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  <title>Fresko-Sonette an Christian S.</title>
</head>

<body>
<h4>Fresko-Sonette an Christian S.</h4>
<h4>I.</h4>

<p>
Ich tanz' nicht mit, ich räuchre nicht den Klötzen,<br />
Die außen goldig sind, inwendig Sand,<br />
Ich schlag' nicht ein, reicht mir ein Bub die Hand,<br />
Der heimlich mir den Namen will zerfetzen.<br />
Ich beug' mich nicht vor jenen hübschen Metzen,<br />
Die schamlos prunken mit der eignen Schand,<br />
Ich zieh' nicht mit, wenn sich der Pöbel spannt<br />
Vor'n Siegeswagen seiner eiteln Götzen.<br />
Ich weiß es wohl, die Eiche muß erliegen,<br />
Derweil das Rohr am Bach, durch schwankes Biegen,<br />
In Wind und Wetter stehn bleibt, nach wie vor.<br />
Doch sprich, wie weit bringt's wohl am End' solch Rohr?<br />
Welch Glück! als ein Spazierstock dient's dem Stutzer,<br />
Als Kleiderklopfer dient's dem Stiefelputzer.
</p>
<h4>II.</h4>

<p>
Gieb her die Larv', ich will mich jetzt maskieren<br />
In einen Lumpenkerl, damit Halunken,<br />
Die prächtig in Charaktermasken prunken,<br />
Nicht wähnen Ich sey einer von den Ihren.<br />
Gieb her gemeine Worte und Manieren,<br />
Ich zeige mich in Pöbelart versunken,<br />
Verläugne all die schönen Geistesfunken,<br />
Womit jetzt fade Schlingel kokettiren.<br />
So tanz' ich auf dem großen Maskenballe,<br />
Umschwärmt von deutschen Rittern, Mönchen, Kön'gen,<br />
Von Harlekin gegrüßt, erkannt von wen'gen.<br />
Mit ihrem Holzschwert prügeln sie mich alle.<br />
Das ist der Spaß. Denn wollt' ich mich entmummen,<br />
So müßte all das Galgenpack verstummen.
</p>
<h4>III.</h4>

<p>
Ich lache ob den abgeschmackten Laffen,<br />
Die mich anglotzen mit den Bocksgesichtern;<br />
Ich lache ob den Füchsen, die so nüchtern<br />
Und hämisch mich beschnüffeln und begaffen.<br />
Ich lache ob den hochgelahrten Affen,<br />
Die sich aufblähn zu stolzen Geistesrichtern;<br />
Ich lache ob den feigen Bösewichtern,<br />
Die mich umdrohn mit giftgetränkten Waffen.<br />
Denn wenn des Glückes hübsche sieben Sachen<br />
Uns von des Schicksals Händen sind zerbrochen,<br />
Und so zu unsern Füßen hingeschmissen;<br />
Und wenn das Herz im Leibe ist zerrissen,<br />
Zerrissen, und zerschnitten, und zerstochen,&nbsp;&ndash;<br />
Dann bleibt uns doch das schöne gelle Lachen.
</p>
<h4>IV.</h4>

<p>
Im Hirn spukt mir ein Mährchen wunderfein,<br />
Und in dem Mährchen klingt ein feines Lied,<br />
Und in dem Liede lebt und webt und blüht<br />
Ein wunderschönes, zartes Mägdelein.<br />
Und in dem Mägdlein wohnt ein Herzchen klein,<br />
Doch in dem Herzchen keine Liebe glüht;<br />
In dieses lieblos frostige Gemüth<br />
Kam Hochmuth nur und Uebermuth hinein.<br />
Hörst du wie mir im Kopf' das Mährchen klinget?<br />
Und wie das Liedchen summet ernst und schaurig?<br />
Und wie das Mägdlein kichert leise, leise?<br />
Ich fürchte nur, daß mir der Kopf zerspringet:<br />
Und, ach! da wär's doch gar entsetzlich traurig,<br />
Käm' der Verstand mir aus dem alten Gleise.
</p>
<h4>V.</h4>

<p>
In stiller, wehmuthweicher Abendstunde,<br />
Umklingen mich die längst verscholl'nen Lieder,<br />
Und Thränen rollen von der Wange nieder,<br />
Und Blut entquillt der alten Herzenswunde.<br />
Und wie in eines Zauberspiegels Grunde<br />
Seh' ich das Bildniß meiner Liebsten wieder;<br />
Sie sitzt am Arbeitstisch', im rothen Mieder,<br />
Und Stille herrscht in ihrer heilgen Runde.<br />
Doch plötzlich springt sie auf vom Stuhl und schneidet<br />
Von ihrem Haupt die schönste aller Locken,<br />
Und gibt sie mir,&nbsp;&ndash; vor Freud bin ich erschrocken<br />
Mephisto hat die Freude mir verleidet.<br />
Er spann ein festes Seil von jenen Haaren,<br />
Und schleift mich dran herum seit vielen Jahren.
</p>
<h4>VI.</h4>

