurcht ausgewichen<br />
Schreitet stolz das junge Ehpaar;<br />
Donna Clara schwarz verschleiert,<br />
Don Fernando, waffenglänzend.
</p>
<p>
Tausend Augen schaun nach ihnen,<br />
Tausend frohe Stimmen rufen:<br />
Heil Kastiliens Mädchensonne!<br />
Heil Kastiliens Ritterblume!
</p>
<p>
Bis an Bräutigams Palastthor<br />
Wälzet sich das Volksgewühle;<br />
Dort beginnt die Hochzeitfeier,<br />
Prunkhaft und nach alter Sitte.
</p>
<p>
Ritterspiel und frohe Tafel<br />
Wechseln unter lautem Jubel;<br />
Rauschend schnell entfliehn die Stunden<br />
Bis die Nacht herabgesunken.
</p>
<p>
Und zum Tanze sich versammeln<br />
Dort im Saal die Hochzeitgäste;<br />
Alle funkeln buntbeleuchtet<br />
Von dem Lichterheer der Kerzen.
</p>
<p>
Don Fernando stralt wie'n König<br />
In dem güldnen Purpurmantel;<br />
Clara wie die junge Rose,<br />
Blüht im weißen Brautgewande.
</p>
<p>
Auf erhobne Ehrensitze<br />
Rings von Dienerschaft umwoget,<br />
Ließen sich die beiden nieder,<br />
Und sie tauschten süße Worte.
</p>
<p>
Und im Saale braust es dumpfig,<br />
Wie ein Meer von Sturm beweget!<br />
Und die lauten Pauken wirbeln,<br />
Und es schmettern die Trommeten.
</p>
<p>
»Doch warum, o schöne Herrin,<br />
Sind gerichtet deine Blicke<br />
Dorthin nach der Saalesecke?«;<br />
So verwundert sprach der Ritter.
</p>
<p>
»Siehst du denn nicht, Don Fernando,<br />
Dort den Mann im schwarzen Mantel?«;<br />
Und der Ritter lächelt freundlich:<br />
»Ach! das ist ja nur ein Schatten.«;
</p>
<p>
Doch es nähert sich der Schatten,<br />
Und es war ein Mann im Mantel;<br />
Und Ramiro schnell erkennend,<br />
Grüßt ihn Clara, gluthbefangen.
</p>
<p>
Und der Tanz hat schon begonnen,<br />
Munter drehen sich die Tänzer;<br />
Und der Boden dröhnt und zittert<br />
Von dem rauschenden Getöse.
</p>
<p>
»Wahrlich gerne, Don Ramiro,<br />
Will ich dir zum Tanze folgen,<br />
Doch im nächtlich schwarzen Mantel<br />
Hättest du nicht kommen sollen.«;
</p>
<p>
Mit durchbohrend stieren Augen<br />
Schaut Ramiro auf die Holde,<br />
Sie umschlingend spricht er düster:<br />
»Sprachest ja ich sollte kommen!«;
</p>
<p>
Und in's wilde Tanzgetümmel<br />
Drängen sich die beiden Tänzer;<br />
Und die lauten Pauken wirbeln,<br />
Und es schmettern die Trommeten.
</p>
<p>
»Sind ja schneeweiß deine Wangen!«;<br />
Flüstert Clara heimlich schauernd.<br />
»Sprachest ja ich sollte kommen!«;<br />
Schallet dumpf Ramiros Stimme.
</p>
<p>
Und im Saal die Kerzen blinzeln<br />
Durch das flutende Gedränge;<br />
Und die lauten Pauken wirbeln,<br />
Und es schmettern die Trommeten.
</p>
<p>
»Sind ja eiskalt deine Hände!«;<br />
Flüstert Clara, schauerzuckend.<br />
»Sprachest ja ich sollte kommen!«;<br />
Und sie treiben fort im Strudel.
</p>
<p>
»Laß mich, laß mich! Don Ramiro!<br />
Leichenduft ist ja dein Odem!«;<br />
Wie als Echo schallen heiser<br />
Don Ramiros grause Worte.
</p>
<p>
Und der Boden raucht und glühet,<br />
Lustig fiedelen die Geiger;<br />
Wie ein tolles Zauberweben,<br />
Schwindelt alles im Gekreisel.
</p>
<p>
»Laß mich, laß mich! Don Ramiro!«;<br />
Wimmert's immer im Gewoge.<br />
Immer schnarret hohl die Antwort:<br />
»Sprachest ja ich sollte kommmen!«;
</p>
<p>
»Nun so geh in Gottes Namen!«;<br />
Clara rief's mit fester Stimme,<br />
Und dies Wort war kaum entfahren,<br />
Und verschwunden war Ramiro.
</p>
<p>
Clara starret, Tod im Antlitz,<br />
Kaltumflirret, nachtumwoben;<br />
Ohnmacht hat das lichte Bildniß<br />
In ihr dunkles Reich gezogen.
</p>
<p>
Endlich weicht der Nebelschlummer,<br />
Endlich schlägt sie auf die Wimper;<br />
Aber Staunen will auf's neue<br />
Ihre holden Augen schließen.
</p>
<p>
Denn derweil der Tanz begonnen<br />
War sie nicht vom Sitz gewichen,<br />
Und sie sitzt noch bei dem Bräut'gam;<br />
Und der Ritter sorgsam bittet:
</p>
<p>
»Sprich, was bleichen deine Wangen?<br />
Sprich, was wird dein Aug so dunkel?&nbsp;&ndash; «;<br />
»Und Ramiro?&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;«; schaudert Clara,<br />
Und Entsetzen lähmt die Zunge.
</p>
<p>
Doch mit tiefen, ernsten Falten<br />
Furch't sich jetzt des Bräut'gams Stirne:<br />
»Herrin, forsch' nicht blut'ge Kunde,&nbsp;&ndash;<br />
Heute Mittag starb Ramiro.«;
</p>

</body>
</html>