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diff --git a/OEBPS/Text/17-rom.html b/OEBPS/Text/17-rom.html new file mode 100644 index 0000000..e09a738 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/17-rom.html @@ -0,0 +1,131 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Rom</title> +</head> +<body> + +<div class="chapter" id="Rom2"> +<div class="dateline"><span class="right"><span class="spaced">Rom</span>.</span></div> + +<p> <span class="initial">S</span>o bin ich denn also +unwidersprechlich hier an der gelben Tiber, und zwar in +keinem der letzten Häuser. Man hat hier im Hause viel +Höflichkeit für mich und mehr Aufmerksamkeit als mir lieb +ist: denn ich merke, dass ich hier viel theurer leben werde, +als in irgend einem Wirthshause; wie mir meine Landsleute, +die den römischen Rommel etwas verstehen, auch schon erklärt +haben. Ich habe meine Addressen aufgesucht. Uhden und Fernow +empfingen mich mit Humanität und freundschaftlicher Wärme. +Du kennst die Männer aus ihren Arbeiten, welche gut sind; +aber sie selbst sind noch besser, welches nicht immer der +Fall bey literärischen Männern ist. Ich bin also schon kein +Fremdling mehr am Kapitole. Auch den selbstständigen, +originellen und etwas barocken Reinhart +<!-- pb n="161" facs="#f0187"/ --> sah ich gleich den +zweyten Tag, und mehrere andere deutsche Künstler. Gmelin +ist ein lebhafter jovialischer Mann, der nicht umsonst die +Welt gesehn hat, und der eine eigene Gabe besitzt im +Deutschen und Französischen mit der lebendigsten Mimik zu +erzählen.</p> + +<p>Der Kardinal Borgia, an den ich einen Brief hatte, nahm +mich mit vieler Freundlichkeit auf. Ein Anderer würde in +seinem Stil Herablassung sagen; nach meinem Begriff lässt +sich kein Mensch herab, wenn er mit Menschen spricht: und +wenn irgend ein so genannter Grosser in seinem Charakter +noch Herablassung nöthig hat, so steht er noch lange nicht +auf dem rechten Punkte. Ich war genöthigt meine Anrede +französisch zu machen, da ich mir im Italiänischen nicht +Wendung genug zutraute, mit einem solchen Manne eine +zusammenhängende Unterredung zu halten. Er antwortete mir in +der nehmlichen Sprache; aber kaum hörte er, dass ich Latein +wusste, so fuhr er für einen Kardinal drollig genug +lateinisch fort, das Lob dieser Sprache zu machen, durch +welche die Nationen so fest zusammen +hangen. <span class="italic">Haec est illa lingua</span>, +setzte er hinzu, <span class="italic">quae nobis peperit +at</span><span class="italic">que +Virgilios</span>. <span class="italic">Et Tiberios et +Nerones</span>, hätte ich fast unwillkührlich durch die +Zähne gemurmelt. Ein Wort gab das andere, ich musste ihm +einiges von meiner Kriegswanderung nach Amerika erzählen und +von meinem Wesen in Polen, und der alte Herr fiel mir mit +vieler Gutmüthigkeit um den Hals, und fasste mich im +Ausbruch der Jovialität nicht allein beym Kopf sondern sogar +bey den Ohren. Ein alter militärischer General seiner +Heiligkeit stand dabey, und es wurde +<!-- pb n="162" facs="#f0188"/ --> ein herzliches Trio +gelacht, wo ich so bescheiden als möglich mit einstimmte. Du +wirst schon wissen, dass man in Rom mehr Mönchsgenerale als +Kriegsgenerale antrifft. Beyde spielen mit Kanonen, und es +wäre nicht schwer zu entscheiden, welche die ihrigen am +besten zu gebrauchen wissen. Ich erhielt die Erlaubniss ohne +Einschränkung immer zu dem Kardinal zu kommen, welches für +einen Pilger, wie ich bin, keine Kleinigkeit ist. Er stutzte +gewaltig, als er hörte, ich wolle übermorgen mein Bündel +nehmen und des Weges weiter wandeln, billigte aber meine +Gründe lachend, als ich ihm sagte, ich wollte vor dem +Eintritt der heissen Jahrszeit meinen Spaziergang nach +Syrakus endigen und auf meiner Rückkehr mich länger hier +aufhalten. Er bot mir keine Empfehlung nach Veletri an, um +dort freyeren Eintritt in das Familienkabinett zu haben, +worüber ich mich einiger Massen wunderte. Aber man hat +Schwierigkeiten mit den Franzosen gehabt und Einige +fürchteten sogar, die Franzosen würden die ganze Sammlung +wegschaffen lassen. Das geschieht nun zwar, wie ich höre, +nicht; aber es ist doch begreiflich, dass dadurch etwas +Furchtsamkeit und Unordnung entstanden seyn mag. Uebrigens +bin ich nicht nach Italien gegangen, um vorzüglich Kabinette +und Gallerien zu sehen und tröste mich leicht mit meiner +Laienphilosophie.</p> + +<p>Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freunde, Reinhart +und Fernow. Es ist überall wohlthätig, wenn sich verwandte +Menschen treffen; aber wenn sie sich auf so klassischem +Boden finden, gewinnt das Gefühl eine eigene Magie schöner +Humanität. Canova +<!-- pb n="163" facs="#f0189"/ --> hat eine zweyte Hebe für +die Pariser gearbeitet, die mir aber mit den Veränderungen +die er gemacht hat und die er doch wohl für Verbesserungen +halten muss, nicht sowohl gefällt wie die venezianische. Du +kennst meinen Enthusiasmus für diese. Er hat, däucht mich, +dem Urtheil und dem Geschmack der Franzosen geschmeichelt, +denen ich aber in der Anlage einer Batterie eher folgen +wollte, als in der Kritik über reine Weiblichkeit. Es bleibt +an allen ihren schönen Weibern immer noch etwas von dem +Charakter aus dem alten Palais Royal zurück. Er hat auch +zwey Fechter nach dem Pausanias gemacht, die nach langer +Ermüdung zur Entscheidung einander freyen Stoss geben. Der +Eine hat so eben den furchtbarsten Schlag vor die Stirne +erhalten, — dieses ist der Moment — und reisst +sodann mit entsetzlichem Grimm seinem Gegner mit der Faust +auf einem Griff das Eingeweide aus. Sie gelten für Muster +der Anatomie und des Ausdrucks. Da sie keine nahe Beziehung +auf reine schöne Humanität haben, konnten sie mich nicht so +sehr beschäftigen: denn Furcht und Grimm sind +Leidenschaften, von denen ich gerne mich wegwende. Die +Stelle aus dem Pausanias ist mir nicht gegenwärtig; ich +weise Dich auf ihn. Demoxenus heisst, glaube ich, der eine +Fechter.</p> + +<p>In einigen Tagen werde ich durch die Pontinen nach +Terracina und sodann weiter nach Süden gehen; damit ich vor +der ganz heissen Jahrszeit, wenns glückt, wieder zurück +komme. Missglückt es, denn man spricht gar wunderlich, so +mögen die Barbaren mich auf ihrer Seele haben. Ich will mich +nicht durch Furcht ängstigen, die auf alle Fälle kein guter +Haus<!-- pb n="164" facs="#f0190"/ -->genosse in der +Seele ist. Zu Ende des Jahres hoffe +ich <span class="italic">post varios casus</span> Dich +wieder zu sehen.</p> + +</div> <!-- chapter --> + +</body> +</html> |