<p>
»Du gabst, als ich vor'm Jahr dich wiederblickte,<br />
Mir keinen Kuß in jener Willkommstund'.«;<br />
So sprach ich, und der Liebsten rother Mund<br />
Den schönsten Kuß auf meine Lippen drückte.<br />
Und lächelnd süß ein Myrthenreis sie pflückte<br />
Vom Myrthenstrauche, der am Fenster stund:<br />
»Nimm hin, und pflanz' dies Reis in frischen Grund,<br />
Und stell' ein Glas darauf,«; sprach sie und nickte.&nbsp;&ndash;<br />
Schon lang ist's her. Es starb das Reis im Topf'.<br />
Sie selbst hab' ich seit Jahren nicht gesehn;<br />
Doch brennt der Kuß mir immer noch im Kopf'.<br />
Und aus der Ferne trieb's mich jüngst zum Ort,<br />
Wo Liebchen wohnt. Vor'm Hause blieb ich stehn<br />
Die ganze Nacht, ging erst am Morgen fort.
</p>
<h4>VII.</h4>

<p>
Hüt' dich, mein Freund, vor grimmen Teufelsfratzen,<br />
Doch schlimmer sind die sanften Engelsfrätzchen.<br />
Ein solches bot mir einst ein süßes Schmätzchen,<br />
Doch wie ich kam, da fühlt' ich scharfe Tatzen.<br />
Hüt' dich, mein Freund, vor schwarzen, alten Katzen,<br />
Doch schlimmer sind die weißen, jungen Kätzchen.<br />
Ein solches macht' ich einst zu meinem Schätzchen,<br />
Doch thät mein Schätzchen mir das Herz zerkratzen.<br />
O süßes Frätzchen, wundersüßes Mädchen!<br />
Wie konnte mich dein klares Aeuglein täuschen?<br />
Wie konnt' dein Pfötchen mir das Herz zerfleischen?<br />
O meines Kätzchens wunderzartes Pfötchen!<br />
Könnt' ich dich an die glüh'nden Lippen pressen,<br />
Und könnt' mein Herz verbluten unterdessen!
</p>
<h4>VIII.</h4>

<p>
Du sah'st mich oft im Kampf mit jenen Schlingeln,<br />
Geschminkten Katzen und gebrillten Pudeln,<br />
Die mir den blanken Namen gern besudeln,<br />
Und mich so gerne in's Verderben züngeln.<br />
Du sahest oft, wie mich Pedanten hudeln,<br />
Wie Schellenkappenträger mich umklingeln,<br />
Wie gift'ge Schlangen um mein Herz sich ringeln;<br />
Du sahst mein Blut aus tausend Wunden sprudeln.<br />
Du aber standest fest gleich einem Thurme;<br />
Ein Leuchtthurm war dein Kopf mir in dem Sturme,<br />
Dein treues Herz war mir ein guter Hafen.<br />
Wohl wogt um jenen Hafen wilde Brandung,<br />
Nur wen'ge Schiff' erringen dort die Landung,<br />
Doch ist man dort, so kann man sicher schlafen.
</p>
<h4>IX.</h4>

<p>
Ich möchte weinen, doch ich kann es nicht;<br />
Ich möcht' mich rüstig in die Höhe heben,<br />
Doch kann ich's nicht; am Boden muß ich kleben,<br />
Umkrächzt, umzischt von ekelm Wurmgezücht.<br />
Ich möchte gern mein heitres Lebenslicht,<br />
Mein schönes Lieb, allüberall umschweben,<br />
In ihrem selig süßen Hauche leben,&nbsp;&ndash;<br />
Doch kann ich's nicht, mein krankes Herze bricht.<br />
Aus dem gebrochnen Herzen fühl' ich fließen<br />
Mein heißes Blut, ich fühle mich ermatten,<br />
Und vor den Augen wird's mir trüb und trüber.<br />
Und heimlich schauernd sehn' ich mich hinüber<br />
Nach jenem Nebelreich, wo stille Schatten<br />
Mit weichen Armen liebend mich umschließen.
</p>


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</html>